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Das Laecheln der Chimaere

Das Laecheln der Chimaere

Titel: Das Laecheln der Chimaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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feucht hinter den Ohren, der wäre ihr gar nicht gewachsen gewesen, er hatte nicht das entsprechende Temperament. Und Igor liebte seine Frau Marina. Sie ihn allerdings nicht. Sie gab sich auch gar keine Mühe, das zu verbergen. Aus diesem Grund trank er mehr und mehr und wurde allmählich zum Alkoholiker. Und wenn er sich betrank, war er impotent. Das ging bei ihnen schon seit langem so. Es war ein Teufelskreis. Aber dann war Igor gestorben. Sein Ältester, sein Erstgeborener.
    Nein, Egle war mit seinen Söhnen nicht im Bett gewesen, da war sich Saljutow sicher. Und mit ihm war sie auch nie intim gewesen. Und würde es auch nicht mehr sein, weil . . . weil es inzwischen unmöglich war. Der Tod seines Sohnes hatte alles verändert, zunichte gemacht, in seinem »Haus« wie auch bei ihm selber, dem Besitzer. Hier im Kasino tratschten alle, vom Wachmann bis zum Portier, über seine Beziehung zu Egle, aber sie kannten die Wahrheit nicht.
    Er hatte Egle in der Bar des Kasinos gesehen. An diesem Abend hatte Aligarch Pech im Spiel und war dem Kasino viertausend Dollar schuldig geblieben. Bis um fünf Uhr morgens hatte er am Spieltisch ausgeharrt, in der Hoffnung, das Geld zurückzugewinnen, aber er hatte kein Glück. Er trank und schrieb Schuldscheine. Das entsprach den Regeln – Schuldscheine zu schreiben, wenn die Taschen leer waren. Und Kitajew befolgte ebenfalls die Regeln, wenn er ihm sagte, die Schulden müssten binnen drei Tagen zurückgezahlt werden, danach werde das Kasino ihm »den Geldhahn zudrehen«.
    Kitajew war wegen des Geldes nicht übermäßig besorgt, viertausend Dollar waren für den »Roten Mohn« eine Bagatelle. Aber für Aligarch war es eine Katastrophe. Er hatte das Geld dann auch nicht mehr gebracht. Stattdessen kam sie. Egle. Und bat Saljutow, sie zu empfangen. Das war gegen die Regeln – er mischte sich niemals in Geldstreitigkeiten ein. Diese Dinge wurden von Kitajew geregelt, er verstand sich darauf. Aber in diesem Fall übertrat Saljutow seine eigenen Regeln – er bat sie zu sich ins Büro.
    Saljutow erinnerte sich deutlich: Sie musste all ihren Mut zusammennehmen. Man merkte, wie sie sich verzweifelt bemühte, den Eindruck einer Femme fatale auf ihn zu machen, einer Draufgängerin und Herzensbrecherin. Sie sagte irgendetwas, schwatzte drauflos . . . Er aber schaute sie an – diese dichten, flachsblonden Haare, diese blauen Augen, dieser kaum hörbare, kindlich wirkende baltische Akzent.
    Egle flehte ihn an, Gasarow zu schonen. Er antwortete, er würde ihr ja gern entgegenkommen, aber die Kasino-Regeln seien nicht von ihm geschrieben. Und sie . . . sie bemühte sich weiter, die Tapfere zu spielen, versuchte sogar zu scherzen, mit ihm zu flirten. Aber ihre Lippen zitterten, ihre Stimme brach. Er aber sah nur, wie jung sie war – kaum älter als sein Sohn Philipp . . .
    Sie blickte ihn fragend an und sagte dann, sie sei bereit, mit ihm ins Bett zu gehen, so oft er wolle, wenn er dafür Aligarch die Schulden erlasse. Einmal, zweimal, fünfmal, zehnmal – so oft er Lust habe. Sie warf ihm dieses »ins Bett gehen« hin wie einen Fehdehandschuh. Und er hob den Handschuh auf und sagte – fangen wir doch gleich an, hier auf dem Ledersofa – und schloss die Bürotür ab.
    Sie schob die schmalen Träger ihres kurzen Seidenkleidchens von den Schultern (es war Juli, und man konnte die Hitze nur mit einer starken Klimaanlage ertragen), streifte ihr Kleid ab wie einen Strumpf und ließ es auf den Boden fallen. Mit hängendem Kopf stand sie so vor ihm, und purpurne Röte stieg ihr nach und nach in die Wangen, bedeckte Hals und Brust. So erröten nur sehr junge blonde Mädchen und Kinder – flammend wie Mohn. Den Femmes fatales, Draufgängerinnen, Herzensbrecherinnen und Brünetten ist das nicht gegeben.
    Er hob ihr Kleid auf, gab es ihr zurück und sagte ihr, sie solle sich wieder anziehen. Er sagte, in Zukunft solle sie erst gut überlegen, bevor sie eine solche Dummheit mache. Niemand sei es wert, dass man sich derart für ihn aufopfere . . . Dann sagte er noch, sie könne seine Tochter sein, und einem so jungen Mädchen stünde es schlecht zu Gesicht, sich zu benehmen wie eine hartgesottene Hure, die sich für Geld dem ersten Besten anbiete. Egle begann zu weinen und zog sich hastig wieder an. Schluchzend sagte sie, er könne alles mit ihr tun, was er wolle, wenn er nur Gasarow nicht »den Geldhahn zudrehe«.
    Und erst in diesem Augenblick wurde ihm klar, wovor sie sich fürchtete. Weshalb sie sich

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