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Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Titel: Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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sich ins Gras zu legen und in den Himmel zu schauen, so wie sie es als Kind zusammen mit Simon getan hatte. Für solchen Müßiggang hatte sie schon ewig keine Zeit mehr gehabt. Ihre Gedanken wanderten zurück in die Vergangenheit. Die Gesichter von Claire, Jocelyn und Guillaume tauchten auf. Ellen fühlte eine wohlige Wärme in sich aufsteigen, die nicht allein von der Sonne kam. Plötzlich wurde sie von einem Schrei ausihren Tagträumen gerissen. Sie fuhr hoch und sah sich um. Ihr Sohn rannte auf die Wiese zu. Isaac lief mit großen Schritten hinter ihm her, bis er den Jungen eingefangen hatte. William schrie noch einmal. Ellen lief, so schnell sie konnte, und erreichte die beiden nur wenig später.
    »Du bist gemein!«, hörte sie William schreien und sah, wie er mit seinen kleinen Fäusten auf Isaac einschlug.
    »Was ist hier los?«, brauste Ellen auf. »William, komm her!«
    Der Junge flüchtete sich in die Röcke seiner Mutter. Eine Gelegenheit, die er nur selten bekam und deshalb umso lieber ergriff. »Ich habe mir ganz doll in den Finger geschnitten!«, jammerte er und streckte ihr die Hand entgegen.
    »Woher hast du denn das Messer gehabt?«, fragte Ellen argwöhnisch, nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass die Wunde nicht gefährlich war.
    »Isaac hat es mir geschenkt«, antwortete William kleinlaut und zeigte ihr ein kleines, aber sehr scharfes Messer.
    Ellen sah Isaac fassungslos an. »Bist du völlig verrückt? Du kannst doch einen Fünfjährigen nicht allein mit einem Messer spielen lassen!«
    »Er hat nicht allein damit gespielt, sondern unter meiner Anweisung schnitzen gelernt. Außerdem ist der Finger ja nicht ab!«, antwortete Isaac barsch.
    »Das hat er zu mir auch gesagt, und dann hat er mich ausgelacht, weil ich geweint habe. Da bin ich weggelaufen.«
    »Du hast ihn ausgelacht?« Ellen merkte, wie die aufgestaute Wut in ihr hochstieg, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. »Ausgerechnet du? Den ganzen Tag sitzt du herum und bedauerst dich selbst!«, schrie sie ihn an.
    Isaac riss seinen Ärmel hoch und streckte ihr den nackten Stumpf entgegen. »Ja, ich habe ihn ausgelacht. Wegen eines kleinen Schnittes in den Finger weint ein Junge nicht. Ich dagegen habe allen Grund, mit meinem Schicksal zu hadern. Wenn du mir nicht die Hand hättest abtrennen lassen …« Die Ader anIsaacs Hals war geschwollen und sah aus wie ein riesiger, pochender Wurm.
    »Dann wärst du jetzt tot und hättest endlich die Ruhe, die du so gerne forderst!«, brüllte Ellen zurück. »Ja, ich habe längst bereut, dir das Leben gerettet zu haben. Ich habe das alles nur für Mildred getan. Ich hatte Angst, sie verkraftet deinen Tod nicht. Hätte ich gewusst, dass sie ohnehin stirbt, ich hätte dich deinem Schicksal überlassen. Du wärst verfault!« Ellen lachte auf. »Wie passend das für dich gewesen wäre, ist mir erst jetzt klar, du Faulpelz! Ich wünschte, ich wäre in der Normandie geblieben und hätte nicht an Mildreds Totenbett gesessen. Wie konnte ich nur schwören, dich zu heiraten? Du bist eigensüchtig, grausam und undankbar!«
    »Undankbar?«, wiederholte Isaac. »Soll ich dir vielleicht noch dankbar dafür sein, dass du meinen Arm festgehalten hast, als der Bader meine Hand abgesägt hat? Niemals, nie werde ich dir das verzeihen!«
    »Ich habe es gehasst, Isaac, und jetzt hasse ich dich. Jede Nacht verfolgt mich das Gefühl der Ohnmacht von damals, als sich die Säge in deinen Knochen fraß. Ich kann das faulige Fleisch noch riechen! Du bist dumm und eitel, Isaac! Von dir kann der Junge nichts lernen!« Ellen wandte sich an William. »Lass uns gehen, Tante Rose macht dir einen kleinen Verband«, sagte sie verständnisvoller, als sie es sonst getan hätte. Sie nahm den Jungen an die Hand und ging mit ihm zurück zum Haus.
    Isaac tobte und wütete, dass es weithin zu hören war.
    »Er ist nicht immer so«, sagte William nach einer Weile leise und sah zu seiner Mutter auf.
    »Ich will nichts mehr davon hören!« Ellen schob ihren Sohn ins Haus.

    Nur wenige Tage nach diesem Vorfall schlich William sich heimlich auf den Hügel, auf dem Isaac saß und grübelte.
    »Was willst du hier?«, fragte Isaac gereizt.
    »Nichts, nur ein bisschen bei dir sitzen«, antwortete William und nahm neben ihm Platz.
    »Deine Mutter wird’s nicht gern sehen«, brummte Isaac.
    »Sie wird’s nicht merken, sie ist in der Schmiede.«
    Eine Weile hockten sie schweigend da. William pflückte drei Grashalme und flocht einen Zopf

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