Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
hatte noch keinen Ansatz von Bartwuchs. Sie schätzte ihn auf dreizehn oder vierzehn.
Der Junge beugte sich zu dem Mädchen hinunter. »Ach, Madeleine, was ist denn jetzt schon wieder passiert?« Er zog sie mit einer Hand hoch. »Na, komm schon, sag, was geschehen ist. Schon wieder Ärger mit Agnes?«
Madeleine zuckte mit den Schultern und lächelte den Jungen unschuldig an. »Ihr Alter hat mich angefasst, da!« Sie packte sich grob an die Brust. »Er macht das öfter, aber sonst passt er besser auf und lässt sich dabei nicht von ihr erwischen. Diesmal hat sie es gesehen, und jetzt ist sie böse auf mich.« Das Mädchen sah ihn mit großen Augen an.
Der Junge seufzte. »Oh, verzeiht«, murmelte er, als ihm auffiel, dass sie Ellen im Weg standen, und zog das Mädchen zum Wegesrand.
Es humpelte und verzog das Gesicht vor Schmerz.
»Ist alles in Ordnung mit ihr?«, fragte Ellen und stieg ab.
»Mein Fuß! Es sticht so!«, jammerte das Mädchen.
»Setz dich dort ins Gras, ich sehe ihn mir mal an.« Ellen vergaß für einen Moment ihren eigenen Kummer und ihr sonst übliches Misstrauen gegenüber Fremden. Sie nahm den schmutzigen Fuß des Mädchens und betastete ihn eingehend.
Die Gestürzte hielt still und beklagte sich kaum.
»Wie es aussieht, ist er wohl nicht gebrochen. Habt Ihr es denn noch weit?«
»Wir wollen zum nächsten Turnier, so wie die anderen.« Der Junge zeigte auf den Menschenzug, der sich immer weiter entfernte. »Wir sind schon eine Weile mit den Händlern unterwegs, aber wegen ihr gibt es immer wieder Ärger«, erklärte er und deutete auf das Mädchen.
Ellen zog fragend die Augenbrauen hoch.
»Ist eine lange Geschichte. Ich passe auf sie auf, so gut ich kann, aber manchmal bin ich eben nicht da, und dann gibt esfast immer Ärger. Jetzt müssen wir wohl erst einmal allein weiterziehen.«
»Aber ich kann nicht laufen!«, greinte Madeleine und vergoss zum Nachdruck ein paar Tränen.
»Ihr wollt also zu einem Turnier?« Ellens Neugier war geweckt.
»Das ist unser Leben. Madeleine tanzt oder verdingt sich als Magd, sie ist hübsch und bekommt immer Arbeit. Und ich habe schon alles Mögliche gemacht: Stiefel geputzt, Nachrichten überbracht, Tiere gehütet und ausgemistet, Bier geschöpft oder Wasser geschleppt. Bei den Turnieren werden immer fleißige Hände gebraucht.«
»Gibt es dort auch Schmiede?«
»Aber sicher, jede Art von Schmied. Von Silber- und Goldschmieden einmal abgesehen, gibt es immer mehrere Hufschmiede, weil die Pferde ständig ihre Eisen verlieren, Drahtzieher und Nagelschmiede, aber auch Kupferschmiede, die ihre Töpfe feilhalten, und Schwarzschmiede, die Heringe für die Zelte, Zangen, Haken und Werkzeug herstellen. Und dann sind da noch die Waffenschmiede, auch die haben alle Hände voll zu tun.«
Ellens Gesicht hellte sich auf. »Na, wenn das so ist, werde ich mit euch ziehen! Kommt, lasst uns weitergehen!«, forderte sie die beiden fröhlich auf.
»Aber ich kann nicht laufen!«, jammerte Madeleine erneut.
»Hilf ihr auf das Pony, wir beide können zu Fuß gehen«, schlug Ellen vor und schob das Mädchen zu Nestor hinüber.
»Wer bist du überhaupt?«, fragte der Junge argwöhnisch.
»Oh, Entschuldigung. Ich heiße Ellenweore, ich bin Schwertschmiedin, und zwar eine wirklich gute!«, sagte sie selbstbewusst und reichte ihm die Hand.
»Eine schmiedende Frau«, murmelte der Junge und wiegte den Kopf ungläubig hin und her. »Eine, die Schwerter schmiedet! Was es nicht alles gibt! Ich bin übrigens Jean.« Er wischte die Hand an seinem Hemd ab und reichte sie Ellen.
»Ich weiß, ich habe sie rufen hören, und sie heißt Madeleine, nicht wahr?«
Jean nickte.
»Ich kannte mal einen Jean. Aber er war viel älter als du.« Ellen überlegte kurz. »Wie wäre es, wenn ich dich Jeannot nenne? Was dagegen?«
»Nein, nein, ich hatte schon schlimmere Spitznamen. Taugenichts, Rotzbengel oder Ratte waren mir weitaus unangenehmer.« Jean grinste Ellen verschmitzt an.
»Na, dann sind wir uns ja einig, Jeannot. Also, dann rauf mit dir auf den Gaul, Madeleine! Entschuldige, Nestor, ich wollte dich nicht beleidigen.« Liebevoll tätschelte Ellen den Hals des Ponys. Sie führte Nestor am Zügel, während Madeleine mit geradem Rücken auf ihm saß und sich im Rhythmus seiner Schritte wiegte, als habe sie nie etwas anderes getan. Ellen sah sie bewundernd an. Sie selbst kam sich noch immer wie ein Sack Mehl auf Nestor vor und fühlte sich auf den eigenen Füßen viel
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