Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
hat Doreen mir geschenkt«, sagt Greta, während ich die spanischen Gerichte in dem Buch durchblättere, das auf dem Tisch liegt, und das halb volle Weinglas hinunterstürze wie ein Verdurstender. Ein wohliges Gefühl durchströmt mich. Ich merke, dass ich schon leicht angesäuselt bin.
Während Greta die Teller portioniert, will sie von mir wissen, ob ich mich schon mal gefragt habe, warum man gerade mich als verdeckten Ermittler auf diesen Fall angesetzt hat.
»Ist doch komisch«, sagt Greta, »dass sie dich holen, oder? Als hätten sie nicht genügend eigene Leute.« Sie sieht mich an, als wäre ich gar nicht so besonders, wie ich ihrer Vermutung nach zu sein glaube.
»Also, ich finde das komisch. Sehr komisch sogar.«
»Vielleicht glauben sie, etwas gutmachen zu müssen.«
Sie lacht. »Mensch, Hài, das ist doch kein karikativer Verein. Denen geht es um Verbrechensaufklärung. Das hat nichts mit Nächstenliebe und Barmherzigkeit zu tun.«
Sie hat recht. Aber womit dann? Womöglich hat das auch mit Kitty zu tun. Und ihrem Tod. Vielleicht ist es gar kein Zufall, dass ich hier bin, sondern es steckt etwas ganz anderes dahinter. Nur was? Greta stellt den Teller vor mir auf den Tisch ab.
»Lass es dir schmecken.«
»Danke.« Mir ist der Appetit vergangen. Ich trinke ein weiteres Weinglas leer und fühle mich taub. Während Greta die Hähnchenbrust in sich hineinschlingt, dabei immer wieder »Köstlich, wirklich köstlich« sagt und »Das mache ich jetzt öfters!«, wird mir zunehmend schlechter. Ich stochere in der Orangensoße herum, nehme ein, zwei Bissen von der Hähnchenbrust, entschuldige mich und verschwinde aufs Klo.
Mein Gesicht im Spiegel ist kaum von den Fliesen zu unterscheiden. Blass und ausdruckslos. Ich setze mich auf den Klodeckel, neben den Korb mit der schmutzigen Wäsche, und atme mehrmals tief ein und aus. Ich schwitze, mir wird schwummrig. Ich greife in den Wäschekorb, ziehe ein Unterhemd heraus und rieche daran. Es ist Gretas Geruch. Ich merke, wie ich nicht genug davon bekommen kann, wie er mich erfüllt und geil macht. Ich ziehe mir das Unterhemd über den Kopf, inhaliere den Geruch und halte die Luft an.
In diesem Moment werde ich von Gedanken wie von einer Woge überschwemmt. Ich kann an nichts anderes mehr denken als an Greta. Überall ist Greta, nackt, mit Striemen auf der Haut. Und Doreen. Ebenfalls nackt. Beide ineinander verschlungen mit glitschigen Körpern, nach denen ich wie ein Ertrinkender greife und die ich doch nicht fassen kann. Kurz bevor ich in Ohnmacht zu fallen drohe, klopft es an der Tür.
»Hài?« Es ist Greta. »Alles in Ordnung?«
Ich reiße mir das Unterhemd vom Kopf, schnappe nach Luft.
»Ja.«
ICH
Dr. Wenger hätte sein Jackett anbehalten sollen, dann würden den Zuschauern die Schweißflecken unter den Achseln seines weißen Hemds verborgen bleiben. Er scheint nervös zu sein. Mechthild Gotthoff wirkt unbeteiligt, Kleeberg cool. Alle drei sitzen leicht erhöht an einem Resopaltisch, umgeben von Mikrofonen.
Ich liege fast nackt auf meinem Bett, die eine Hand in der Unterhose, die andere an der Fernbedienung, und starre in die Glotze, als würde ich mir davon eine Art Befriedigung versprechen.
Die Pressekonferenz wird live auf RBB übertragen. Die nachfolgenden Sendungen verschieben sich um dreißig Minuten. Seit bekannt ist, dass das neueste Opfer niemand anderes als der Politiker Hans-Joachim Mühlbauer ist, nimmt der Druck auf die Sonderkommission zu. Die Presse, die Politik, die Öffentlichkeit stellt Fragen, die die Exekutive zu beantworten hat. Dabei redet eigentlich nur Dr. Wenger. Und wie. Er scheint diese Auftritte zu lieben, auch wenn sein Gesicht vor Schweiß glänzt, als wäre er nicht Chef der Kriminaldirektion, sondern Vorarbeiter bei der Druckrohrleitungsverlegung im Hoch- und Tiefbau in der prallen Mittagssonne.
»Wir gehen nach wie vor davon aus, es mit nur einem Täter zu tun zu haben. Womöglich auch mit einer Täterin.« Wenger gibt sich optimistisch. Nachdem einer der Journalisten wissen will, ob es eine ernstzunehmende Spur gäbe, fragt Wenger rhetorisch zurück: »Eine?« Um die Frage dann mit »Eine Vielzahl!« zu beantworten.
Kleeberg erschrickt. Gotthoff schaut noch immer, als ob das Ganze sie nichts anginge.
»Und welche?«
Dr. Wenger gibt sich abgeklärt, zögert, schaut selbstgefällig in die Kamera und sagt dann: »Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass wir das hier und heute nicht offenbaren. Sonst würde unser
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