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Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Titel: Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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gleiten.
    »Spürst du es auch?«, fragte er.
    Sie nickte. »Als ob ein heftiger Wind durch die Bäume rauscht, nur ist da überhaupt kein Wind. Überhaupt nichts bewegt sich.«
    »Ich habe so einen merkwürdigen Druck auf den Ohren.«
    »Ja, ich auch und es ist wärmer geworden.«
    »Vielleicht kommt ein Gewitter.«
    Jeb legte den Kopf in den Nacken, schaute zum Dach der Bäume, nichts hatte sich verändert.
    Dann segelte ein Blatt herab. Langsam vor seinen Augen tanzend, schwebte es zu Boden. Einige kleine Ästchen folgten. Rinde bröselte von den Bäumen. Die Erde begann zu vibrieren. Jeb konnte es durch die dicken Sohlen seiner Schuhe spüren.
    »Fühlst du das?«, fragte er Jenna.
    »Wie ein Erdbeben.«
    Und plötzlich wusste er, was geschah. Jeb konnte mit einem Mal die Zeichen deuten. Er hob Jenna hoch und rannte mit ihr zu einer mächtigen Eiche, deren Stamm so breit war, dass man ihn nur zu mehreren hätte umfassen können. Er ließ sie unsanft zu Boden, Jenna kreischte erschrocken auf, aber Jeb nahm darauf keine Rücksicht. Er riss sich die Jacke vom Leib und breitete sie über ihren Köpfen aus.
    Dann begann es.
    Zuerst stürmte ein riesiger Hirsch durch das Unterholz. Ohne sie zu beachten, verschwand er zwischen den Bäumen. Ihm folgten andere Tiere. Rehe, weitere Hirsche, größere und kleinere Waldbewohner, ein mächtiger Bär schnaufte dicht an ihnen vorüber.
    Die Erde zitterte unter dem Trampeln der Hufe und Pfoten. Äste fielen von den Bäumen herab. Baumrinde. Fast schien es, als würde es Holz regnen. Vögel flogen auf. Die Luft war erfüllt von Blättern, die ein heißer Wind durcheinanderwirbelte. Jetzt konnte Jeb es auch riechen. Feuer. Es musste ein gigantischer Brand sein, der die Tiere panisch durch den Wald trieb.
    »Was ist los?«, rief Jenna.
    »Die Steppe brennt.«
    Sie schaute ihn erschrocken an.
    Der Großteil der Tiere war im Dickicht verschwunden, aber immer noch flohen Mäuse, Ratten, ein paar kleinere Echsen und Insekten vor dem heranrasenden Feuer. Erste Ascheflocken wurden in den Wald getrieben. Die Luft schien vor elektrischer Spannung zu knistern.
    »Wir müssen weg hier«, stieß Jeb hervor.
    Er zog Jenna auf die Füße. Sie kletterte wieder auf seinen Rücken und er stolperte los, Leóns Speer fest in der Faust.
    So schnell es mit seiner Last möglich war, hetzte er durch den Wald. Weg. Nur weg von dieser Flammenwand, die den Wald zu verschlingen drohte.
    Während er sich durch das Unterholz kämpfte, bemerkte er die Stille. Es herrschte vollkommene Stille, es schien kein Geräusch mehr auf der Welt zu geben. Dann krachte weit hinter ihnen der erste Baum auf die Erde. Der Boden zitterte.
    Und Jeb wusste, ihnen blieb nicht genügend Zeit.
    Es war aus. Aus und vorbei. Mary fiel hin und blieb liegen. Kathy ließ sich neben ihr zu Boden sinken. Mischa warf seinen Rucksack weg und sackte in sich zusammen. Tian gleich neben ihm. Nur León blieb auf den Füßen und starrte auf ein Meer aus Feuer, das in rasender Geschwindigkeit auf sie zuwalzte.
    Vielleicht eine Stunde waren sie marschiert. Mit brennenden Lungen, in flimmernder Hitze, Ruß und Schmutz auf den Gesichtern, die mittlerweile aussahen wie schwarze Masken, in die der Schweiß Furchen gegraben hatte. Sie hatten verzweifelt versucht, das Tempo beizubehalten. Aber nun waren sie am Ende. Unfähig, auch nur einen einzigen Schritt zu machen.
    León fluchte stumm. Sie hatten ihre Chance verspielt.
    Plötzlich fühlte er Marys Hand auf seiner Schulter. Sie lächelte.
    León glotzte sie stumpf an. Was gab es da zu lächeln? Sie würden alle bei lebendigem Leib verbrennen.
    »Jetzt, wenn es zu Ende geht, musst du auch nicht mehr die Tapfere spielen«, röchelte er. Er brachte kaum seine staubtrockenen Lippen auseinander.
    »Merkst du es nicht?«
    »Was?«
    Sie deutete auf das Feuer. »Es kommt nicht näher.«
    Er schaute genauer hin und tatsächlich: Die Flammen schienen sich nicht mehr vorwärtszufressen, sondern auf der Stelle zu tanzen. Der Wind musste gedreht haben.
    Er wollte es glauben, aber er konnte nicht. Doch dann huschte der erste leichte Luftzug von hinten über seinen schweißnassen kahlen Schädel und verschwand in Richtung des Feuers.
    Erst noch zart, scheinbar kraftlos, aber schließlich gewann der Wind an Stärke. Er ließ die Flammen erneut auflodern, doch diesmal trieb er sie in die umgekehrte Richtung. Weg von ihnen. Hin zu ihren Verfolgern – wer auch immer da noch auf sie lauern mochte. León zog seine

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