Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
lass das!, sagte Mama. Ich glaube, sie war eifersüchtig.«
SIE
Sie lebt wie in einem Traum. Alles ist wattiert, rosarot gefärbt, mit Flügeln, die sie hochheben, forttragen, weg aus ihrem Alltag in eine Welt, die ihr bisher fremd war.
Hài! Nur er ist noch in ihrem Kopf. Er ist ihr Kopf, ihr Bauch, ihr Unterleib. Sie masturbiert so viel wie noch nie. Der Gedanke an ihn erregt sie. Sie kann sich auf nichts anderes mehr konzentrieren. Im Theater, während den Proben, schließt sie sich ins Klo ein und befriedigt sich mit schnellen, flinken Bewegungen. Danach riecht sie an ihrer Hand, leckt daran und schmeckt nicht sich, sondern ihn. Hài!
Die Nacht mit ihm läuft als Dauerschleife, immer wieder von Neuem, manchmal in Zeitlupe, manchmal schneller als gewohnt. Anfänglich ist sie schüchtern, kann ihm nicht in die Augen sehen. Ihr Mund ist trocken, die Stimme zittert, als wäre sie eine flackernde Flamme kurz vor dem Erlöschen. Sie erlischt aber nicht. Sie flammt auf. Er feuert sie an mit seinem Charme, seinen Blicken, seinen Komplimenten. Die Cocktails tun ihr Übriges. Sie taut auf. Die Stimme wird fester, der Blick hält stand. Sie legt ihre Schüchternheit ab und flirtet mit ihm, bis er seine Hand auf ihre legt und sie küsst. Es ist kein Kuss, es ist eine Offenbarung für sie. Er ist der Schlüssel in eine andere, verborgene Welt.
Es ist dieselbe, die sie sich früher als Kind immer erträumt hatte, wenn sie sich enttäuscht in ihre Fantasie zurückzog, weil die Welt ihr nicht das bieten konnte, was sie erwartete. Wenn ihre Mutter sich abwendete und Hajo sie zurückwies.
Jetzt scheint der Traum Wirklichkeit zu werden. Sie ist außer sich, kann das Glück nicht fassen, greift mit beiden Händen danach und erhascht Hände, Arme, Haare. Hài!
Sie fühlt sich leicht, unbeschwert. Tagelang. Sie schließt die Augen, streicht über ihren Körper und spürt seinen. Die Brust, den Bauch, den Hintern. Sie will dieses Gefühl bewahren und klammert sich daran fest.
Immer wieder ruft sie ihn an, schlägt Treffen vor. Er ziert sich, zeigt sich reserviert, rettet sich in Ausflüchte. Das Verlangen nach ihm wird größer. Gleichzeitig nimmt die Enttäuschung zu. Ihr Körper reagiert, verändert sich. Ihr ist schlecht. Seit Tagen, Wochen. Sie ahnt, dass in ihr etwas vorgeht, das mit ihm zu tun hat. Der Schwangerschaftstest bringt Klarheit. Sie ist glücklich und traurig zugleich. Sie traut sich nicht, es ihm zu sagen, hat Angst, dass er sie endgültig wegstößt. Sie übergibt sich mehrmals am Tag. Ihr ist übel, auch in der Nacht. Sie schläft kaum noch. Sie fühlt sich schwach, wie ein Häufchen Elend. Ein schwangeres Häufchen Elend.
Dann kommen die Filmpremiere und die anschließende Feier. Sie sucht ihn in der Menge und findet ihn. Da ist er wieder. Hài. Das Bild und ihre Vorstellung sind wieder identisch. Dennoch ist sie abermals gehemmt, schüchtern. Sie hat vergessen, dass die Realität so viel anstrengender ist als die Fantasie.
Sie bringt kaum ein Wort über die Lippen, und wenn, dann nur belanglose. Er wirkt kühl, reserviert, zuletzt ein wenig abweisend. So kommt es ihr zumindest vor. Er redet mehr mit Doreen als mit ihr. Sie steht daneben, als wäre sie nicht da, lacht, wenn sie lachen und weiß nicht, warum. Wieder ist ihr schlecht. Sie geht zur Toilette, übergibt sich. Im Spiegel erschrickt sie über sich selbst. Wie hässlich sie ist, wie wenig begehrenswert. Sie macht sich Vorwürfe. So kann sie ihm nicht mehr unter die Augen treten. So darf er sie nicht sehen. Niemals.
Sie schleicht sich aus der Toilette davon, von der Feier, setzt sich in den Weinbergspark, weint, ist wütend, verflucht sich, ihn, Doreen. Alle.
Am nächsten Tag ruft sie Doreen an, will wissen, wie es war. Doreen ist aufgekratzt, sagt, sie komme vorbei, das lasse sich nicht am Telefon erzählen.
Noch bevor Doreen erzählen kann, erzählt Kitty von sich, von ihrer Liebe und ihrer Sehnsucht. Sie schwärmt von ihm, glaubt, dass sie bald zusammenkommen werden, für immer, ein Paar werden, dass er einfach nur Zeit braucht und sie ihm diese Zeit auch geben …
»Mensch, Kitty, wach auf!«, geht Doreen dazwischen. »Du steigerst dich da in was rein.«
Sie schüttelt den Kopf. »Nein«, sagt sie. »Nein, ich weiß es, ich spüre es, diesmal ist es was ganz Großes. Das kannst du vielleicht gar nicht verstehen.«
Doreen lacht abschätzig.
»Es geht nicht um verstehen, sondern um wissen.«
»Was weißt du denn?«
»Ich weiß, dass
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