Das Labyrinth des Maal Dweb
vergaß ich alle meine Pläne und bat den Übersetzer, Mybaloë zu danken und ihr zu sagen, ich nähme die Einladung an.
Ein paar Stunden zuvor hätte ich mir nicht träumen lassen, irgendein besonderes Interesse an einer schwarzen Frau zu finden, da dieser Aspekt des Zaubers von Afrika einer war, der mich bislang nie berührt hatte. Doch jetzt lagen die ersten Gespinste einer ungeahnten Magie auf mir: Meine Sinne erschienen mir übernatürlich aktiv, und meine normalen Denkprozesse wurden betäubt durch die Wirkung eines heimtückischen Opiats. Ich hatte darauf gebrannt, den Tschad-See zu erreichen, und der Gedanke, unterwegs zu verweilen, war mir niemals zuvor in den Sinn gekommen: Jetzt aber schien es mir die natürlichste Sache auf der Welt, in Azombeii zu bleiben, und der Tschad-See verwandelte sich zu einem schwach zurückweichenden Trugbild, fern an den Grenzen des Vergessens.
Mybaloës Gesicht begann zu strahlen wie ein Sommermorgen, als sie meine Antwort übersetzt bekam. Sie sprach mit einigen der Leute rings um sie her, offenbar, um ihnen Anweisungen zu erteilen. Sodann verschwand sie in der Menge, und der alte Dolmetscher führte mich mit mehreren anderen zu einer Hütte, welche sie mir zur Verfügung stellten. Diese Hütte war peinlichst sauber, und den Boden hatte man mit Streifen von Palmwedeln bestreut, welche einen angenehmen Duft verströmten. Essen und Wein wurden vor mich hingestellt, der alte Mann und zwei Mädchen gesellten sich zur Aufwartung zu mir hin und erklärten, sie seien zu meinen Dienern bestellt. Und kaum hatte ich mein Mahl beendet, als ein paar weitere Eingeborene in die Hütte eintraten. Sie trugen jene Habe mit sich, die ich am Flussufer zurückgelassen hatte.
Jetzt erzählte mir der Dolmetscher, dessen Name Nygaza war, als Antwort auf meine Fragen hinsichtlich der Geschichte, der Gewohnheiten und der Religion des Volkes von Azombeii so viel, wie sein rudimentäres Englisch übermitteln wollte. Ihren Überlieferungen zufolge war die Anbetung der Wanaôs bei ihnen fast so alt wie die Welt selbst und vor vielen, vielen Jahrhunderten von weißen Fremdlingen aus dem Norden eingeführt worden, welche sich Aroumani genannt hatten. Diese Fremdlinge waren sesshaft geworden und hatten unter den Eingeborenen geheiratet, und ihr Blut war allmählich im ganzen Stamme verbreitet worden, der stets abseits von den anderen Heiden von Adamawa blieb. Alle weißen Leute wurden von ihnen aufgrund dieser Überlieferungen Aroumani genannt und mit besonderem Respekt behandelt.
Wanaôs war, wie die Foulahs gesagt hatten, eine Gottheit der Liebe und der Fruchtbarkeit, die Mutter allen Lebens, die Herrin der Welt, und ihr Abbild war von den bleichen Fremden in Holz geschnitzt worden, auf dass jene von Azombeii ein Exemplar als Idol für sich hätten. Immerfort war es Sitte gewesen, eine lebende Frau mit ihrer Anbetung zu verbinden, als eine Art Wiedergeburt oder Verkörperung der Göttin, und die schönste Jungfer des Bezirks wurde von den Priesterinnen und Priestern für diese Rolle erwählt und erfüllte auch das Amt der Königin mit dem Privileg, sich einen männlichen Gemahl zur Seite zu nehmen. Mybaloë, ein Mädchen von 18, war kürzlich erst erwählt worden, und das jährliche Fest der Wanaôs, das aus ausgiebigem Trinken und Essen sowie nächtlichen Zeremonien der Anbetung bestand, begann gerade, seinen Gang zu nehmen.
Während ich dem alten Manne lauschte, gab ich mich gewissen Spekulationen einer überraschenden Kategorie hin. Ich hielt es für nicht unmöglich, dass es sich bei den hellhäutigen Fremden, von denen er sprach, um eine Gruppe römischer Forscher handelte, welche die Sahara von Karthago aus durchquerten und in den Sudan vorgedrungen waren. Dies würde die klassischen Züge Mybaloës und anderer aus dem Volke von Azombeii und auch den Namen und den Charakter der einheimischen Göttin erklären. Selbst die vage Bekanntheit einiger der von Mybaloë ausgesprochenen Worte schien mir nunmehr erklärlich, da ich merkte, dass manche derselben eine gewisse Ähnlichkeit mit lateinischen Vokabeln aufwiesen. Ganz erstaunt über das, was ich erfahren, und von allem, was ich hatte zusammenstückeln können, verlor ich mich in seltsamen Träumereien, während Nygaza sein Geplapper fortsetzte.
Der Tag ging dahin, und ich sah Mybaloë wider Erwarten nicht, auch überbrachte man mir keine Nachricht von ihr. Ich begann, mich nicht unbeträchtlich zu wundern. Nygaza beruhigte mich damit, ihre
Weitere Kostenlose Bücher