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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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wiederholte immer wieder, daß die internationalen Leitungen besetzt seien. Er versuchte mehrmals durchzukommen, aber vergeblich. Als er bereits aufgeben wollte, fiel sein Blick auf einen Schalter, von dem aus man ein Fax schicken konnte.
    Polina hatte gesagt, sie würde Rudis Faxgerät übernehmen. Am Schalter schrieb er ihre Telefonnummer und die Nachricht auf ein Formular: »Bin auf dem Weg nach Moskau. Wenn Sie ein Bild von Onkel Rudi haben, bringen Sie es bitte mit. Fahren Sie vorsichtig.« Er fügte seine Flugnummer und die Ankunftszeit hinzu und unterzeichnete mit »Arkadi«. Dann bat er um ein Fax-Verzeichnis und schrieb eine zweite Nachricht an Federow in München. »Bin Ihrem Rat gefolgt. Bitte unterrichten Sie Oberstaatsanwalt Rodionow von meiner Rückkehr. Renko.«
    Irina winkte ihn zum Abfertigungsschalter, wo Stas und Schiller einander musterten wie die Vertreter einer jeweils anderen Spezies.
    Schiller ergriff Arkadi am Ärmel und zog ihn beiseite. »Sie können mir das nicht hierlassen.«
    »Ich vertraue Ihnen.«
    »Nach der kurzen Erfahrung, die ich mit Ihnen gemacht habe, wird mich das teuer zu stehen kommen. Was soll ich damit machen?«
    »Hängen Sie es irgendwo bei konstanter Temperatur auf. Stiften Sie es einem Museum, anonym. Nur geben Sie es nicht Ihrem Großvater. Wissen Sie, die Geschichte über Malewitsch war nicht erlogen. Er hat seine Bilder wirklich nach Berlin gebracht, um sie dort zu verwahren. Tun Sie das gleiche.«
    »Mir scheint, Malewitschs Fehler war zurückzugehen. Was ist, wenn Rita in Moskau anruft und sagt, daß Sie ihr das Bild abgenommen haben? Wenn Albow und Gubenko wissen, daß Sie kommen, werden sie auf Sie warten.«
    »Das hoffe ich. Da ich sie nicht finden kann, werden sie mich finden müssen.«
    »Vielleicht sollte ich mitkommen.«
    »Sie sind zu gut. Sie würden sie verschrecken.«
    Schiller zögerte.
    »Das Leben besteht nicht nur aus schnellen Autos und Schußwaffen«, sagte Arkadi. »Das ist endlich einmal eine Aufgabe, die Ihnen gerecht wird.«
    »Man wird Sie schon bei der Ankunft umlegen. Bei Revolutionen werden alte Rechnungen beglichen. Auf eine Leiche mehr oder weniger kommt es dabei nicht an. Hier kann ich Sie wenigstens ins Gefängnis werfen.«
    »Hört sich verlockend an.«
    »Wir können dafür sorgen, daß Sie am Leben bleiben, und versuchen, daß Albow und Gubenko an uns ausgeliefert werden.«
    »In der Sowjetunion ist noch nie jemand mit guten Beziehungen ausgeliefert worden. Und wer weiß, welche Regierung morgen an der Macht ist? Max wird womöglich Finanzminister und Gubenko Sportminister. Außerdem werden Sie froh sein, daß ich weg bin, wenn die Ermittlungen in der Mordsache Ali einen kritischen Punkt erreichen.«
    Ein leiser Gongschlag kündigte den letzten Aufruf ihres Fluges an. »In Deutschland ist stets der Teufel los, wenn Russen auftauchen«, sagte Schiller.
    »Und umgekehrt«, sagte Arkadi.
    »Denken Sie daran: In München ist immer eine Zelle für Sie frei.«
    »Danke.«
    »Seien Sie vorsichtig.«
    Schiller verließ die Schlange der an Bord gehenden Fluggäste, während Arkadi sich Stas und Irina anschloß. Als er sich noch einmal umwandte, sah er Peter Schillers Kopf hoch über der Menschenmenge, immer noch mit einem unentschlossenen Ausdruck auf dem Gesicht. Nach einem letzten Blick wickelte Schiller den Schal fester um das Bild und verschwand.
     
    Die Segeltuchtasche lag im Gepäckfach über den Sitzen. Arkadi saß am Gang, Stas am Fenster, Irina in der Mitte. Als sie abhoben, vertiefte sich der ironische Ausdruck auf Stas’ Zügen. Irina nahm Arkadis Arm. Sie sah erschöpft aus, leer, doch nicht unglücklich. Die drei erinnerten an Flüchtlinge, die so verwirrt waren, daß sie die falsche Richtung genommen hatten.
    Einige der Fluggäste schienen Journalisten und Fotografen zu sein. Sie hatten nur Handgepäck dabei. Niemand wollte zwei Stunden an der Gepäckausgabe warten, während draußen eine Revolution in Gange war.
    »Das Notstandskomitee verkündet als erstes, daß Gorbatschow krank ist«, sagte Stas. »Drei Stunden später bricht einer der Putschisten mit Kreislaufstörungen zusammen. Ein seltsamer Staatsstreich.«
    »Ihr habt keine Visa. Glaubt ihr, daß sie euch überhaupt von Bord lassen?« fragte Arkadi.
    »Ob wohl irgendeiner der Reporter hier ein gültiges Visum hat? Irina und ich haben einen amerikanischen Paß. Wir werden sehen, was passiert, wenn wir ankommen. Das ist die größte Story unseres Lebens. Die können wir

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