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Das Labyrinth des Maal Dweb

Das Labyrinth des Maal Dweb

Titel: Das Labyrinth des Maal Dweb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Asthon Smith
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Gemach durchqueren. In der bangen Erwartung, schon beim Überschreiten der Schwelle von marmornem Schlummer befallen zu werden, betrat er das Gemach mit angehaltenem Atem und verstohlenen, katzenhaft schleichenden Schritten. Die Frauen ringsum behielten ihre ewige Erstarrung, ihre mannigfachen Mienen und Stellungen bei. Jede von ihnen, so schien es, war dem Zauberbann in einem besonderen Gefühlsmoment erlegen, sei es Angst, Staunen, Neugier, Eitelkeit, Wut, Ermattung oder Wollust. Die Frauen waren weniger zahlreich, als Tiglari anfangs vermutet hatte, und das Gemach erwies sich als unerwartet klein. Doch Metallspiegel, welche die Wände verkleideten, hatten Menge und Raum scheinbar ins Unendliche vergrößert.
    Als er das hintere Ende der Kammer erreichte, stand Tiglari vor einem weiteren zweigeteilten Wandteppich, dessen Hälften einen Spaltbreit auseinanderstanden. Doch gab der Spalt nur Schatten preis. Tiglari spähte hindurch und erblickte eine dämmrige Kammer im Schein zweier Räucherbecken, die ein vielfarbiges Glühen und einen rötlichen Qualm wie von dampfendem Blut ausströmten.
    Die Becken ruhten auf hohen Dreifüßen, die einander gegenüber in den beiden rückwärtigen Winkeln des Gelasses standen. Dazwischen breitete sich ein Baldachin aus einem dunklen, schillernden Gewebe, dessen Fransen geflochten waren wie Frauenhaar. Der Stoffhimmel überspannte einen Diwan mit einem nachtdunklen Purpurbezug und einem Besatz, auf dem Silbervögel gegen goldgestickte Schlangen kämpften.
    Hingestreckt auf dem Diwan, ob müde oder schlafend, lag ein Mann in schlichter Gewandung. Des Mannes Gesicht glich einer bleichen, unkenntlichen Maske inmitten gestaltloser Schatten. Dennoch bezweifelte Tiglari keinen Augenblick lang, in diesem Geschöpf den gefürchteten und tyrannischen Hexer zu erblicken, den zu töten er gekommen war. Er wusste: Vor ihm ruhte Maal Dweb, den noch nie ein Mann leibhaftig zu Gesicht bekommen hatte, dessen Macht jedoch für alle spürbar war. Der verborgene, allwissende Herrscher über Xiccarph, der König aller Könige … der Gebieter über die vier Sonnen und all ihre Monde und Planeten.
    Gespenstischen Bewachern gleich erhoben sich die Symbole der Größe Maal Dwebs, die Sinnbilder seines furchtbaren Reiches, um Tiglari in den Arm zu fallen. Doch der Gedanke an Athlé war wie ein roter Nebel, der alles verschlang. Vergessen schienen Tiglaris abergläubische Ängste, vergessen auch die heilige Scheu vor dem verwunschenen Palast. In ihm schwoll der Zorn dessen, dem man die Liebste geraubt, er verspürte den Blutdurst des pirschenden Jägers. Beides lenkte nun seine raschen, verstohlenen Schritte, stählte seine mächtigen Muskeln. Niemand war anwesend im Gelass – abgesehen von Tiglari selbst und der reglosen, matten Gestalt auf dem Diwan. So näherte er sich dem schlafenden Hexer, und seine Faust schloss sich fest um das Heft des Dolchs mit nadelspitzer Klinge, die er in Natterngift getaucht hatte.
    Der Mann, auf den Tiglari niederblickte, ruhte mit geschlossenen Augen, und eine rätselhafte Müdigkeit lastete ihm auf Lidern und Lippen. Es schien eher Meditation zu sein denn Schlaf, worin er versunken war, ganz wie jemand, der in einem Labyrinth ferner Erinnerungen oder entrückter Träumereien wandelt. An den Wänden ringsum hingen düstere Wandteppiche, worin schemenhafte, schattenhafte Muster eingewoben waren. Von oben her verbreiteten die beiden Kohlenbecken ein mattes Glimmen und schwängerten die Kammer mit ihrem schlafsatten Weihrauch, der Tiglaris Wahrnehmung sonderbar trübte und zum Verschwimmen brachte.
    Geschmeidig und lautlos wie ein Panther duckte Tiglari sich neben die gestickten Vögel und Schlangen auf dem Diwanbesatz und machte sich bereit für den tödlichen Streich. Er bezwang das leichte Schwindelgefühl, das die Räucherdüfte bewirkten. Dann sprang er auf. Sein Arm zuckte pfeilschnell nach vorn wie eine große, aber regsame Schlange und führte einen kraftvollen Dolchstoß gegen das Herz des Tyrannen.
    Es war, als hätte er versucht, eine Diamantwand zu durchbohren. Mitten in der Luft, schräg oberhalb des hingestreckten Hexers, traf die Klinge auf eine undurchdringliche, jedoch für Tiglari nicht sichtbare Substanz. Die Messerspitze brach und klirrte vor seinen Füßen zu Boden. Fassungslos, entgeistert starrte Tiglari auf das Geschöpf, das zu töten er versuchte. Maal Dweb hatte sich weder gerührt noch die Augen aufgeschlagen. Kein Runzeln der Stirn, kein Zucken

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