Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)
ihm einige Namen, darunter auch die Druckerei Rinaldi.
»Na, hat er dich gründlich ausgequetscht?« Konstantinos musterte mich mit einem Lächeln; dabei drückte er mit dem Ellenbogen Luft aus dem Sack in die Baßflöten. Sie quäkten.
»Jedenfalls hat es versucht. Ich brauche jetzt dringend Wein.« Ich setzte mich an den Tisch und trank gründlich. »Ein bißchen anstrengend, wenn man nicht darauf vorbereitet ist.«
»Das macht er immer.« Zlatko wackelte mit dem Kopf. »Er sagt, Wissen gewinnt man, indem man seine Fragen von anderen beantworten läßt.«
»Indem man kluge Fragen von Dummen beantworten läßt«, sagte Boboko. »Von solchen Sätzen hat er einen großen Vorrat. Meistens passen sie, und wenn sie nicht passen, klingen sie wenigstens gut.«
»Hat er das mit euch auch gemacht?«
Ardiana lachte. »Nicht nur das; wir sind ja schon länger hier, und ich glaube, jeden von uns hat er mindestens fünfmal befragt. Einige auch zehnmal.«
»Wenn du länger bleibst«, sagte Konstantinos, »bist du auch demnächst wieder fällig.«
Zlatko kniff die Augen zu Schlitzen. »Natürlich muß man sich ein wenig vorsehen. Man will ihm ja nicht alles verraten.«
»Haben wir denn Geheimnisse?« sagte ich.
»Geheimnisse?« Tomislav trommelte einen schnellen Wirbel. »Was ist das?«
Zlatko blähte die Wangen. »Ich habe keine Geheimnisse. Aber es gibt Dinge, über die ich nicht gern rede.«
»Zum Beispiel?«
»Soll ich dir jetzt alles aufzählen, was ich nicht aufzählen will? Über das reden, worüber ich schweigen möchte?«
»Worüber man nicht reden möchte», sagte Boboko, »davon sollte man schweigen.« Er legte die Laute weg, kniff ein Auge zu und starrte mit dem anderen in seinen Becher.
»Bla bla bla.« Ardiana streckte ihm die Zunge heraus.
Zlatko grinste. »Worüber man schweigen möchte, davon sollte man nicht reden.«
»Abermals bla bla.«
»Für manche Leute gilt aber: Worüber sie reden möchten, davon sollten sie besser schweigen.«
»O Zlatko«, sagte Tomislav. »Was manche Leute nicht verschweigen können, ist ja nicht zu sagen.«
Ardiana klatschte in die Hände. »O unsägliches Schweigen! O unsagbare Verschwiegenheit!«
Ich sah sie der Reihe nach an, schüttelte den Kopf und griff zur Fiedel. »Wollen wir nicht statt dieses blöden Geredes noch ein wenig spielen?«
»Man kann gewisse Dinge zerreden«, sagte Boboko; »kann man sie auch zerschweigen?«
Tomislav drehte die Trommel um und sprach in die Öffnung. Seine Stimme hallte hohl, als er sagte: »Euer lautes Schweigen zerreißt mir das Herz.«
Ardiana stand auf, kam um den Tisch und küßte mich auf die Stirn. »Jedenfalls bist du jetzt endgültig angekommen.« Sie trat hinter mich und stützte sich mit den Unterarmen auf meine Schultern.
»Wo? Hier? Bei Valerio? In Dubrovnik? In der Musik?«
»Sowohl als auch.«
»Oder weder noch«, sagte Zlatko. »Aber das ist gleich.«
»Armer Junge.« Ardiana blies mir ins Haar. »Lassen sie dich mit Andeutungen verschmachten?«
»Wie es sich gehört.« Boboko keckerte. »Erst anfüttern, dann abhungern.«
Konstantinos schaute mich an, dann die anderen. »Venedig, wie?«
»Das ist doch klar«, sagte Tomislav.
»Sowieso Venedig.« Ardiana knabberte an meinem rechten Ohrläppchen und kicherte dabei.
»Wovon redet ihr eigentlich?«
»Sei doch nicht so stur.« Boboko blickte mich beinahe vorwurfsvoll an.
»Er ist nicht stur«, sagte Ardiana. »Entweder hat er es noch nicht begriffen, oder er mag nicht darüber reden.«
Zlatko nickte. »Kann schon sein. Aber dann sollten wir darüber schweigen.«
»Ich will aber nicht schweigen.« Konstantinos hieb mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ich will reden. Ich will trinken. Ich will essen. Ich will lieben.«
»Alles gleichzeitig?« Ardiana rieb meine Haare mit dem Kinn.
»Sowohl gleichzeitig als auch nacheinander. Und voreinander auch.« Tomislav schloß die Augen; seine Miene verriet erhabene Zufriedenheit mit der Vorstellung, deren vielfältige Durchführung er sich offenbar gerade ausmalte.
»Ich will Geld«, sagte Boboko.
»Wollen wir das nicht alle?« Zlatko zwinkerte. »Alle wollen wir das, nicht wahr?«
»Am liebsten gern, ja.« Boboko machte ein trauriges Gesicht. »Aber mit Musik und den anderen Künsten ist es manchmal schwierig, genug Brot zu beschaffen.«
»Deswegen hat ja ein kluger Mann gesagt, die Kunst läuft hinter dem Brot her.« Konstantinos klang ganz ernst, aber einer seiner Mundwinkel zuckte.
»Außer
Weitere Kostenlose Bücher