Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
gegangen bin, ohne zu fragen. Ich hab mir nichts dabei gedacht.“
Stephen war nicht besänftigt. Er machte einen Schritt auf ihn zu, und Robin musste sich zusammenreißen, um vor den eisigen Augen nicht zurückzuweichen.
„Du wirst in Zukunft so lange in diesem Hof bleiben, bis ich meine Runde gemacht habe und dir sage, dass du fertig bist.“
„Ja, Stephen.“
„Du hast das neue Futter in die Krippen getan, ohne sie vorher sauber zu machen! Und die Ställe sehen aus wie verdammte Schweineställe!“
Das tun sie nicht, dachte Robin ärgerlich. Er sagte nichts.
„Du wirst sie jetzt noch in Ordnung bringen. Vor dem Essen.“
„Ja, Stephen.“
„Und hab ich dir nicht gesagt, dass du den Pferden nichts zu fressen geben sollst, was dir Daniel nicht gegeben hat?“
„Nein.“
„Was?“
„Davon hast du mir nichts gesagt. Und es war nur ein Apfel.“
Ein Faustschlag traf ihn ins Gesicht, und er stürzte zu Boden.
„Werd bloß nicht unverschämt, du kleiner Hurenbengel.“
Robin stand auf und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Ein bisschen Blut aus seinem Mundwinkel blieb daran zurück. „Ich habe nur die Wahrheit gesagt. Und meine Mutter war keine Hure.“
Stephen holte wieder aus und traf seine linke Gesichtshälfte. Ich halte mal wieder die andere Wange hin, dachte Robin benommen, während er am Boden lag, und warum ist er so wütend auf mich? Was hab ich denn getan? Er wollte sich aufrichten, als Stephens Stiefel ihn genau in den Magen traf, und er fiel wieder um, krümmte sich zusammen und rang um Atem.
Er spürte einen weiteren Tritt und noch einen, auf die Brust und in die Seite. Sie waren hart und bösartig platziert. Oh Gott, was passiert hier?, dachte Robin angsterfüllt. Immer mehr Tritte prasselten auf ihn ein, überall. Einer traf ihn an der Schläfe, und er hob instinktiv die Arme über den Kopf, um ihn zu schützen, und gab damit seine Brust und seinen Bauch preis. Er hatte die Zähne fest zusammengebissen und weinte stumm. Dicke Tränen quollen unter zugekniffenen Lidern hervor. Und als er dachte, dass er jetzt, im nächsten Moment anfangen würde zu heulen und zu betteln, hörten die Tritte plötzlich auf.
Robin blieb reglos liegen, wagte nicht, sich zu rühren, und lauschte dem keuchenden Atem über ihm. Dann machte Stephen einen Schritt, und Robin wimmerte beinah vor Angst. Aber die Tritte fingen nicht wieder an.
„Tu, was ich dir gesagt habe, Junge.“ Stephens Stimme klang seltsam gepresst. „Und dann geh zum Essen. Beeil dich.“
Robin blieb reglos liegen.
„Junge?“ Eine Hand legte sich plötzlich auf Robins Arm und wollte ihn wegziehen. Die Hand war fast sanft.
Robin riss seinen Arm mit einer heftigen Bewegung los. „Lass mich“, sagte er tonlos. „Ich komm schon. Geh weg.“
Die Hand verschwand von seinem Ärmel, und Schritte entfernten sich.
Als er sicher war, dass er allein war, nahm Robin die Arme vom Gesicht und stand langsam auf. Er musste sich an Argos’ Stalltür hochziehen, und es dauerte eine Weile, bis er gerade stehen konnte. Eine graue Welle von Übelkeit überkam ihn. Er schaffte es bis zur Rückseite des Stalls, fiel auf die Knie und erbrach sich. Wieder geriet er in Atemnot. Als das Würgen endlich nachließ und er aufstand, waren seine Knie weich, und er tastete sich schrittweise die hölzerne Wand entlang.
Eine Weile stand er nur da und atmete. Schließlich wurde ihm besser. Er öffnete die Stalltür, trat ein und begann, die Futterkrippe zu säubern.
Weder beeilte er sich mit seiner Arbeit, noch ging er zum Abendessen. Er hatte keinen Hunger mehr, und er wollte jetzt niemanden sehen. Er war zu durcheinander, und immer, wenn er glaubte, er habe sich beruhigt, fing er wieder an zu weinen. Er konnte nichts dagegen machen. Sehr sorgfältig glättete er Argos’ Strohbett und füllte das restliche Futter zurück in die jetzt saubere Krippe. Dann ging er hinaus, verriegelte die Tür und ging weiter zu Hectors Box. Seine Hände zitterten ein wenig, und sie bewegten sich langsam, wie im Traum. Er konzentrierte sich auf das, was sie taten. Er wollte nicht auf seine Füße sehen, auf die verdammten Stiefel, die ihn mit solchem Übermut erfüllt hatten. Plötzlich war aus diesem Tag, der so gut und so verheißungsvoll begonnen hatte, ein Desaster geworden. All seine Zuversicht war dahin. Er konnte nicht verstehen, was eigentlich geschehen war, was diesen Ausbruch roher Gewalt gegen ihn ausgelöst hatte. Er war ganz und gar verstört.
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