Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)
schlechte Nachrichten für dich.«
»Sprich. Je schlechter, desto schneller. Nachrichten aus Trebinje?«
»Ah, nein; jedenfalls nichts Neues. Deine Frau ist immer noch in Karims Haus, soweit ich weiß. Nein, aus Venedig.«
»Was ist geschehen?«
»Nach dem Tod des uralten, schlauen Andrea Gritti hattet ihr ja einen neuen Dogen gewählt.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Pietro Lando; und?«
»Er hat nach ein paar Übergangsmonaten bestimmte Posten neu besetzt. Bellini ist nicht mehr zuständig.«
Ich brauchte einen Moment, um diese Mitteilung zu verarbeiten. Vor fast vierzehn Jahren, im Herbst 1525, war ich Lorenzo Bellini zum ersten Mal begegnet – wer würde sich nun um die Sicherheit der Serenissima kümmern? »Es ist immer betrüblich«, sagte ich halblaut, »einen guten Mann ausscheiden zu sehen. Wer ist sein Nachfolger? Und was macht Lorenzo jetzt?«
»Bellini haben sie ins Arsenal gesteckt; er darf wahrscheinlich Schiffe zählen, Segel falten und Kanonen putzen. Der Nachfolger ist Bernardo Corner.«
»Edle Sippe. Aus der Hauptlinie?«
Katona schnaubte. »Wahrscheinlich vierter Sohn des dritten Bruders des Haupterben; die aus der Hauptlinie haben vermutlich besseres zu tun. Anderes. Kennst du ihn?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Dann kennt er dich wahrscheinlich auch nicht. Das heißt, in Venedig schützt niemand mehr deinen Rücken.«
»Reden wir von Trebinje«, sagte ich nach einer kurzen Pause. »Was sagen deine Quellen über den türkischen Aufmarsch?«
»Er wird in ein paar Wochen abgeschlossen sein. Dann ist auch die Flotte einsatzbereit. Mitte Juli, vielleicht früher.«
»Und Karim Abbas?«
»Ist gerade jetzt nicht in Trebinje. Er ist nach Novo Brdo gereist.«
»Novomonte? Was will er denn da?«
Natürlich kannte ich nur den Namen des Orts jenseits von Pristina; ich war nie dort gewesen. Aber als guter Fastvenezianer hatte ich aus dem Mund der edlen Kaufherren oft genug Flüche über den Ort und seine Bewohner vernommen und vor allem über die Händler aus Ragusa, die dort die guten Geschäfte machten, welche früher von Venezianern abgewikkelt worden waren. Gold und Silber und andere Metalle gab es dort reichlich, und wie immer waren die Erze unmittelbar neben den Förderstellen billiger als an der Küste. Angeblich hatten sich dort auch sächsische Bergleute niedergelassen. Aber bekanntlich verdient der Zwischenhändler mehr als der Hersteller, und Bergleute verdienen weniger als jene, die ihnen Hacken, Schaufeln und Brot liefern.
»Was wird er dort wohl wollen?« sagte Katona. »Gold beschaffen für das Heer, das Herceg Novi zurückerobern soll.«
»Dann könnte man ...« Ich sprach nicht weiter; im Geiste zog ich mit einer unzuverlässigen Schar von Söldnern nach Trebinje, um Laura zu befreien – aus dem Haus, das Hunderte von Kämpfern umlagerten und nebenbei bewachten; und ganz deutlich sah ich schon, wie die Männer, die ich bezahlt hatte, mich dort verließen, weil jemand ihnen mehr bot.
»Schlag es dir aus dem Kopf.« Katona runzelte die Stirn. »Wenn ich richtig errate, was du gerade denkst.«
»Ich weiß. Es ist sinnlos. Aber ...«
Mit Pulver und Stahl lassen sich hienieden Dinge bewegen; mit »aber«, »vielleicht« und »könnte« nur selten. Nach dem Gespräch mit Katona begaben Bekim und ich uns zu den Musikern. Dort blieben wir ein paar Tage, bis mein Bein ausgeheilt war; wir tranken und redeten und hörten uns um, aber ich wußte von vornherein, daß es mich keinen Schritt näher zu Laura bringen würde.
Anfang Juli hieß es, Khaireddin Barbarossa habe die große türkische Flotte versammelt und sei außer sich vor Zorn, weil es einem Neffen des alten Andrea Doria gelungen war, überraschend die lockeren Sperrlinien zu durchbrechen und im Auftrag des Kaisers den Spaniern Nachschub nach Castelnuovo zu bringen. Nachschub an Nahrung und Munition, aber keine Verstärkungen. Und das einzig sinnvolle – Sarmientos Leute in Sicherheit bringen und dieses Unternehmen beenden – war offenbar nicht einmal erörtert worden.
Es erschien mir sinnlos, weiter in Dubrovnik herumzusitzen und auf Wunder zu warten; vor dem Fall von Castelnuovo würde sich nichts ereignen, was Laura und mir weiterhelfen könnte. Deshalb gingen Bekim und ich an Bord eines venezianischen Schiffs und fuhren zur Serenissima. Ich kümmerte mich ein paar Tage lang um die Kinder, die von Gianna gehegt und von Belgutai gehütet wurden; danach suchte ich Bellini auf, der in der Verwaltung des Arsenals nichts
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