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Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Titel: Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Waffen abzugeben. Dann betätigte der Mann einen Türklopfer; ein weiterer Soldat übernahm mich und führte mich durch einen langen Gang zu einer Art Empfangssaal. »Hier warten«, sagte er. Er klatschte mehrmals in die Hände.
    Der Saal schien für Beratungen genutzt zu werden. Ein langer Tisch mit Stühlen stand in der Mitte; Töpfe mit Pflanzen, bequemere Sitzgelegenheiten, gepolsterte Bänke und feine Truhen hatte man an die Wände geschoben. Dort lagen auch zusammengerollte Teppiche. Durch die Fenster sah ich in einen grünen Innenhof mit Blumenbeeten und einem Brunnen.
    Ein Diener erschien, musterte uns, nickte, deutete auf den Tisch und verschwand wieder. Ich ließ mich auf einen Stuhl an der Kopfseite sinken.
    Wenige Atemzüge später öffnete sich mir gegenüber eine Tür. Karim Abbas trat ein. Ohne mich anzusehen, ging er zur anderen Kopfseite, setzte sich, blickte den Soldaten an und sagte etwas. Türkisch; ich verstand nichts. Offenbar war es ein Befehl, denn der Mann legte die Hand aufs Herz, drehte sich um, ging zum Ende des Gangs, durch den wir gekommen waren, und blieb dort stehen.
    »So viel Aufwand für einen, der entwaffnet worden ist?« sagte ich.
    Karim verzog keine Miene. »Manche Skorpione haben mehrere Stachel. Man muß sich vorsehen.«
    »Laß uns keine Zeit vergeuden. Was willst du von mir, und wo ist meine Frau?«
    »Du wirst sie sehen und sprechen; es geht ihr gut. Zuerst wollen wir klären, was zu klären ist.«
    »Ich möchte mich zuerst davon überzeugen, daß es ihr gutgeht.«
    Der Schatten eines Lächelns zuckte um seinen Mund. »Du wirst dich auf mein Wort verlassen müssen. Und meine Ehrenhaftigkeit.«
    »Ungern.«
    »Das glaube ich. Vor deinem Tod hast du noch etwas zu erledigen.«
    Ich lachte leise. Es kostete mich allerdings Mühe. Der finstere Mann in düsterer Kleidung sprach so, als stünde mein Ableben bereits fest, einschließlich der Umstände und des genauen Zeitpunkts. »Mein Tod liegt bei Allah«, sagte ich auf arabisch. »Du kannst ihn weder beschleunigen noch hinauszögern.«
    »Er wird mir eine Wonne sein, wann immer er sich ereignet.«
    »Warum?«
    Er runzelte die Stirn. »Warum er mir eine Wonne sein wird?«
    »Ja, Karim. Offenbar habe ich dich gekränkt, deshalb hast du in Dubrovnik dein Werkzeug Mehmet auf mich angesetzt und in Pristina meinen Freund Antonio getötet. Deshalb hast du meine Frau in deine Gewalt gebracht. Aber ich weiß immer noch nicht, warum du all das tust. Welchen Vergehens ich mich in deinen Augen schuldig gemacht habe.«
    Er nickte. »Du wirst es erfahren. Bei deinem letzten Atemzug, wenn ich in der Nähe bin. Sollte der Schwarze Engel dich ohne mein Zutun holen, erfährst du es eben nicht.«
    Ich schwieg; was hätte ich auch sagen sollen?
    »Morgen wirst du nach Herceg Novi reiten.«
    »Was soll ich dort?«
    »Du wirst dem Kommandanten eine Botschaft von mir überbringen.«
    »Hast du keinen anderen Boten?«
    »Doch, aber keinen, dem die Spanier so glauben werden wie dir.«
    »Wieso sollen sie mir glauben?«
    »Du bist schon einmal dort gewesen, nicht wahr? Einige Offiziere kennen dich. Sie wissen auch, daß du in Wien gekämpft hast.«
    Ich lehnte mich auf dem Stuhl zurück; er knirschte leise. »Also deshalb«, sagte ich.
    »Deshalb habe ich dir nicht die Augen verbinden lassen, als du hergekommen bist.«
    »Ich sollte alles sehen, eure Vorbereitungen und die Menge an Soldaten und Kriegsgut; ist es das?«
    »Du solltest alles sehen, damit du es ihnen berichten kannst. Dir werden sie glauben; einem anderen Boten?« Er zuckte mit den Schultern.
    »Gut; vielleicht glauben sie mir. Wie lautet deine Botschaft?«
    »Du wirst ihnen sagen, daß es für sie nur zwei Möglichkeiten gibt. Entweder ehrenhafte Übergabe oder Tod.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ein spanisches tercio ergibt sich nicht.«
    »Biete es ihnen an. Sag ihnen, wenn sie die Waffen niederlegen, geschieht ihnen nichts.«
    »Ihr würdet sie ohne Waffen abziehen lassen?«
    »Wir würden die Waffen behalten und zulassen, daß sie auf eigenen oder fremden Schiffen heimkehren.«
    »Und wenn sie nicht zustimmen?«
    »Werden wir sie, sobald alle Vorbereitungen abgeschlossen sind, vom Meer und vom Land aus angreifen und vernichten.«
    Ich nickte langsam. »Ich verstehe, daß ihr Kosten und Leben sparen wollt. Aber sie werden sich nicht ergeben.«
    »Wir wollen es versuchen. Krieg ist teuer – sinnloser Kampf ist noch teurer.«
    »Was geschieht mit mir?«
    »Wenn du die Botschaft

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