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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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übernehme keine Verantwortung für die Folgen ihrer Handlungsweise.«
    »Sie meinen, daß es Ihnen leid tut?«
    Minin legte den Lauf der Stetschkin auf die Segeltuchtasche über Arkadis Herz. »Ich meine, daß Sie endlich den Mund halten sollen.«
    »Fühlen Sie sich ausgeschlossen?« fragte Arkadi. »Denken Sie, daß ich Sie abhalte, Wichtigeres zu tun? Daß eine Revolution im Gange ist, ohne daß wir dabei sind, Sie und ich?«
    Minin versuchte, still zu sein, aber dann sagte er: »Ich werde da sein, wenn es wirklich losgeht.«
    Kim traf mit dem Motorrad ein und folgte ihnen zu Arkadis Schiguli. Als sie ihn erreicht hatten, nahm Minin auf dem Beifahrersitz Platz. »Ich laß Sie nicht wieder entwischen. Und auf keinen Fall werde ich noch mal mit diesem Irren fahren.«
    Arkadi überlegte. Er war auf Minin angewiesen, wenn er Albow finden wollte. Außerdem hatte er bereits alles aus ihm herausgeholt, was er wissen wollte. »Nehmen Sie die Maschinenpistole in die linke Hand«, sagte er.
    Als Minin seiner Aufforderung folgte, langte Arkadi zu ihm hinüber und sicherte die Stetschkin. Er sagte: »Lassen Sie die Hand dort, wo ich sie sehen kann.«
    Arkadi stellte die Segeltuchtasche neben seinem linken Fuß ab und legte die Nagant auf seinen Schoß.
     
    Sie bogen in die Twerskaja ein. Kim fuhr ihnen auf der mittleren Spur voran. Der Regen hatte die meisten Passanten von den Bürgersteigen vertrieben. Auf dem Puschkin-Platz hatte sich eine Menschenmenge versammelt, die sich anschickte, mit Fahnen in Richtung Parlamentsgebäude zu marschieren. Die meisten in der Menge waren Jugendliche, aber Arkadi sah auch viele, die so alt wie er oder sogar älter waren, Männer und Frauen, die zur Zeit Chruschtschows noch Kinder gewesen waren, die kurzen Segnungen der Reformen erlebt, aber nichts gesagt hatten, als die sowjetischen Panzer durch die Straßen von Prag gerollt waren, und seitdem in Scham lebten. Darin bestand das Wesen der Kollaboration. Schweigen. Sie trugen Wollmützen auf den gelichteten Haaren, aber auf geheimnisvolle Weise hatten sie ihre Stimmen wiedergefunden.
    Auf dem Majakowski-Platz staute sich der Verkehr, da eine Panzerkolonne über den Sadowaje-Ring ebenfalls in Richtung Parlamentsgebäude rollte.
    »Die Taman-Division«, sagte Minin bewundernd. »Das sind die härtesten. Die machen platt, was sich ihnen auf dem Weg zum Parlament entgegenstellt.«
    Aber Moskau war eine so große Bühne, daß die meisten Menschen immer noch nichts von dem Staatsstreich zu bemerken schienen. Liebespaare gingen Hand in Hand ins Kino. Ein Kiosk öffnete seine Läden, und trotz des Regens bildete sich sofort eine Schlange.
    Der Asphalt schimmerte im Licht der Scheinwerfer. Die Twerskaja ging über in den Leningrad-Prospekt, der seinerseits zur Leningrader Chaussee wurde. Kim raste ihnen voran. Bei dieser Geschwindigkeit hatte Arkadi wenigstens nicht zu befürchten, daß Minin auf ihn schoß. »Wir nehmen die Straße zum Flughafen?« sagte er.
    Minin sagte: »Sie verlieren den Anschluß. Ich möchte das Feuerwerk nicht verpassen.«
    Am Tschimki-See wurde es plötzlich ruhiger, Stille im Großstadtverkehr, die Monotonie des auf die Wasserfläche tropfenden Regens. Eine Reihe abgeblendeter Scheinwerfer tauchte vor ihnen auf - weitere, mit Schrittgeschwindigkeit fahrende Panzer. Dahinter der Dunst der Ringstraße.
    Das Motorrad begann, Funken hinter sich herzuziehen. Die Dose, die Arkadi am Auspuff befestigt hatte, enthielt ein Drittel dicht komprimiertes Propangas. Wenn es sich entzündete, wirkte es wie eine Lötlampe. Flammen schlugen an der Plastikverkleidung hoch, schlugen durch die Auslaßöffnungen und über das Hinterrad, als ob sie es wären, die die Suzuki antrieben. Arkadi sah, wie Kim in den Rückspiegel sah, wo er die Flammen zuerst erblickt haben mußte, dann von einer Seite zur anderen und schließlich hinunter, wo die ganze Plastikverkleidung in Brand geraten war, rund um seine Beine und Stiefel. Das Motorrad schwankte von einer Straßenseite zur anderen. Das muß ein Impuls sein, dachte Arkadi, das Feuer zu löschen. Obwohl die Straße einen Ausläufer des Sees überquerte und es keinen Platz zum Abbiegen gab, steuerte Kim auf die Seitenbegrenzung zu.
    »Halten Sie! Halten Sie den Wagen an!« Minin drückte Arkadi den Lauf der Maschinenpistole an den Kopf.
    Das Motorrad kollidierte mit der Seitenführung und überschlug sich wie ein rollender Feuerball. Kim blieb zunächst auf der Maschine sitzen, dann drehte sich die

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