Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)
sei.
»Hat es schwere Kämpfe gegeben?«
Er musterte mich über seinen Weinbecher hinweg. »Du klingst ... betrübt. Hast du ihn gut gekannt?«
»Nicht gut, aber ich glaube, ich hätte ihn gut kennen mögen. Er war ein guter Mann.«
Der Fähnrich nickte. »Ein Jammer, sein Ende. Nein, es gab keine argen Gefechte. Irgendwas mit seiner Frau; angeblich hat sie ihn betrogen, er hat sie getötet und danach sich.«
Ich dachte an Laura und unser Gespräch über die Einsamkeit des Fleischs. »Trinken wir auf die Frauen«, sagte ich. »Mögen sie uns erhalten bleiben. Und zum Teufel mit der Eifersucht.«
ZWANZIG
Das Ende des Mauren Otero
D u bist dumm«, sagte Goran.
»Seit wir uns kennen, sagst du mir das jeden Tag mehrmals. Warum in diesem Fall?«
Er schob die Blätter von sich, blähte die Wangen und ließ eine Art Pferdefurz hören. »Ein guter Mann, wahrscheinlich«, sagte er. »Dieser Maure Otero. Er treibt sich in Dubrovnik herum, bewirtet dich in Bijela, läßt dich zu den Spaniern reiten, und jetzt erwähnst du so nebenher, daß er tot ist!«
»Ich kann ihn nicht auferstehen lassen, damit er dir seine Geschichte erzählt.«
»Aber du hast doch bestimmt mehr über sein Ende erfahren, oder?«
»Natürlich. Wenn einem jemand so etwas erzählt, dann fragt man natürlich nach.«
»Und warum schreibst du es nicht auf?«
Ich zuckte die Schultern. »Es ist müßig. Oder kommt mir so vor.«
»Nur, weil er weiter keine Rolle in deiner schwarzen Komödie spielt? Aber er war doch ein bemerkenswerter Mann; dann kannst du seinen zweifellos bemerkenswerten Tod nicht einfach so mit ein paar dürren Worten erledigen.«
»Was willst du wissen?«
»Alles.« Plötzlich lachte er. »Wie immer, wenn es um Blut und Frauen geht.«
Ich lehnte mich zurück und schloß die Augen halb. »Laß mich überlegen.«
»Was mußt du da überlegen?«
»Woran ich mich erinnere. Und was ich dazuerfinden könnte.«
»Hast du das vor?«
Ich setzte mich wieder aufrecht hin und faltete die Hände auf dem Tisch. »Nein. Wenn ich schon fremde Liebesdramen erzähle ... Mehr dazuerfinden soll jemand, der das tun mag. Also. Otero war Hauptmann, einer von vielen an der Bucht von Kotor, aber weil er Kenntnisse, Erfahrungen und einen guten Ruf hatte, haben sie ihn zum Feldmeister gemacht.«
»Ist das üblich?«
»Was meinst du?«
»Er war doch Maure. Söldner.«
»Venedig setzt immer Söldner ein.«
»Ja, schon, aber die Hauptleute sind doch meistens Venezianer, wenn ich mich nicht irre.«
»Das stimmt, und vielleicht beginnt da schon das Drama. Die meisten anderen Hauptleute an der Bucht sind Venezianer, die Fähnriche auch, und angeblich gab es ein paar Männer, die sich zurückgesetzt fühlten. Und dann auch noch durch einen Mauren.«
Goran starrte in seinen Becher, der nur noch eine Pfütze lauwarmen Wassers enthielt, entschied sich aber offenbar, jetzt nicht aufzustehen und zum Herd zu gehen. »Bis hierhin habe ich das verstanden«, sagte er.
»Das ehrt dich. Otero war verliebt in die schöne Tochter des Obristen, der die Festung Perast befehligt. Perasto, sagen die Venezianer; die wichtigste in dem Teil der Bucht, weil sie die türkische Burg Risan bewachen, notfalls sperren und beschießen kann. Der Oberst wollte natürlich nicht, daß seine engelsgleiche Tochter einem dunkelbraunen Mietling anheimfällt ...«
Goran unterbrach mich. »Ich kann so etwas besser anhören und verstehen, wenn die Leute Namen haben. Der Oberst und die Tochter.«
»Ich glaube nicht, daß ich den Namen des Obristen je gehört habe. Und den der Tochter habe ich vergessen. Ich glaube, ah, jetzt fällt’s mir wieder ein, sie hatte zwei Namen, Desideria Damiana.«
»Bei allen Himmeln!« Goran klang erstaunt. »Wer tut seinem Kind so etwas an?«
»Ziemlich aufwendig, das stimmt. Deshalb wurde sie anders gerufen, irgendeine Zusammenziehung beider Namen, Desidama oder so. Nein, das war’s nicht – Desdamia? Auch nicht, aber so ähnlich.«
Goran seufzte. »Nenn sie einfach Desi; das kann ich mir für die Dauer der Geschichte merken.«
»Es spielen noch ein anderer Hauptmann und vor allem ein böser Fähnrich mit, aber deren Namen weiß ich wirklich nicht.«
»Dann gibt es keine Hilfe. Mach weiter.«
»Wohlan denn, tugendhafter Goran, so lausche den Verzerrungen, die Heimtücke und Übel ...«
Er hob die Hände. »Erspar mir das; das ist ja furchtbar.«
»Ja, nicht wahr? Also, machen wir es kurz. Der Fähnrich, ein braver Venezianer ...«
»Gibt’s
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