Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
küsste sie auf die Nasenspitze, ohne darauf zu achten, ob es jemand bemerken würde.
Ellen sah sich verlegen um. »Können wir uns nach der Arbeit sehen? Ich muss mit dir reden. Es ist wichtig, aber nicht für jedermanns Ohren bestimmt«, bat sie.
Guillaume nickte. »Ich hole dich ab«, winkte er.
»Aber Athanor bleibt hier«, sagte sie lachend und nahm ihm das Schwert aus der Hand.
»Ich krieg es so oder so irgendwann!«, rief er ihr über die Schulter zu, bevor er verschwand.
»Dann sieh mal zu, dass du dein Geld zusammenhältst, damit du es dir leisten kannst!«, brummte sie, aber Guillaume war schon fort.
Kurz vor Sonnenuntergang kam Madeleine zu ihr.
»Sieh mal!« Sie zeigte Ellen ein weiteres Silberstück.
»Er hat gesagt, ich soll dir etwas ausrichten. Ich hab’s nicht verstanden, aber er hat gesagt, ich soll’s einfach sagen. Du würdest es verstehen.« Madeleine sah Ellen unschuldig an.
»Was? Sag es!«
»Er hat gesagt, er sei ein Vogelfänger und habe den richtigen Köder, um den schönsten Singvogel der Welt zu fangen. Und dann hat er mich gefragt, ob Jean mein Bruder ist.« Madeleine kicherte. »Verstehst du das?«
Mit einem Mal begriff Ellen, dass der geheimnisvolle Ritter, der Madeleine die Silbermünze geschenkt hatte, nicht Guillaume, sondern Thibault gewesen war.
»Wo ist er?«, presste sie hervor.
»Wer?«
»Jean!« Ellen geriet in Panik, als Madeleine nicht sofort antwortete.
»Weiß nicht, hab ihn nicht gesehen!«
»Geh zum Schildmacher, und frag, ob er dort ist. Wenn nicht, such ihn im Zelt, und dann komm wieder her. Ich bin gleich fertig. Aber beeil dich, Madeleine, es ist wichtig. Ich fürchte, dass Jean in Gefahr ist!«
Madeleine hatte die ganze Zeit gelächelt, aber nun riss sie ängstlich die Augen auf. »Mache ich!« Sie stürzte davon.
Ellen beendete rasch ihre Arbeit und räumte das Werkzeug fort. Immer wieder sah sie sich suchend um, betete, dass sie sich täuschte, und hoffte, Jean und Madeleine im nächsten Moment einträchtig zur Schmiede kommen zu sehen. Wenn Thibault ihn aber doch in seiner Gewalt hatte …
»Fertig?« Guillaumes warme Stimme riss sie aus ihren ängstlichen Gedanken. Am liebsten hätte sie sich in seine Arme geworfen.
»Hm, ich komme.« Sie musste sich beherrschen. Vermutlich würde Guillaume ihr für immer und ewig böse sein, wenn er erfuhr, was sie ihm heute sagen wollte. Sie legte die Schürze ab, faltete sie zusammen und packte sie zu ihrem Werkzeug. Dann griff sie sich Athanor und wandte sich zum Gehen. Gerade als sie zu Guillaume vor die Schmiede trat, kam Madeleine angerannt.
»Ellenweore! Er ist weg! Ich kann ihn nirgends finden!«
»Von wem spricht sie?«
»Jean – ich hab dir schon von ihm erzählt!«
Guillaume nickte. »Ja, richtig.«
»Lass mich erst mein Werkzeug und das Schwert zum Zeltbringen, dann gehen wir ein Stück. Ich muss dir dringend etwas erzählen.«
»Du machst es ja ganz schön spannend!« Guillaume kniff scherzhaft ein Auge zu.
»Warte einen Moment, ich bin gleich wieder da«, bat sie, als sie am Zelt ankamen und ließ Guillaume nicht weit davon entfernt stehen. Als sie ohne Werkzeug wieder zu Guillaume gehen wollte, hörte sie jemanden leise nach ihr rufen. Jean konnte das nicht sein. Hinter dem Zelt entdeckte sie schließlich eine magere Frau, die sich im Halbdunkel verbarg. »Wer seid Ihr und was …« Der Rest blieb Ellen im Hals stecken. »Rose? Bist du das?«
Die Frau nickte, fiel vor ihr auf die Knie und weinte.
Ellen zog sie wieder hoch. Roses Körper wirkte ausgezehrt, und die Schatten unter ihren Augen ließen erahnen, wie unglücklich sie sein musste. »Was machst du hier?«
Rose wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Thibault ist ein Schurke. Ich hab’s nicht sehen wollen, hab immer alles für ihn getan. Ach, Ellen, ich war so dumm!« Rose schluchzte.
»Du bist noch immer bei ihm?«, fragte Ellen überrascht. Rose blickte betreten zu Boden und nickte. »Warum lässt du zu, dass er dir wehtut?«
»Ich hab geglaubt, dass er mich doch irgendwie liebt, auf seine Art eben.« Mit großen Kinderaugen sah sie Ellen an.
»Manchmal, wenn ich das Lager mit ihm teile, ist er liebevoll und zärtlich. Deshalb habe ich immer gehofft, er würde sich doch noch ändern. Aber das tut er nicht, niemals. Seit Monaten schleicht er um das Mädchen herum.« Rose sah in die Richtung, in der Madeleine stand. »Ich hab ihn beobachtet und war eifersüchtig, weil ich gedacht habe, er sei hinter ihr her.
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