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Das Labyrinth des Maal Dweb

Das Labyrinth des Maal Dweb

Titel: Das Labyrinth des Maal Dweb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Asthon Smith
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nachzulassen begann.
    Morris wandte sich ab, erfüllt von einer eigentümlichen Ehrfurcht, einer mit Ehrerbietung gemischten Dankbarkeit. Unter Markleys geschickter Lenkung hielt der Flieger direkten Kurs auf den formlosen atmosphärischen Schleier, der noch immer das rötlich-braune Firmament markierte.
    Noch einmal blickte Morris zurück. Hoch oben, weit entfernt und winzig, flogen die geheimnisvollen Wesen, die er als die Beherrscher des Zufalls kannte, zwischen der deformierten Sonne und der chaotisch anmutenden, zerklüfteten Welt auf gespreizten Schwingen ruhig in Richtung ihrer entlegenen Stadt. Er sah sie zum letzten Mal. Und schon jetzt begann das mystische Wissen, das ihm zuteilgeworden war, in seinem Gehirn allmählich zu verblassen.
    Die telepathische Vision von den Zitadellen, die ihre strenge architektonische Ordnung einem wahnwitzigen Terrain aufzwangen; die übernatürliche, hart erkämpfte Macht der Beherrscher, die unausgesetzt gegen die ungezügelten Elemente und die trügerischen, unfügsamen Kräfte eines kosmischen Pandämoniums anfochten – all dies wirkte bereits ein wenig unwirklich, einem Traumland gleich, aus dem der Träumende scheidet.
    Mittlerweile hatte der blinde, luftige Schleier das Flugzeug eingehüllt. Graufarbene Düsterkeit, dicht und allbeherrschend, umfing sie wie eine Hülle aus Baumwolle. Sehen und Hören – ja, selbst Fühlen und Denken – schienen abhandengekommen wie in den Grenzbereichen des Vergessens.
    Aus dem Schleier trat das Flugzeug samt seinen Insassen hervor wie aus einem form- und farblosen Todestraum zwischen zwei Leben und glitt hinein in das dunkle Blau der Erdatmosphäre. Sehen, Bewusstsein, Fühlen, Erinnerung: All das kehrte in einer jähen Flut zu Morris und Markley zurück. Unter sich erblickten sie zum zweiten Mal das marmorierte Relief der vertrauten Landstriche Nevadas, gesäumt vom weißen Sägezahnmuster der Berge.

Ein Gedichtband von Burns
    Andrew McGregor und sein Neffe, John Malcolm, glichen einander aufs Haar – mit einem einzigen Unterschied. Beide wirkten so unverkennbar schottisch, dass es fast schon karikatureske Züge annahm. Beide hatten ein hageres Gesicht, sprachen wenig und besaßen eine drahtige Gestalt. Beide waren so sparsam, dass es an Geiz grenzte. Und beide liebten auf eine mürrische Art die raue Scholle ihrer nebeneinander am Berghang gelegenen Ranches in El Dorado County.
    Der einzige Unterschied bestand darin, dass McGregor, der aus Ayrshire stammte, ein glühender Bewunderer der Gedichte von Burns war, den er bei allen denkbaren Gelegenheiten zitierte, mochte der betreffende Vers nun passen oder nicht. Wohingegen Malcolm, Kalifornier von Geburt, eine heimliche Verachtung für alles hegte, was in Reim oder Versmaß gekleidet daherkam, und daher die literarische Schwärmerei seines Onkels als eine eigentümliche Schwäche betrachtete, die einem insgesamt vernünftigen und trefflichen Charakter anhaftete. Freilich hatte er sich stets gewissenhaft bemüht, diese Meinung vor dem alten Herrn zu verbergen. Die Gründe für dieses Bemühen hatten allerdings nicht unbedingt etwas mit Respekt vor dem Alter oder mit Verwandtenliebe zu tun.
    McGregor ging inzwischen stark auf die 80 zu, und lebenslange harte Arbeit hatte seinen Rücken gekrümmt und seine Lebenskraft aufgezehrt. Binnen weniger Monate war seine Gesundheit dahingeschwunden, und er wirkte jetzt sehr gebrechlich. Jedermann glaubte, er werde seine hervorragend in Schuss gehaltene Obstplantage ebenso wie ein bescheidenes Guthaben bei der Bank von Placerville John Malcolm vermachen, dem Sohn seiner Schwester Elisabeth – nicht seinen eigenen Söhnen, George und Joseph, die der Landarbeit schon vor Jahren überdrüssig geworden waren und nun ihr Glück in Sacramento machten. Der junge Malcolm war fraglos ein würdiger Erbe, und die Ranch, die seine Eltern ihm hinterlassen hatten, saß auf schlechterem Boden als die von McGregor und hatte trotz des Fleißes ihrer Eigentümer immer nur einen kargen Lebensunterhalt abgeworfen.
    Eines Tages schickte McGregor nach seinem Neffen. Der junge Mann traf den Älteren im Lehnstuhl vor dem Kamin sitzend an, von bemitleidenswerter Schwäche gezeichnet. Seine Finger zitterten hilflos, als sie die abgegriffenen Seiten des Bandes mit Gedichten von Burns umblätterten, den er in Händen hielt. Seine Stimme ertönte wie ein schwaches, krächzendes Flüstern.
    »Meine Zeit ist reif, John«, sagte er. »Aber ehe ich abtrete, möchte ich dir mit

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