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Das Laecheln der Chimaere

Das Laecheln der Chimaere

Titel: Das Laecheln der Chimaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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auf das Geld, und Tränen liefen über ihre Wangen.
    Philipp hatte Mitleid mit ihr. Er kannte Shanna seit vielen Jahren. Sie arbeitete schon lange für seinen Vater, eine Zeit lang hatte sie sogar bei ihnen im Haus gewohnt. Immer war sie freundlich zu ihm und seinem Bruder Igor gewesen. Jetzt fiel ihm wieder ein, dass der Legionär ihn kurz vor Neujahr beiläufig gefragt hatte: Stimmt es, was im Kasino geredet wird? War Shanna wirklich die Geliebte deines Vaters?
    Dem Legionär gefielen Frauen, die älter waren als er selbst. Allerdings nur solche, die sich sorgfältig pflegten und eine Menge Geld verdienten. In Fragen der Moral war er dagegen ausgesprochen tolerant. Philipp war ehrlich erstaunt – was war bloß in seinen Freund gefahren?
    Shanna knüllte die Geldscheine zusammen, steckte sie in ihre Handtasche und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. In der Tasche ihres Pelzmantels klirrten bei jeder Bewegung die Autoschlüssel.
    »Aligarch hat uns eben die frohe Botschaft gebracht, dass der › Mohn ‹ demnächst wieder geöffnet wird«, bemerkte der Legionär. »Das heißt, du wirst in der nächsten Zeit wieder sehr viel zu tun haben.«
    Da schluchzte Shanna auf. Und Philipp dachte: Wenn die Angestellten aus dem »Roten Mohn«, Croupiers, Wachmänner, Kassierer, Kellner, ihren gestrengen Pit-Boss jetzt hätten sehen können – sie hätten ihren Augen nicht getraut und geschworen, das müsse ein Traum sein.

11
    Irgendwann hatte Kolossow mal einen berühmten Regisseur im Fernsehen darüber sprechen hören, dass die Relativität der Zeit nirgends so deutlich sichtbar werde wie in alten Wochenschauen. Er redete von der »verschiedenartigen« Zeit und klagte darüber, wie schwierig die reale Zeit, in der der Regisseur, der Künstler existiert, und die Zeit in alten Filmen, die man als dokumentarisches Material benutzt, manchmal in Einklang zu bringen sind.
    An diese Worte fühlte Nikita sich erinnert, als er sich zusammen mit Kitajew die erste Kassette mit den Videoaufzeichnungen aus dem Kasino ansah und der Security-Chef des »Roten Mohn« das Band kommentierte.
    Im Büro der Kripo und als Gast Kolossows fühlte Kitajew sich ganz in seinem Element, fast wie an seinem eigenen Arbeitsplatz. Er riet Kolossow, sich mit Geduld zu wappnen – sie mussten sechs Kassetten anschauen: So viele Bänder waren nötig gewesen, um jenen endlos langen Abend vor dem Mord zu dokumentieren.
    Aber schon bei den ersten Bildern begriff Nikita: Er hatte sich gründlich geirrt, wenn er damit gerechnet hatte, sich auf diese Weise einen vollständigen Eindruck von den Geschehnissen jenes Abends im »Roten Mohn« machen zu können. Das war kein Film, das waren nur vereinzelte Fetzen – unverständliche Szenen, wo sich Leute hin und her bewegten, gin-en, kamen, spielten, sich unterhielten, Cocktails tranken, lachten und wieder kamen und gingen.
    Die Überwachungskameras nahmen nur auf, was in ihr Gesichtsfeld fiel. Und dieses Feld war leider manchmal sehr begrenzt.
    Auf den Bändern waren Dutzende von Menschen zu sehen, Kitajew zeigte Kolossow die Angestellten des Kasinos – Croupiers, Geschäftsführer, Wachleute, Kassierer, Kellner und Barkeeper. Er beantwortete rasch und sachkundig Kolossows Fragen zur Person – wie lange der Betreffende schon im Kasino arbeitete, was zu seinem Tätigkeitsfeld gehörte, wie gut er seine Aufgabe erfüllte. Bei den Gästen des »Roten Mohn« jedoch tat er sich erheblich schwerer.
    Einen erschöpfenden Eindruck von den Spielsälen, in dieser an jenem Abend leider keinen Blick mehr hatte werfen können, erhielt Kolossow auf diese Weise nicht. Auf dem Bildschirm sah alles schwarz-weiß, winzig, hektisch und irgendwie unsolide aus.
    In der Spielautomatenhalle war die Perspektive besonders ungünstig (die Kamera klebte offenbar an der Decke zwischen den Beleuchtungskörpern): Man sah nur die Scheitel der Gäste und die Abdeckplatten der Automaten. Und im Großen Spielsaal zeigte die Kamera nur immer ein und dieselbe Groß-Aufnahme – den Roulettetisch und die Hände der Spieler.
    Nach einer halben Stunde derartiger Bilder war Nikita klar, dass die Hoffnungen, die er in diese Filme gesetzt hatte, in sich zusammenfielen wie ein Kartenhaus.
    »Wozu brauchen Sie solche Großaufnahmen von diesem Tisch? Man sieht ja weder die Gesichter der Spieler noch die der Croupiers.«
    »Wieso? Da ist zum Beispiel eine Hand mit einem Ring, und da ist das dazugehörige Gesicht. Das Kasino hat an jenem Abend gegen diesen

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