Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
meinst, wir haben in völlig zugedröhntem Zustand miteinander gevögelt.«
»Nenn es, wie du willst.« Sie zeigt sich unempfänglich für meinen Hohn.
»Ich muss gestehen, ich weiß davon nichts mehr. Gar nichts.«
»Ich aber.«
Sie drückt die Zigarette aus, steht auf und geht zur Tür. Sie hat einen schönen Hintern.
»Wie ist Kitty eigentlich umgekommen?«
Meine Worte stoppen sie. Sie bleibt an der Tür stehen, schaut mich über die Schulter hinweg an. Vorwurfsvoll, bitter und eine Spur zu überheblich.
»Selbstmord. Sie hat sich im Tiergarten Friedrichsfelde den Hyänen zum Fraß vorgeworfen.«
ICH
Pater Aurelius mag mich. Er stammt aus Ostfriesland. Bevor er ins Donautal kam, hatte er mehrere Jahre ein zenbuddhistisches Kloster in Japan besucht. Von da brachte er auch die Tradition der Teezeremonie mit, die er an mich weitergeben wollte. Bei Pater Aurelius verschmischten sich die japanische und ostfriesische Teezeremonie zu seiner eigenen. Der Tee seiner Herkunft und die fernöstliche Philosophie formierten sich zu etwas ganz Neuem. Die Heimat und die Fremde vermischten sich zu einem unglaublichen Geschmack. Erzielten eine eigene Wirkung, bei der es nicht nur darum ging, den Alltag abzustreifen. Es ging auch darum, mit dem Tee dem anderen und sich selbst nahezukommen, wie Pater Aurelius mir immer wieder erklärte.
»Der Tee ist wie eine Berührung«, sagte er und zeigte mir, dem Ungeduldigen, nachsichtig und ausdauernd immer wieder seine Kunst des Teezubereitens und -trinkens. Meine Teeschale, Teedose, mein Wasserkessel, Bambuslöffel, Teebesen und das seidene Tuch stammen ebenfalls von ihm. Auch den Tee beziehe ich vom Pater. Harmonie, Respekt, Reinheit und Ruhe sind die vier Säulen, auf denen er köchelt.
»Und Liebe«, sagte Pater Aurelius. »Bedingungslose Liebe.«
Ich erkannte, dass er nicht nur die herkömmliche Nächstenliebe meint – Liebe deinen Nächsten wie dich selbst –, sondern etwas Konkretes, Handfesteres im Sinn hatte. Fast wie nebenbei strich er mir über die Hand, sodass meine Nackenhärchen sich aufrichteten.
»Ich bin immer für Sie da«, sagte er und fragte mich dann, ob ich die Geschichte eines Schülers von Rikyu kenne. Ich verneinte, weil mir weder die Geschichte noch Rikyu selbst ein Begriff waren.
Er begann zu erzählen.
»Ein Schüler von Rikyu fragte einst: ›Was genau sind die wichtigsten Dinge, die bei einer Teezusammenkunft verstanden und beachtet werden müssen?‹ Rikyu antwortete: ›Bereite eine köstliche Schale Tee; lege die Holzkohle so, dass sie das Wasser erhitzt; ordne die Blumen so, wie sie auf dem Feld wachsen; im Sommer rufe ein Gefühl von Kühle, im Winter warme Geborgenheit hervor; bereite alles rechtzeitig vor; stelle dich auf Regen ein, und schenke denen, mit denen du dich zusammenfindest, dein ganzes Herz.‹ Der Schüler war mit dieser Antwort nicht zufrieden, denn er konnte nichts darin finden, was als Geheimnis des Verfahrens hätte bezeichnet werden können. ›Das weiß ich alles‹, sagte er. Worauf Rikyu antwortete: ›Nun, wenn du eine Teezusammenkunft leiten kannst, ohne von einer der Regeln abzuweichen, die ich genannt habe, will ich dein Schüler werden!‹«
Pater Aurelius lächelte mir zu, als wäre er der Meister und ich sein Schüler.
»Bis dahin ist es noch weit«, sagte ich und lächelte zurück.
»Macht nichts«, sagte er. »Ich kann warten.«
SIE
»Es ist mir scheißegal!« Der Speichel sprüht ihm von den Lippen, und sein Gesicht ist so rot wie ihr Kleid. »Das ist dein Problem, verflucht noch mal! Lernt ihr das denn nicht auf der Schauspielschule, verdammte Scheiße?«
So hat sie den Regisseur noch nie erlebt. Bei den Endproben liegen die Nerven blank. Kein Tag, an dem nicht jemand ausflippt. Meistens sind es die Schauspieler, die mit dem wachsenden Druck nicht fertig werden. Diesmal ist es der Regisseur. Und sie ist der Grund.
Er sagt, es sei ihm egal, ob ihre Mutter stürbe, ihr Freund sie verlasse oder sie ihre Tage hätte.
»Scheiß drauf!«, schreit er. »Wenn der Vorhang aufgeht, musst du das alles vergessen. Du musst es vergessen können!« Er packt sie an der Schulter, schüttelt sie. »Ich kann dir bei allem helfen, was auf der Bühne passiert. Mit dem anderen musst du selber klarkommen. Ich bin kein Psychologe.«
Stimmt , denkt sie, du bist ein Arschloch.
»Reiß dich endlich zusammen, Kitty!«
Sie möchte sich zusammenreißen. Sie kann nicht. Sie kann gar nichts mehr außer weinen und sich
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