Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
beiden erstaunt an.
»Lasst sie nicht entkommen!«, krächzte Thibault erst jetzt. Der ängstlich aussehende junge Mann versuchte, sich ihnen in den Weg zu stellen, zog sein kurzes Schwert und bedrohte sie damit. Offenbar hatte er nicht bemerkt, dass Ellen ebenfalls ein Schwert in der Hand hielt. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er sie an, als sie ganz unerwartet mit Athanor auf seine Schulter hieb und sie spaltete. Dann brach er mit einem ungläubigen Blick zusammen. Madeleine wimmerte, als das Blut auf sie spritzte, und Ellen zog sie rasch fort.
»Er hätte uns getötet!«, verteidigte sie sich matt. Sie fühlte sich miserabel. Es war das erste Mal, dass sie jemanden erschlagenhatte. Natürlich waren Schwerter dazu da, um im Kampf zu siegen. Dass sie selbst einmal so weit würde gehen müssen, daran hatte sie auch während ihrer Übungsstunden mit Guillaume nicht gedacht.
Obwohl Madeleine immer wieder strauchelte, rannten sie, so schnell es ging, zurück zum Zelt, wo Jean und Rose bereits warteten.
Rose hatte auf Jeans Geheiß schon angefangen, Nestor mit den wichtigsten Habseligkeiten zu beladen.
In Windeseile riss Ellen das Zelt aus der Erde und sammelte die Bodenanker ein. Madeleines Gesicht und Kleid waren blutverschmiert. Die Ärmste stand bleich und zitternd da, unfähig, etwas zu tun. Ellen pfiff nach Graubart, der sich wieder einmal herumtrieb, und drängte zum Aufbruch. Gleich hinter dem Turnierplatz lag ein dichter Wald. Es war nicht ungefährlich dort im Dunklen, aber ihnen blieb keine andere Wahl. Vermutlich würde Thibault sie schon bald mit ein paar Männern verfolgen. Ellen zerrte an Nestors Geschirr. »Rose, nimm Madeleine und Jean an die Hand, du kannst auch nicht mehr hierbleiben. Thibault würde dich auf der Stelle totschlagen.«
Rose nickte bedrückt und folgte Ellens Anweisung.
Jean stolperte neben ihr her, strauchelte bei jedem Erdloch und jeder Wurzel, weil er wegen seiner geschwollenen Augen kaum etwas sah.
Madeleine lief langsam, fast bedächtig neben Rose her, als müsse sie sich konzentrieren, um einen Fuß vor den anderen setzen zu können.
Zum Glück war beinahe Vollmond. Die Buchen und Eichen hatten ihr Laub längst abgeworfen, und durch die Äste, die sich wie dürre Arme in den Himmel zu recken schienen, fiel genügend silbriges Mondlicht, um ihnen den Weg zu weisen. Nur da, wo Tannen standen, war der Wald stockdunkel und undurchdringlich. Ellen hielt einen Moment an, um zu horchen, ob ihnen jemand folgte. Es war totenstill. Nur ein Käuzchen rief irgendwoweit weg durch die Nacht. »Wir gehen, so weit wir können, dann ruhen wir uns etwas aus, und sobald der Tag anbricht, ziehen wir weiter. Wenn Thibault uns findet …« Ellen beendete ihren Satz nicht. Jeder von ihnen konnte sich denken, was dann geschehen würde. »Wir dürfen auf keinen Fall Feuer machen, das würde ihre Aufmerksamkeit sofort auf uns ziehen«, mahnte Ellen, als sie endlich Rast machten. Sie zogen ihre Mäntel eng um die Körper und wickelten sich in die mitgenommen Decken. Graubart legte sich ganz dicht an Madeleine und fiepte leise.
»Ist ja gut, es ist nichts passiert«, tröstete Ellen den Hund. Trotzdem beruhigte er sich nicht.
Als der Morgen dämmerte, schreckte Rose hoch. Graubart stand zähnefletschend auf der kleinen Lichtung, an deren Rand sie lagen. Ein abgemagerter Wolf hatte sich an ihr Lager herangeschlichen. Graubart ließ ihn nicht aus den Augen und knurrte wütend. Rose rüttelte Ellen am Arm. Mit einem Schlag war sie hellwach. Als sie den Wolf sah, sprang Ellen auf, riss ihr Schwert aus der Scheide und ging langsam auf das Tier zu. Der Wolf sah ausgehungert aus, vermutlich hatte ihn sein Rudel verstoßen, und er war bereit, alles zu tun, um endlich etwas zu fressen zu bekommen. Das Tier schien sich Madeleine ausgesucht zu haben. Regungslos und mit aufgerissenen Augen lag sie da, vor ihr der knurrende Graubart, bereit, sie bis zu seinem letzten Atemzug zu verteidigen. Der Hund war um einiges größer als der Wolf, aber das schüchterte das wilde Tier nicht ein.
»Ho, he!«, rief Ellen und versuchte, den Wolf zu verscheuchen. Der zuckte zwar kurz zurück, ließ sich aber nicht entmutigen.
Jetzt ging er zähnefletschend weiter auf Graubart und Madeleine zu.
Der treue Graubart wollte sich gerade auf ihn stürzen, als Ellen herbeisprang und dem Wolf mit einem einzigen Hieb den Kopf abschlug.
»Alles in Ordnung, Madeleine!«, rief sie über die Schulter,hackte einen großen
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