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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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definierte. In Moskau verstieß Prostitution bereits gegen das Gesetz. Hier war sie ein regulärer Wirtschaftszweig.
    Ein Trooper besetzte den Platz, den der Jeep gerade verlassen hatte. Die Fahrerin drehte das rote Licht an, zupfte sich die Locken im Rückspiegel zurecht, spannte die Brüste wie Muskeln und holte ein Taschentuch hervor. Die Frau im Wagen direkt vor ihm starrte ihn mit Augen an, die aussahen, als ob sie ihr auf die Lider gemalt waren. Keine von beiden sah wie eine Tima aus. Arkadi vermutete, daß der Name eine Kurzform für Fatima war, und so richtete er seine Aufmerksamkeit auf jemanden, der irgendwie einen islamischen Eindruck machte. Aus dieser Entfernung waren die abgeblendeten Scheinwerfer schwach wie Kerzenflammen, und die Windschutzscheiben sahen aus wie Ikonen, mit je einer bis zum Überdruß gelangweilten Jungfrau.
    Nach zwanzig Minuten begann er, sich Sorgen um Tommy zu machen. Er ließ ein Bild der Wagen auf der anderen Seite des Platzes in seiner Vorstellung entstehen. Ein immer heftiger auf seinen Federn schaukelnder Jeep, die Vorhänge dicht geschlossen. Wenn es einen Platz gab, an dem Sex und Gewalt miteinander verwechselt werden konnten, dann war es dieser. Das Geräusch, das man hört, wenn ein Mensch gewürgt wird? Von außen war das leicht mit sexuellem Kampfgetümmel zu verwechseln.
    Seine Furcht war unbegründet, trotzdem war er erleichtert, als er Tommy über die Straße springen sah.
    Der Amerikaner stieg in den Wagen und klemmte sich hinter das Lenkrad. Schwer atmend fragte er: »War ich lange fort?«
    »Stunden«, sagte Arkadi.
    Tommy drückte sich gegen die Rücklehne, um sein Hemd in die Hose zu schieben und das Jackett zuzuknöpfen. Der Geruch von Parfüm und Schweiß breitete sich im Wagen aus wie der Duft einer Reise in ein fernes Land. Tommy war so stolz auf sich, daß Arkadi sich fragte, wie oft er den Mut für so was aufbrachte.
    »Entschieden das Geld wert. Wollen Sie es sich nicht doch noch einmal überlegen?« fragte er.
    »Ich verlaß mich auf Ihr Wort. Fahren wir.«
    Die Tür an Arkadis Seite öffnete sich. Peter Schiller mußte sich niederbeugen, um ihn in die Augen sehen zu können.
    »Renko, Sie haben sich nicht am Telefon gemeldet.«
     
    Peter Schillers BMW stand ein Stück von der Hauptstraße entfernt in der Dunkelheit. Arkadi lehnte sich mit ausgestreckten Armen und gespreizten Beinen gegen den Wagen, während Schiller ihn nach Waffen abtastete. Sie hatten gute Sicht auf den Platz mit den Prostituierten. Tommy saß allein in seinem Trabant und fuhr zurück nach München.
    »Moskau ist mir ein Rätsel«, sagte Schiller. Er fuhr mit den Händen über Arkadis Rücken, seine Hüften, an den Hand- und Fußgelenken entlang. »Ich bin noch nie dortgewesen und hoffe auch, nie hinzumüssen, trotzdem erscheint es mir seltsam, daß ein Chefinspektor von einer öffentlichen Telefonzelle aus arbeitet. Ich habe die Nummer überprüft, als Sie sich nicht meldeten.«
    »Ich hasse es, am Schreibtisch zu sitzen.«
    »Sie haben gar keinen Schreibtisch. Ich bin beim Konsulat gewesen und habe mit Federow gesprochen. Ich habe ihn von irgendeiner Volkstanzgruppe weggelockt. Er weiß nichts über Ihre Ermittlungen und hat nie was von Boris Benz gehört, und ich glaube, ich tue ihm kein Unrecht, wenn ich sage, daß er froh wäre, auch noch nie was von Ihnen gehört zu haben.«
    »Wir haben kein sehr enges Verhältnis zueinander gefunden«, räumte Arkadi ein.
    Als er versuchte, sich umzudrehen, drückte Peter Schiller sein Gesicht gegen das Wagendach. »Er hat mir gesagt, wo ich Ihre Pension finde. Es brannte kein Licht, und so habe ich gewartet und darüber nachgedacht, wie ich mit Ihnen verfahren soll. Es ist offensichtlich, daß Sie sich aufs Geratewohl die Bayern-Franken herausgepickt haben, um Ihre Erpressung in die Wege zu leiten, und es ist auch klar, daß Sie allein arbeiten, um sich während Ihrer Ferien ein paar Mark zu verdienen. Ich habe schon daran gedacht, offiziell, und zwar auch bei Interpol, Protest einzulegen, aber dann muß ich wieder daran denken, wie empfindlich mein Großvater gegenüber allem ist, was die Bank in die Schlagzeilen bringen könnte. Die Bayern-Franken ist eine Handelsbank, sie macht keine Schaltergeschäfte und braucht keine Publicity, am wenigsten solche, wie Sie sie ihr verschaffen könnten. Also habe ich mir überlegt, Sie einfach irgendwo hinzuschaffen und zusammenzuschlagen, bis Sie nicht mehr aufstehen können.«
    »Verstößt das nicht

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