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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Rose.«
    »Max hat noch an Ansehen gewonnen. Ich wette, daß er bald seine erste Million macht.«
    »Womit? Hat er das gesagt?«
    »Fernsehjournalismus.«
    »Er hat auch von einem Jointventure gesprochen.«
    »Grundstücke, Vermögenswerte. Er sagt, ein Mann, der heute in Moskau nicht zu Geld kommt, kann die Fliegen auf der Scheiße nicht sehen.«
    »Klingt vielversprechend. Vielleicht sollten alle nach Moskau zurückkehren.«
    »Das war’s, was er damit sagen wollte.«
    Tommy konnte den Blick nicht von den Frauen lösen. Er war rot angelaufen, als ließe die bloße Nähe zu ihnen seine Temperatur bereits ansteigen. Er drückte sein Hemd gegen den Bauch und fuhr sich mit Fingern durchs Haar - Anzeichen einer Erregung, die Arkadi nicht teilte. Liebe war der Bergwind für ihn, der Sonnenaufgang und das Nirwana, Sex das Beben der Blätter - bezahlter Sex schmeckte nach Würmern. Aber es war so lange her, daß er Liebe und Sex gekostet hatte - wie konnte er das alles beurteilen? Der eine Mann findet bezahlten Sex roh und vulgär, der andere einfach und direkt. Hat der andere nun mehr Phantasie oder nur mehr Geld?
    Jede Rasse besitzt ihre ausgeprägten Merkmale. Tataren die schmalen, schräg nach oben stehenden Augen. Slawen ein ovales Gesicht und runde Brauen. Schmale Lippen, die Haut weiß wie Schnee. Keine dieser Frauen sah aus wie Irina, deren Augen weiter auseinanderstanden, tiefer waren, eher byzantinisch als mongolisch, zugleich aber auch offener und geheimnisvoller. Irinas Gesicht war weniger oval, die Kinnpartie weniger ausgeprägt, ihr Mund voller, üppiger. Es war seltsam: In Moskau hatte er ihr täglich gelauscht. Hier herrschte Funkstille.
    Manchmal dachte er an das Leben, das er und sie hätten führen können. Liebende. Mann und Frau. Die normale Art, in der Menschen miteinander leben und schlafen und zusammen aufwachen. Vielleicht sogar anfangen, einander zu hassen, und den Entschluß fassen, sich zu trennen. Aber auf normale Weise, nicht in einem zweigeteilten Leben. Nicht in einem zur Obsession gewordenen Traum.
    Die Frau in Rosa kam mit ihrer Freundin zu ihnen und bat um Champagner.
    »Natürlich.« Tommy war mit allem einverstanden.
    Zu viert setzten sie sich an einen Tisch in der Ecke. Die Frau in Rosa war Tatjana, ihre Freundin im Bodystocking Marina. Tatjana hatte dunkle Haarwurzeln und einen blonden Pferdeschwanz, Marina hatte ihr schwarzes Haar über eine blau angelaufene Schwellung auf der Wange gekämmt. Tommy, der den Gastgeber spielte, stellte vor: »Mein Freund Arkadi.«
    »Wir wußten, daß er Russe ist«, sagte Tatjana. »Er sieht so romantisch aus.«
    »Arme Männer sind nie romantisch«, sagte Arkadi. »Tommy ist viel romantischer.«
    »Wir könnten uns ein bißchen amüsieren«, schlug Tommy vor.
    Arkadi beobachtete eine Frau, die mit wiegenden Hüften in eine neue Schlacht zog, indem sie einen Soldaten durch einen aus Perlenschnüren bestehenden Vorhang in die hinteren Räume führte. »Sind viele Russen hier?« fragte er.
    »Lastwagenfahrer.« Tatjana verzog das Gesicht. »Gewöhnlich sind die Gäste internationaler.«
    »Ich mag Deutsche«, sagte Marina nachdenklich. »Sie waschen sich.«
    »Das ist wichtig«, sagte Arkadi.
    Tatjana griff nach ihrem Champagnerglas und füllte es unter dem Tisch aus einem Flachmann auf. Großzügig erwies sie Arkadi und Marina den gleichen Dienst. Wodka wieder einmal als probates Mittel, das System zu untergraben. Marina beugte sich über ihr Glas und flüsterte: »Molto importante.«
    »Wir sprechen italienisch«, sagte Tatjana. »Wir sind zwei Jahre durch Italien getingelt.«
    »Als Mitglieder des Piccolo-Bolschoi-Balletts.«
    »Nicht identisch mit dem Original-Bolschoi-Ballett.« Tatjana kicherte.
    »Aber wir haben getanzt.« Marina reckte sich, um die Aufmerksamkeit der Männer auf ihren sehnigen Nacken zu lenken.
    »Die Städte waren klein, aber so sonnig, so voller Musik«, erinnerte sich Tatjana.
    »Es gab zehn weitere sogenannte russische Balletts in Italien, als wir weggingen. Alle haben sie uns kopiert«, sagte Marina.
    »Ich glaube, wir können mit Recht behaupten, daß wir in vielen die Liebe zum Tanz geweckt haben«, sagte Tatjana. Sie schenkte Arkadi einen zweiten Wodka ein. »Bist du sicher, daß du kein Geld hast?«
    »Es zieht sie immer zu den falschen Männern«, sagte Marina.
    »Danke«, sagte Arkadi zu beiden. »Ich suche vor allem nach zwei alten Freunden. Der eine heißt Max, ist Russe, aber besser gekleidet als ich. Spricht

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