Das Laecheln Deines Moerders
aufgehört. Und mehr war es auch nicht gewesen. Er hatte ihr keine Versprechungen gemacht und nichts getan, was sie nicht gerne gewollt hätte.
Sehr
gerne gewollt hätte. Nicky abzusagen wäre dagegen hundert Mal schlimmer, denn sie
hatte
ein Versprechen gegeben. »Ich habe Nicky zugesagt, und das hat nichts mit Steven zu tun.«
Sie erwartete, dass Casey irgendeine kluge Bemerkung machte, doch es kam nichts. Casey saß am Tisch und starrte auf die Arbeit, die sie gerade korrigierte.
»Was ist los, Case?«
Casey schaute kurz auf. »Das ist der erste originelle Aufsatz, den ich in die Finger bekomme.«
Jenna zog die Brauen hoch. »Und wo liegt das Problem?«
Casey biss sich auf die Lippen. »Darin, dass der Schüler sich meiner Meinung nach etwas zu sehr mit der Hauptperson des Werkes identifiziert.«
Jenna fiel wieder ein, dass Casey Dostojewskis
Verbrechen und Strafe
durchnahm.
»Momentchen … Hat die Hauptfigur nicht eine alte Frau umgebracht?«
Casey nickte, ohne den Blick von dem Blatt zu lösen. »Weil sie ihm auf die Nerven gegangen ist und er auch mal spüren wollte, wie das ist, wenn man jemandem das Leben nimmt.«
Jenna trat zu Casey. Auch sie war nun beunruhigt. »Und welcher Schüler ist es?«
»Dr. Marshall?«
Die Stimme ließ beide Frauen zusammenfahren, und sie wandten die Köpfe. Officer Pullman stand mit ernster Miene in der Tür.
»Haben Sie was gefunden?«, wollte Jenna wissen.
Pullman zog einen Stuhl vom Tisch. »Setzen Sie sich bitte, Dr. Marshall.«
Ihre Nervenenden kribbelten. »Ich würde lieber stehen bleiben, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
»Hör auf den Mann mit der hübschen Uniform, Jen«, sagte Casey scharf. »Jetzt setz dich endlich auf deinen Hintern.« Casey schnitt Pullman eine Grimasse. »Sie treibt mich in den Wahnsinn. Seit Sie und Ihre Leute angekommen sind, rennt sie hin und her.«
Pullman deutete ein Lächeln an, während sich Jenna mit mürrischer Miene auf den Stuhl fallen ließ. Dann setzte er sich neben sie und zog einen kleinen Notizblock heraus. »Also. Das Tier, das an der Decke hängt, war früher mal eine Beutelratte. Ziemlich wahrscheinlich ist sie platt gefahren worden, und jemand hat sie heute Morgen vom Straßenrand aufgelesen.«
Erleichterung durchströmte sie. Wenigstens hatten diese Kerle kein Tier dafür gequält. »Haben Sie einen Hinweis auf mögliche Täter gefunden?«
Pullman schüttelte den Kopf, ganz wie Jenna es erwartet hatte. »Der oder die Täter haben anscheinend Handschuhe getragen. Aber wie es aussieht, ist das nicht der einzige Ärger, den Sie hatten, seit man die Reifen Ihres Wagens aufgeschlitzt hat, habe ich Recht? Mir sind bei der Untersuchung natürlich die Kunstwerke an der Wand aufgefallen. Heißt das, Ihr Quarterback hat sich bisher noch nicht weiter um seine Note bemüht?«
Jenna zog die Brauen zusammen. »Der Quarterback wartet darauf, dass ich aufgebe.«
»Und da wird der Quarterback verdammt lange warten können«, fügte Casey finster hinzu.
Pullman klappte den Notizblock zu. »Wir haben Fingerabdrücke genommen, aber ich glaube nicht, dass wir etwas Brauchbares finden. In Ihrem Klassenraum gehen zu viele Leute ein und aus.« Er stand auf und sah ernst auf sie herab. »Ich kann Ihnen nur dasselbe sagen wie am Freitagabend: Passen Sie auf sich auf.«
Mittwoch, 5. Oktober, 15.45 Uhr
Harry warf sein Notizbuch auf den Konferenztisch und ließ sich Steven gegenüber auf einen Stuhl fallen. Seine Miene war angewidert. Sandra, die vor allem müde wirkte, ließ sich neben Harry nieder.
»Wir haben den ganzen Tag Typen überprüft, die wegen Sexualdelikten vorbestraft sind«, sagte Harry schaudernd. »Ich brauche eine Dusche.«
Sandra warf ihm einen amüsierten Blick zu. Sie, deren Spezialgebiet Sexualdelikte waren, hatte mit Sicherheit schon Schlimmeres erlebt, und Steven fragte sich nicht zum ersten Mal, wie sie das ertragen konnte. Wenn er die Wahl hätte, würde er
immer
Mordfälle vorziehen. »Komm schon, Harry«, tröstete Sandra ihren Partner jetzt. »Mit der Zeit bildet man eine Teflonbeschichtung aus, an der nichts von dem Unrat hängen bleiben kann.«
Nancy rieb sich mit einer Hand die Stirn, während sie mit der anderen die Lesebrille abnahm. »Und wie lange dauert das? Die Teflonbeschichtung zu entwickeln, meine ich?«
Sandra zuckte die Achseln. »Fünf oder sechs Jahre.«
Steven betrachtete sein Team nachdenklich. »Und was ist mit diesen Dreckskerlen, Sandra? Wie lange dauert es, bis man in der
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