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Das Labyrinth der Ratten

Das Labyrinth der Ratten

Titel: Das Labyrinth der Ratten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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er sich verliebt hatte.

    20

    Später tranken sie Kaffee. Er und Lilo Toptschew, Dr. Todt und der Offizier der Roten Armee, der ihr Aufseher und Beschützer gegen den Wahnsinn in ihnen selbst war: Major Tibor Apostokagian Geschenko vom Geheimdienst der Roten Armee. Sie tranken zu viert das, was Lars Powderdry als einen Schluck auf den Untergang erkannte.
    »Wir sind gescheitert«, sagte Lilo plötzlich.
    »Und wie!« Lars nickte, ohne ihren Blick zu erwidern.
    Geschenko tätschelte mit einer slawischen Geste die Luft, die Hand geöffnet wie ein Priester.
    »Geduld. Übrigens.« Er nickte, und ein Adjutant näherte sich mit einer Zeitung. Kyrillische Buchstaben. Russisch. »Ein weiterer fremder Satellit ist am Himmel«, sagte Geschenko. »Und es wird gemeldet, daß ein Variationsfeld, eine Verzerrung von elektromagnetischen – ich verstehe nichts davon, ich bin kein Physiker. Aber es hat sich auf Ihre Stadt New Orleans ausgewirkt.«
    »Wie ausgewirkt?«
    Geschenko zuckte die Achseln.
    »Fort? Begraben oder versteckt? Jedenfalls sind die Nachrichtenverbindungen abgeschnitten, und empfindliche Meßgeräte in der Nähe zeigen einen Massenrückgang an. Und eine undurchsichtige Barriere verbirgt, was sich abspielt, ein Feld, von dem man weiß, daß es mit dem der Satelliten zusammenhängt. Ist das nicht ungefähr das, was wir vorausgesehen haben?« Er schlürfte laut seinen Kaffee.
    »Ich verstehe nicht«, sagte Lars gepreßt. Und die Trommel der Angst schlug und schlug in ihm.
    »Sklavenhändler.« Geschenko fügte hinzu: »Sie landen nicht. Ich glaube, sie nehmen Teile der Bevölkerung mit, zuerst die von New Orleans.« Er hob die Schultern. »Wir werden sie abschießen, keine Sorge. 1941, als die Deutschen ...«
    »Mit einer Dampfmaschine?« Lars wandte sich an Lilo: »Das ist der wahre, reine Grund, der Sie dazu bewogen hat, mich töten zu wollen, nicht wahr? Damit wir nie an diesen Punkt gelangen, so hier zu sitzen und Kaffee zu trinken!«
    Major Geschenko sagte mit psychologischem Feingefühl: »Sie bieten ihr einen zu leichten Ausweg, Mr. Lars. Das ist ungesund, weil sie sich damit noch mehr von der Verantwortung befreien kann.« Zu Lilo sagte er: »Das war nicht der Grund.«
    »Sagen Sie, er war es«, riet Lars ihr.
    »Warum?«
    »Weil ich dann glauben kann, Sie wollten uns beiden sogar das W issen davon ersparen. Es war eine Art Barmherzigkeit.«
    »Das Unbewußte geht seine eigenen Wege«, sagte Lilo.
    »Kein Unbewußtes!« erklärte Major Geschenko mit Nach
    druck. »Das ist eine Erfindung. Konditionierte Reaktion; das wissen Sie, Miss Toptschew. Hören Sie, Mr. Lars, was Sie zu tun versuchen, bringt nichts. Miss Toptschew untersteht den Gesetzen der Sowjetunion.«
    Lars seufzte und zog das zusammengerollte Comic-Heft aus der Tasche, das er nach der Landung gekauft hatte. Er gab es Lilo: der Blaue Kopffüßer-Mann von Titan und seine unglaublichen Abenteuer unter den Wilden Protoplasmen der acht tödlichen Monde. Sie nahm es neugierig an sich.
    »Was ist das?« fragte sie schließlich mit großen Augen.
    »Ein Blick in die Außenwelt«, erwiderte Lars. »Wie das Leben für Sie wäre, wenn Sie mit mir kommen, diesen Mann und Foks-Ost verlassen würden.«
    »Das wird im Wes-Block verkauft?«
    »Hauptsächlich in Westafrika«, antwortete er.
    Lilo blätterte und betrachtete die grellen und geradezu abscheulichen Zeichnungen. Major Geschenko starrte währenddessen ins Leere, verloren in düsteren Gedanken; sein gutgeschnittenes, klares Gesicht zeigte die Verzweiflung, die er aus seiner Stimme bisher hatte fernhalten können. Er dachte zweifellos über die Nachricht von New Orleans nach ... wie jeder geistig gesunde Mensch es tun würde. Und der Major war unzweifelhaft geistig gesund. Er würde sich kein Comic-Heft ansehen, erkannte Lars. Aber Lilo und ich – wir sind in diesem Augenblick nicht ganz normal. Und das aus gutem Grund, bedenkt man die Größenordnung unseres spektakulären Scheiterns.
    »Fällt Ihnen an dem Heft etwas Seltsames auf?« fragte er Lilo.
    »Ja.« Sie nickte eifrig. »Man hat mehrere von meinen Entwürfen verwendet.«
    »Von Ihren!« Ihm waren nur seine eigenen Waffenentwürfe aufgefallen. »Zeigen Sie her.«
    Sie hielt ihm die Seite hin.
    »Sehen Sie? Mein Lobotomie-Gas.« Sie deutete auf Major Geschenko. »Man führte Versuche mit politischen Gefangenen durch und zeigte die Ergebnisse im Fernsehen. Genau wie in diesem Comic-Streifen; es bewirkt, daß die Opfer unablässig die letzte

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