Das Labor der Esper
In einer Stunde ist wieder alles in Ordnung.«
»Was war los?« fragte Becky, als die kleine Frau aus dem Raum getrippelt war.
»Miß Robinson merkte, daß ich spionierte«, sagte Peter kummervoll. »Es paßte ihr ganz und gar nicht.«
»Das war plump.«
»Vermutlich – aber sie hätte sich doch etwas Ähnliches denken können. Ich möchte wissen, weshalb diese Leute glauben, Telepathie wäre so etwas wie ein abgeschirmtes Gespräch zwischen zwei Leuten. Sie erwarten doch auch nicht, daß niemand sie hört, wenn sie quer über eine Menschenmenge rufen.«
»Eigentlich müßten wir ihnen von Anfang an sagen, daß ihre Gedanken beobachtet werden«, meinte Becky. »Das wäre fair. Aber es würde sie auch hemmen.«
»Wenn sie so leicht gehemmt sind, dann ist ihr telepathisches Talent nutzlos«, sagte Peter.
»Ich finde, du bist intolerant.«
»Mein Gott, Becky, was hat denn Toleranz damit zu tun? Wenn ich wieder auf einen hochgradigen Telepathen stoße, merke ich es sofort. Wir brauchen diese Spielchen nicht.« Er schaltete das Tonband ein.
Die piepsende, pseudo-sanfte Stimme von Mrs. Croft kam zitterig aus dem Lautsprecher und wiederholte die telepathischen Botschaften, die sie empfangen hatte. Peter hörte ein paar Minuten zu, dann schaltete er ab.
»Nun?« fragte Becky Schofield.
Peter schüttelte den Kopf. »Blödsinn … sie haben einen gewissen Symbolismus gemeinsam. Aber das kann man bei zwei Menschen mit dieser Bindung nicht anders erwarten.«
»Sonst nichts?« fragte Becky. »Hast du nicht gesagt, daß die Ausstrahlung der Robinson höher als durchschnittlich ist?«
»Ja – aber das hilft Mrs. Croft nicht sehr viel. Ihre Psi-Empfänglichkeit beschränkt sich auf gelegentliche Ahnungen wie bei den meisten Leuten.«
Becky strich sich über das dunkle Haar. »Ihre Rhine-Karte war über dem Durchschnitt.«
»Und was beweist das?« fragte Peter ungeduldig. »Höchstens, daß sie gut Kartenschlagen kann.«
Beckys sanfte, braune Augen sahen ihn scharf an. »Also gut, Peter. Wieder ein Fehlschlag. Du hast bei unseren Psi-Experimenten schon lange genug mitgemacht und weißt, daß wir selten sensationelle Ergebnisse erzielen.«
»Wir sind nicht mehr in dem Stadium, in dem wir statistische Beweise sammeln müssen, Becky. Das hatten wir in jenem Moment hinter uns, als ich auf Barbara Graham traf.«
»Nicht wir, Peter, sondern du. Wir anderen sind immer noch da, wo wir waren. Wir besitzen nur statistische Beweise – mehr können wir nicht erhoffen.«
Als Peter in das dunkle Gesicht mit den kräftigen Linien sah, fühlte er Gewissensbisse. Er war egoistisch. Becky besaß gewisse Psi-Fähigkeiten, und sie hatte ihn schon oft gebeten, in ihre Gedanken einzudringen und ihre Empfänglichkeit zu verstärken. Ihr Wunsch, ihre Besessenheit, telepathische Kräfte zu besitzen, war stärker als ihre sonstige Zurückhaltung. Peter hatte sich geweigert. Er hatte behauptet, seine Kräfte reichten für eine solche Manipulation nicht aus, aber es gab andere Gründe.
Er hatte tatsächlich mehrere Male versucht, ihre Gedanken zu erforschen, aber jedesmal hatte er hastig den Rücktritt angetreten. Der bewußte Teil von Beckys Gedanken war ruhig und logisch wie ihre ganze Haltung. Aber unter der Oberfläche lag eine brodelnde Masse von Spannungen, die er nicht ans Tageslicht befördern wollte, um seinen und ihren Verstand nicht zu gefährden. Becky Schofield mußte warten, bis ein besserer Telepath als er kam.
»Entschuldige, Becky«, sagte er. »Aber stell dir vor, wie schrecklich das alles für mich ist, nachdem ich eine Kostprobe echter Telepathie bekommen habe. Früher war es nicht so schlimm, da untersuchten wir auch einen Scharlatan oder Exzentriker nach dem anderen. Aber jetzt …«
»Und was möchtest du sonst tun?« fragte sie. »Durch deine Arbeit hier hast du wenigstens die Chance, wieder einmal auf einen Telepathen zu stoßen, der so gut wie die Graham ist.«
»Vielleicht sollte ich einfach kreuz und quer durch das Land fahren und sie suchen. Ich brauche dazu kein kompliziertes Labor.«
»Aber wir brauchen dich«, sagte Becky.
»Sieh die Sache einmal folgendermaßen an! Meiner Meinung nach werden nach Portfield immer nur Betrüger oder Halbverrückte kommen. Kein hochgradiger Telepath wird sich freiwillig für diese Art von Pantomime hergeben.«
»Und die Graham?«
»Sie kam nicht freiwillig – ihre Entdeckung war ein glücklicher Zufall, und sie hätte nie stattgefunden, wenn sie nicht durch die Kette
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