Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
nicht mehr loslassen.
»Komm jederzeit zu uns zurück, du wirst hier immer offene Arme finden!«, sagte sie ergriffen, und Guiot nickte zustimmend.
»Danke – für alles«, murmelte Ellen schweren Herzens.
»Na, dann werden wir mal sehen, wie wir dich da raufkriegen!«, zog Guiot sie auf.
Ellen ließ sich von ihm aufs Pferd helfen, obwohl sie es auch allein geschafft hätte. Nestor blieb ruhig stehen. Erst als Ellen mit der Zunge schnalzte und die Fersen in seine Flanken drückte, trottete er gemächlichen Schrittes los. Vermutlich würde sie auf seinem Rücken kaum schneller vorankommen als zu Fuß, aber er würde sie wärmen und ihr Gesellschaft leisten. Mit einem Mal war sie froh, nicht allein unterwegs zu sein. War Einsamkeit nicht die schlimmste Qual, gleich nach Siechtum und Hunger?
Jacques lief noch eine Weile neben ihr her, bis das Dorf hinter ihnen lag.
Dann lies Ellen die Zügel locker. Immer geradeaus, dort irgendwo lag ihre Zukunft.
April 1170
I n jedem Dorf, durch das Ellen gekommen war, hatte sie nach Arbeit gefragt, aber die Leute hatten die fremde Frau, die behauptete, schmieden zu können, nur kopfschüttelnd fortgeschickt. Einen Monat war sie nun schon unterwegs, und ihre Ersparnisse waren fast aufgebraucht. Der März war kälter als üblich gewesen, es war sogar noch einmal Schnee gefallen, und der April hatte auch nicht besser begonnen. Unermüdlich erkundigte sich Ellen nach Arbeit, und immer öfter rieten ihr die Leute, es in Beauvais zu versuchen. Da sie ohnehin kein anderes Ziel hatte, beschloss sie, diesem Rat zu folgen. Sie brauchte zwei Tage, um die Stadt zu erreichen.
Die festungsartige Stadtmauer ließ die Größe und Bedeutung Beauvais’ schon von weitem erahnen. Die vielen Straßen und Gassen mit ihren großen und kleinen Häusern wanden sich rund um den imposanten bischöflichen Palast. Ellen sah sich neugierig um und begriff schnell, dass die Menschen hier ihren Reichtum dem Tuchhandel verdankten. Überall verarbeiteten Spinnerinnen, Weber und Färber verschiedenste Sorten Wolle zu edlen Tuchen. Sogar die feine englische Schafswolle führten sie eigens dafür aus London ein. Die Stadt atmete Wohlstand und Geschäftssinn.
Als Erstes wollte sich Ellen im Bischofspalast nach einem Schwertschmied erkundigen. Vielleicht hatte sie dort endlich Glück! Aber die Torwachen wiesen sie nur schroff ab und lachten sie sogar noch aus, als sie ihr Anliegen erläuterte. Hungrig, müde und vollkommen durchgefroren fragte Ellen eine Garnmacherin nach dem Weg zu den Schmieden der Stadt.
Kein Lächeln kam über die Lippen der Frau, mit zusammengekniffenem Mund sah sie Ellen an und wies ihr mit einer knappen Erklärung den Weg. Obwohl es den Bürgern der Stadt gut zu gehen schien, machten sie keinen besonders glücklichen Eindruck.
Mit schwindender Hoffnung kam sie zur ersten Werkstatt, klopfte an und trat ein. Die Schmiede war klein und unordentlich, aber Ellen konnte nicht wählerisch sein. Zu oft hatte man sie in den letzten Wochen weggeschickt, sie musste endlich Arbeit und eine Bleibe finden! Mutlos haspelte sie ihr Sprüchlein herunter. »Ich grüße Euch Meister und bitt Euch, hört mich an. Ich suche eine Arbeit als Schmiedehelfer oder Zusch…« Weiter kam Ellen nicht.
»Dich schickt der Himmel!«, rief der Schmied erfreut, packte die verdutzte Ellen am Arm und zog sie mit sich hinüber ins Haus.
»Sieh mal, Marie, deine Gebete wurden erhört!« Der Schmied schob Ellen in die Stube.
Seine Frau war so rund wie ein Fass. Es war nicht zu übersehen, dass sie bald ein Kind bekommen würde. Marie wischte ihre Hand an ihrer schmuddeligen Schürze ab und reichte sie Ellen. Auf dem Boden spielte ein ungefähr zweijähriger Junge mit einem vielleicht drei oder vier Jahre alten Mädchen.
»Du könntest in der Schmiede schlafen und würdest das Gleiche zu essen kriegen wie wir alle. Zahlen kann ich nicht viel, aber wenn du dir nebenbei noch was anderes suchen willst, wär’s mir recht. Schlafen und essen könntest du trotzdem hier«, schlug der Schmied ihr hastig vor.
Obwohl die Bedingungen alles andere als verlockend waren, beschloss Ellen, erst einmal zu bleiben. Sie konnte sich später immer noch nach etwas Besserem umsehen. »Ich bin einverstanden, aber«, sie blickte unwillig auf die Kinder und den dicken Bauch seiner Frau, »ich will nicht im Haus, sondern nur in der Schmiede arbeiten. Ich kann alles schmieden und bin ein guter Zuschläger.«
Der Schmied sah sie verblüfft an und
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