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Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Titel: Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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unverkennbar. Doch das ließ ihn vollkommen kalt. Er blickte zu León, der sich gerade aufrichtete und seine Hose abklopfte. Mit nacktem, verrußtem Oberkörper stand er im Sonnenschein. Jeder Muskel seines hageren Körpers zeichnete sich deutlich ab. Wenn er sich bewegte, tanzten sie unter seiner Haut. Mischa hatte noch nie zuvor einen derartigen Ausdruck von Kraft gesehen. León war nicht besonders groß, einen halben Kopf kleiner als er selbst, aber er bewegte sich wie ein Raubtier.
    León schien seinen Blick bemerkt zu haben, denn er sah herüber und zwinkerte ihm zu. Verwirrt blinzelte er zurück.
    Neben ihm machte Kathy einen glucksenden Laut. Er brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, dass sie leise lachte.
    »Was ist so komisch?«, fragte er.
    »Du«, meinte Kathy schlicht und grinste breit.
    »Was meinst du?«
    »Du starrst ihn an, als wolltest du ihn auffressen.«
    »León?«
    »Stell dich nicht blöd. Ich habe dich beobachtet.«
    »Und was willst du mir damit sagen?«
    »Dass es nicht normal ist, wie du ihn anstarrst.«
    Ohne ein weiteres Wort kam Kathy auf die Beine und ging davon.
    Was war falsch daran, León anzusehen?
    Mary sah, wie León seine Sachen zusammenpackte und sich für den Abmarsch bereitmachte. Wenn sie könnte, würde sie ihn jetzt hassen, aber selbst dazu fehlte ihr die Kraft. Die Hitze war erbarmungslos. Wie ein schweres Tuch legte sie sich über alles, nahm ihr den Atem. Ihre Lungen fühlten sich an, als wären sie mit heißen Steinen gefüllt. Mary leckte über ihre aufgerissenen Lippen, aber ihr Mund war so trocken wie der Staub um sie herum.
    Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, ob León ihnen viel oder wenig Ruhe gegönnt hatte, aber es kotzte sie an, dass er noch sichtlich Kraft hatte, während sie total am Ende war. Vielleicht könnte sie sogar weiterlaufen, aber sie wollte nicht. Ihre Beine verweigerten den Dienst, ihre Füße schmerzten. Der Kopf war viel zu schwer, und wenn sie weiterhin so schwitzte, würde ihr Körper austrocknen, sich wie eine alte Decke zusammenfalten und einfach zu Boden sinken.
    Ich brauche Wasser. Oder ich sterbe.
    Zu ihrem Entsetzen stellte sie fest, dass León auf sie zukam. Das übliche, selbstgefällige Lächeln im Gesicht. Sie spürte, dass es doch genug Kraft in ihr gab, ihn zu hassen.
    »Wir müssen weiter«, sagte er ruhig.
    Mary schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht. Keinen Schritt mehr. Ich bleibe hier.«
    »Nein.«
    Mary sah ihn überrascht an. Seine Antwort war schnell und ohne jeden Zweifel in der Stimme gekommen. Sie schnaubte verächtlich. »Hast du etwa deine Menschenliebe in dir entdeckt?«
    »Bestimmt nicht. Ich kann euch alle nicht leiden.«
    Gegen ihren Willen musste sie laut auflachen. Leóns Worte klangen ehrlich, warum blieb er dann bei der Gruppe? Warum machte er sich nicht endlich allein auf den Weg?
    Dann, ganz plötzlich begriff sie. Er blieb nicht wegen den anderen, er blieb ihretwegen. Zwar hatte sie beobachtet, dass er auch manchmal mit den anderen redete, aber meist vermied er jedes Gespräch mit ihnen. Und hatte er nicht immer wieder auf sie gewartet, hatte ihr Mut zugesprochen, sogar ihren Rucksack eine Weile geschleppt?
    Aber warum?
    Warum sie?
    León empfand bestimmt kein Mitleid mit ihr. Im Gegenteil, sie glaubte, dass ihre Abneigung auf Gegenseitigkeit beruhte. Ein Gedanke blitzte auf. »Jeb. Es ist Jeb, nicht wahr?«
    »Was ist mit Jeb?«
    »Vor unserem Aufbruch hast du ihm etwas versprochen, stimmt’s? Versprochen, uns zu helfen. Mir zu helfen.«
    Er sah sie ausdruckslos an. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, sondern blieb hart und verschlossen wie immer.
    »Was hat er dir dafür geben müssen? Ein weiteres Messer? Ein Feuerzeug? Etwas, das er vor uns verborgen hat?« Sie spürte Wut in sich aufsteigen. »Nein, jetzt weiß ich es: Er hat dir Informationen gegeben. Es muss etwas Wichtiges sein, denn sonst hättest du dich nicht auf diesen Deal eingelassen. Was hat er dir gesagt? Was ist so wertvoll, dass du dir die Mühe machst, uns mitzuschleppen?«
    León antwortete nicht. Sagte nicht, dass er es versprochen hatte, um einen Kampf mit Jeb zu vermeiden. Dass er es ihm aus Respekt vor seiner Haltung versprochen hatte und aus dem Gefühl heraus, es ihm schuldig zu sein. Und er sagte Mary nicht, dass er hier nicht mehr allein kämpfen wollte. Sie würde es nicht verstehen. Ihn auslachen. Sollte sie doch glauben, was sie wollte.
    »Du hast ihn und Jenna zurückgelassen«, zischte Mary, »und uns

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