Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
Vom Netzwerk:
Er war fast ein bißchen zu groß für den Wagen und erweckte zudem den Eindruck, als würde er gern jeden überfahren, der gegen die Straßenverkehrsordnung verstieß.
    »Ich möchte wetten, daß dieses Funkgerät funktioniert«, sagte Arkadi.
    »Natürlich funktioniert es.«

Unvernünftigerweise sehnte sich Arkadi nach Jaaks selbstmörderischer Fahrweise und dem ebenso selbstmörderischen Hasten der Moskauer Fußgänger. Peter Schiller sah aus, als ob er sich durch Stemmen kleiner Ochsen in Form hielt. Seine Windjacke war gelb, offensichtlich eine beliebte Kleiderfarbe in München. Ein senfgold diarrhöefarbenes Gelb.
    »Ihr Großvater spricht gut russisch.«
    »Er hat es an der Ostfront gelernt. Er war Kriegsgefangener.«
    »Ihr Russisch ist ebenfalls ausgezeichnet.«
    »Die Sprache ist zu einer Art Familienhobby geworden.«
    Sie fuhren nach Süden auf die beiden Türme der Frauenkirche im Zentrum der Stadt zu. Schiller schaltete in einen niedrigeren Gang, um eine Straßenbahn vorbeifahren zu lassen, die makellos wie ein Spielzeug aussah. Man muß etwas dafür tun, eine Bräune wie die Peter Schillers zu bewahren, dachte Arkadi. Skifahren im Winter, Schwimmen im Sommer.
    »Ihr Großvater sagte, Sie hätten sich bereiterklärt, mir zu helfen. Also tun Sie es«, sagte Arkadi.
    Schiller warf ihm einen schiefen Blick zu, bevor er antwortete: »Boris Benz hat kein Vorstrafenregister. Das einzige, was wir nach Auskunft des Verkehrsamtes über ihn wissen, ist, daß er blond ist, braune Augen hat, 1955 in Potsdam bei Berlin geboren wurde und keine Brille trägt.«
    »Verheiratet?«
    »Mit einer Margarita Stein, einer russischen Jüdin. Ihre Personalien sind wo zu finden? Moskau, Tel Aviv - wer weiß?«
    »Das ist immerhin etwas. Steuererklärungen, Beschäftigungsverhältnisse? Militärdienst, medizinische Unterlagen?«
    »Potsdam liegt in der DDR. Lag in der DDR. Wir leben zwar jetzt alle in einem Staat, aber viele ostdeutsche Unterlagen sind noch nicht nach Bonn geschickt worden.«
    »Wie sieht’s mit Anrufen aus?«
    »Tss, tss. Ohne einen Gerichtsbeschluß dürfen wir keine Telefone anzapfen. Wir haben strenge Gesetze hier.«
    »Ich verstehe. Und Sie haben auch Zollkontrollen. Haben Sie sich darum schon gekümmert?«
    »Benz könnte hier sein, er könnte überall in Westeuropa sein. Seit Bestehen der EG gibt es keine wirklichen Paßkontrollen mehr.«
    »Was für einen Wagen fährt er?« fragte Arkadi.
    Schiller lächelte, als ob ihm das Verhör Spaß zu machen beginne. »Einen weißen Porsche 911. Immerhin ist der auf seinen Namen zugelassen.«
    »Nummernschild?«
    »Ich glaube nicht, daß ich befugt bin, Ihnen weitere Auskünfte zu geben.«
    »Was für Auskünfte? Fordern Sie doch in Potsdam seine Unterlagen an.«
    »In einer Privatangelegenheit? Das verstößt gegen das Gesetz.«
    An einem Obelisken fädelten sich die Wagen in einen Kreisverkehr ein, ohne gleich ein Chaos hervorzurufen wie in Moskau, wo Personen- und Lastkraftwagen einander wie eine Herde wilder Yaks die Vorfahrt nahmen. In München schienen Auto- und Fahrradfahrer, wie die Fußgänger, gesetzestreu sämtliche Vorschriften zu befolgen. Es war wie in einem überdimensionalen Altersheim. Schiller lächelte.
    »Viele Morde hier?« fragte Arkadi.
    »In München?«
    »Ja.«
    »Hauptsächlich Bierleichen.«
    »Bierleichen?«
    »Oktoberfest, Fasching, Betrunkene. Keine wirklichen Morde.«
    »Nicht wie unsere Wodkaleichen.«
    »Wissen Sie, was man in Deutschland über Verbrechen sagt?« fragte Peter.
    »Was sagt man in Deutschland über Verbrechen?«
    »Daß sie verboten sind«, sagte Schiller.
    Arkadi erkannte die Bäume des alten Botanischen Gartens wieder. Als der BMW an einer Ampel hielt, stieg er aus und stopfte Peter ein Stück Papier in die Jackentasche. »Das ist eine Münchener Faxnummer. Finden Sie heraus, wem sie gehört, wenn das nicht gegen das Gesetz verstößt. Auf der anderen Seite steht eine Telefonnummer, unter der Sie mich um fünf erreichen können.«
    »Ihre Nummer im Konsulat?«
    »Eine Privatnummer.« Meine Privatnummer in der Telefonzelle, dachte Arkadi.
    »Renko!« rief Schiller, als Arkadi auf den Bürgersteig trat.
    »Lassen Sie die Bank aus dem Spiel.« Arkadi ging weiter.
    »Renko!« Schiller fügte eine weitere Warnung hinzu: »Sagen Sie das auch Federow.«
    Mit Seife und einer Schnur bewaffnet, kehrte Arkadi in die Pension zurück, wusch seine Sachen und hängte sie zum Trocknen auf. Aus dem unteren Stockwerk kam der süße

Weitere Kostenlose Bücher