Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
Vom Netzwerk:
deutschen Polizei übergeben. Sie hätten in Berlin bleiben können. Weshalb sind Sie zurückgekommen?«
    »Man hätte mich ins Gefängnis gesteckt. Die Polizei hat mich gesucht, nicht Rita.«
    »Das stimmt. Dafür hat Borja gesorgt. Ich bin sicher, daß auch die Tschetschenen gerne wüßten, wo Sie sind. Klug von Ihnen zurückzukommen.«
    »Wo sind Sie?« fragte Arkadi.
    »Wie die Lage nun mal ist«, sagte Max, »möchte ich das nicht unbedingt hinaustrompeten. Offen gestanden, mache ich mir Sorgen um Rodionow und seine Freunde. Ich hoffe, sie sind entschlossen genug, diese Geschichte so schnell wie möglich zu beenden, denn je länger sie warten, desto mehr Blut wird fließen. Ihr Vater hätte die Besetzer des Weißen Hauses längst zusammenschießen lassen, oder?«
    »Ja.«
    »Wenn ich richtig verstanden habe, wollen Sie etwas für das Bild haben. Was?«
    »Ein British-Airways-Ticket nach London und fünfzigtausend Dollar.«
    »So viele Leute wollen die Stadt verlassen. Ich kann Ihnen jeden Betrag in Rubeln geben, aber ausländische Währung ist knapp im Augenblick.«
    »Ich gebe den Hörer zurück an Minin.«
    Nachdem er Minin den Hörer übergeben hatte, nahm Arkadi ein Brotmesser aus einer der Schubladen. Alles, was er tat, wurde von Minin an Max weitergegeben. Arkadi öffnete das Fenster, zog das in Kunststoffolie eingeschlagene Bild aus der Tasche und begann es langsam zu zersägen.
    »Warten Sie«, sagte Minin und reichte Arkadi abermals den Hörer.
    Max lachte. »Ich verstehe. Sie haben gewonnen.«
    »Wo sind Sie?«
    »Minin wird Sie zu mir bringen.«
    »Er kann vor mir herfahren. Ich habe einen Wagen.«
    »Lassen Sie mich noch einmal mit ihm sprechen«, sagte Max.
    Minin lauschte wütend und trug dann den Hörer zurück in die Diele. »Sie brauchen mich nicht zu ihm zu bringen«, sagte Arkadi. »Sagen Sie mir nur, wo er ist.«
    »Heute abend wird ein Ausgangsverbot verhängt. Es ist besser, wenn wir zusammen fahren - falls es Straßensperren gibt.«
    Kim lächelte breit. »Beeilen Sie sich. Ich will so schnell wie möglich zurück und das Mädchen auf dem Roller finden.« Es war das erste Mal, daß er den Mund aufmachte, und was er sagte, war nicht das, was Arkadi hören wollte.
    »Wir haben Polina gesehen«, sagte Minin. Sein Ton war sachlich, aber er konnte eine gewisse Befriedigung nicht verbergen. »Sie sehen beschissen aus, ganz so, als ob man Sie übel in die Mangel genommen hätte. Man hat Sie wohl nicht allzu gut behandelt in Deutschland.«
    »Reisen ist anstrengend«, sagte Arkadi. Während er die Griffe der Tasche von einer Hand in die andere gleiten ließ, zog er sein schmutziges Jackett aus. Sein Hemdrükcken war schwarz von getrocknetem Blut und rot von frischem. Kim sog hörbar die Luft ein. Arkadi nahm ein zerknittertes, aber saubereres Jackett aus dem Schrank. Es war dasselbe, das er auf der Beerdigung getragen hatte. Er griff in die Seitentasche und zog sein Erbstück hervor, den Revolver seines Vaters, die Nagant. Er steckte einen Arm durch den Griff der Segeltuchtasche, öffnete die Trommel und lud sie mit vier Patronen, dick wie Silbernuggets. »Wie oft hab ich es Ihnen schon gesagt. Minin? Durchsuchen Sie nicht nur die Schränke, durchsuchen Sie auch die Kleidungsstücke.«.
     
    Minin und Arkadi warteten auf dem Hof, während Kim zu seinem Motorrad ging. Der Himmel war dunkel. Das Licht der Straßenlaternen ließ das Blau der Kirche im leichten Regen noch blauer erscheinen und überzog die Fenster des Hauses mit einem pastellfarbenen Film.
    Arkadi fragte sich, ob der Hypnotiseur heute wieder im Fernsehen auftreten würde. Er sagte: »Ich habe eine Nachbarin, die meine Post für mich aus dem Briefkasten nimmt und meinen Kühlschrank mit Lebensmitteln versorgt. Ich habe keine Post gesehen, und der Kühlschrank war leer.«
    »Vielleicht wußte sie, daß Sie fort waren.«
    Arkadi ging nicht auf die Bemerkung ein, mit der Minin sich ungewollt verraten hatte. »Sie wohnte unter mir«, sagte er. »Sie hat immer gehört, wenn ich in der Wohnung umherging. Wahrscheinlich hat sie auch Sie gehört.«
    Minins   Gesicht  war  unter   dem   Schatten seiner Hutkrempe nur undeutlich zu erkennen.
    »Warum sagen Sie nicht einfach, daß es Ihnen leid tut?« fragte Arkadi. »Sie hatte ein schwaches Herz. Vielleicht wollten Sie sie gar nicht erschrecken.«
    »Sie ist mir in die Quere gekommen.«
    »Verzeihung?«
    »Sie ist zu weit gegangen. Sie wußte, daß sie krank war. Ich wußte es nicht. Ich

Weitere Kostenlose Bücher