Das Laecheln der Chimaere
Egle ermordet wurden? Wir haben sie nicht. Wer hat sie dann? Hatte der Legionär sie? Ja, wenn er tatsächlich der Maulwurf war. Aber wenn nicht – wer hat sie dann?«
»Als wir nach dem Mord an Teterin die Patronenhülsen nicht fanden, war klar, dass der Mörder die Pistole nicht wegwerfen würde. Der Mord an Egle hat das bestätigt, aber . . . aber ich verstehe nicht, Katja, was uns das jetzt hilft. . . in unserer konkreten Situation«, sagte Kolossow langsam. »Worauf willst du hinaus?«
»Weißt du, als ich neben Philipp im Auto saß, dachte ich die ganze Zeit – ist dieser Fall mit der Schließung des Kasinos und der Verhaftung seines Besitzers eigentlich zu Ende?«
»Er wird zu Ende sein, wenn wir den Mörder haben.«
»Ja, den Mörder. Noch einen Mörder. Und davor habt ihr den Maulwurf gesucht. . . Weißt du, Nikita, ich glaube, diese Geschichte ist doch schon zu Ende. Das Bild ist fertig. Es fehlt nur noch ein Pinselstrich.«
»Was für ein Pinselstrich? Nun sag schon. Sprich aus, was du denkst.«
»Wir haben die Pistolen zusammengezählt. Jetzt zähle ich die Fakten zusammen. Die Fakten im Leben Waleri Saljutows seit dem fünften Januar. Nur möchte ich zuerst erklären, was für mich zum Ausgangspunkt wurde.«
»Nicht nötig, das weiß ich schon«, sagte Kolossow. »Dein Gespräch mit Marina im Fitness-Center.«
»Nun, wenn du das schon weißt, dann lass uns zum Abend des fünften Januar zurückkehren. Als du mir von jenem Abend im Kasino erzählt hast, hast du immer wieder betont, dass der erste Mord ausgerechnet an dem Tag passiert ist, als Saljutow zum Verhör bei der Staatsanwaltschaft vorgeladen war, wegen Milowadse. Und du warst überzeugt, dass zwischen diesen beiden Ereignissen ein Zusammenhang besteht. Aber dieser Tag war für Saljutow auch aus anderem Grunde denkwürdig – es war der vierzigste Todestag seines Sohnes. Das ist unser erster Fakt. Der zweite: An diesem für die Familie so traurigen Tag war Marina zutiefst erschrocken, als sie hörte, dass sich im Kasino, wo alle Saljutows versammelt waren, jemand erschossen habe.«
»Es gab noch einen dritten Fakt, Katja«, warf Kolossow ein, »die Aussage des Portiers Peskow, dass er gesehen hat, wie . . .«
»Nein, warte. In meiner Liste kommt das erst ganz zum Schluss. Der vierte Fakt, Nikita, den ich besonders hervorgehoben habe, ist folgender: Um den Mord an Egle Taurage zu begehen, musste der Mörder erheblich kompliziertere Vorbereitungen treffen als vorher. Er brauchte genau diesen auffälligen dunklen BMW, der alle im › Roten Mohn ‹ und besonders natürlich Saljutow an den Wagen des verunglückten Igor erinnert hat . . .«
Nikita schwieg. Dann sagte er: »Na gut. Und warum rätst du mir, Sokolnikow vorläufig noch nicht anzurufen und die Verhöre aufzuschieben?«
»Weil Verhöre, in welcher Form auch immer, jetzt keine neuen Erkenntnisse mehr bringen«, antwortete Katja. »Das hat etwas mit Fakt Nummer Fünf zu tun: dem Mobiltelefon, das Philipp in der letzten Zeit nicht benutzen wollte. Er hat ja selber keine Anrufe mehr beantwortet, sondern diese Aufgabe seinem Freund übertragen. Nikita, ich glaube, wir brauchen jetzt kein Verhör, sondern ein Gespräch. Ein Gespräch zwischen Vater und Sohn. Und unsere Rolle dabei sollte sich darauf beschränken . . . Ihr habt doch diese speziell ausgerüsteten Büros mit Abhöranlagen. Wenn man es einrichten kann, lasst sie da miteinander reden. Ohne uns, ohne Staatsanwaltschaft. Zumindest versuchen könnte man es doch.«
Katja verstummte. Was würde er darauf sagen?
»Nun gut«, erwiderte Nikita schließlich. »Vielleicht hast du Recht. Ich bin einverstanden. Machen wir ein Experiment. Nur . . . auch er sollte damit einverstanden sein.«
»Philipp?«, fragte Katja rasch und argwöhnisch.
Nikita schüttelte den Kopf: »Sein Vater.«
Waleri Saljutow saß noch auf einem Stuhl in dem Büro, in das man ihn geführt hatte. Ein junger Sergeant bewachte ihn. Im Büro war es heiß. Das Oberlicht war fest geschlossen, das Fenster vergittert. Saljutow hatte seinen Mantel ausgezogen und ordentlich über die Stuhllehne gehängt, sich das Jackett aufgeknöpft und die Krawatte gelockert. Nun saß er da und wartete, was geschehen würde. Aber im Grunde war es ihm schon gar nicht mehr wichtig.
Als Kolossow das Büro betrat, stand er schwerfällig auf.
»Wir werden ein Gutachten über die bei Ihnen beschlagnahmte Pistole anfertigen lassen, Waleri Wiktorowitsch«, sagte Kolossow, »und über
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