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Das Labyrinth der Zeit

Das Labyrinth der Zeit

Titel: Das Labyrinth der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Patrick
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Direkt aus dem gleißenden Sonnenlicht heranschwirrend.
    Kurz dachte Travis, es wäre ein Polizeihubschrauber. Das Fluggerät war schwarz, und zu beiden Seiten hingen sperrige Umrisse herunter, Kameras womöglich oder Lautsprecher, wie er zunächst dachte.
    Gleich darauf sah er, dass er sich geirrt hatte. Er erkannte das abgeflachte, breite Profil eines Black Hawk. Aber nicht das Standardmodell, das zu Transportzwecken eingesetzt wurde, das hier war irgendeine Spezialvariante mit Stummelflügeln, die links und rechts aus dem Rumpf herausragten.
    Mit Batterien von Raketen direkt darunter.
    Travis wandte sich um und rannte los, in Richtung des Humvee. Schrie Paiges Namen und brüllte «raus, raus, steig aus», immer wieder. Er konnte sie durch das schwere Glas sehen, hinten auf dem Rücksitz auf der ihm zugewandten Seite.
    Sie konnte ihn nicht hören.
    Er brüllte noch lauter, brüllte, bis ihm die Kehle weh tat.
    Am Rande seiner Wahrnehmung, hoch über ihm, aus der Richtung des Black Hawk, gleißte weißes Licht auf und etwas kreischte.
    Er war noch dreißig Meter von dem Humvee entfernt, rannte, so schnell er nur konnte, brüllte, so laut er nur konnte.
    Endlich wandte Paige sich dem Geräusch seiner Stimme zu, blickte ihm so zielgenau entgegen, dass Travis einen Augenblick lang vergaß, dass sie ihn gar nicht sehen konnte. Sie blickte ihm genau in die Augen, als die Rakete in den Humvee einschlug.

39
    Das Fahrzeug verschwand einfach. Eben stand es noch dort, und eine Millisekunde später war da nur noch ein Inferno aus Flammen, wie Schrapnelle umherfliegenden Metallteilen und schwarzem Ruß. Die Luft selbst schien zu zerbersten, und ein glühend heißer Windstoß fegte Travis entgegen, hob ihn vom Boden empor und schleuderte ihn zwei bis drei Meter zurück. Bei der Landung verlor er das Gleichgewicht, stürzte hin und überschlug sich, sodass er am Ende bäuchlings dalag und direkt vor sich in das hoch auflodernde Feuer starrte.

    Er lag zusammengerollt auf einem Rasenstück etwas abseits des Parkplatzes. Er konnte sich nicht erinnern, wie er hierhergekommen war. Er trug noch immer den Anzug. Rund um das schwarz verkohlte Gerippe des Humvees standen Polizei- und Feuerwehrfahrzeuge herum. Die Flammen waren gelöscht, und von dem Wrack quoll dichter grauer Rauch auf, der, erfasst von dem kräftigen Küstenwind, nahezu waagerecht zur Seite davonwirbelte.
    Ihm wurde bewusst, dass er weinte. Seine bis an die Brust hochgezogenen Knie umklammert hielt und mit jedem krampfhaften Schluchzen das Wort Nein stammelte. Wobei ihm auf undeutliche, verschwommene Weise klar war, dass er damit das Geschehen nicht etwa verleugnen wollte, sondern eher um einen anderen Ausgang feilschte. Dass er durch dieses unablässige Nein versuchte, aktiv rückgängig zu machen, was da gerade geschehen war, als könnte der richtige Gedanke – die richtige Folge von Worten oder vielleicht auch das richtige Bild, das er sich mental vor Augen rief – das alles ungeschehen machen, wenn er sich nur ausdauernd genug darauf konzentrierte. Er wusste nicht, warum, aber an diese fixe Idee klammerte er sich eine Minute oder länger, während er dalag und gleichzeitig immer mehr Einsatzfahrzeuge mit Nothelfern am Schauplatz eintrafen und sich der Verkehr auf der Zufahrtsstraße zu stauen begann.

    18 °C.
    14.18 Uhr.
    18 °C.
    14.18 Uhr.
    Die Anzeigetafel am Rande des kleinen Kundenparkplatzes neben der Bank blinkte ihm unermüdlich ihre alle paar Sekunden wechselnde Botschaft zu. Er saß auf der Sitzbank an der Bushaltestelle und starrte teilnahmslos hinüber. Er entsann sich dunkel, hierher ausgewichen zu sein. Weil sich vor dem Supermarkt mit der Zeit einfach zu viele Schaulustige versammelt hatten. Leute, die sich bis auf den Rasen drängten, auf dem er lag. Was blieb ihm anderes übrig, als das Feld zu räumen.
    Die Bank befand sich vier Blocks landeinwärts von dem Supermarkt entfernt. Ab und zu, wenn der Wind in seine Richtung drehte, stieg ihm der Gestank von Dieselqualm und verkohltem Reifengummi von dem Humvee in die Nase.
    18 °C.
    14.19 Uhr.
    Er weinte nicht länger. Eine Weile hatte er reglos dagesessen, wie betäubt, aber auch diese Betäubung ließ nun langsam nach. Dafür stieg ein anderes Gefühl in ihm auf, schwer und kalt wie ein Gletscher. Er hatte es schon sehr lange nicht mehr empfunden.
    18 °C.
    14.20 Uhr.
    Der Flughafen in Oakland.
    Air Force One würde in etwa anderthalb Stunden dort landen.
    Er könnte schon früher dort

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