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Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Titel: Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gabl
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Leckerbissen zu beschaffen, er brachte ihm bei, wie man ein Pferd dazu bewegt, sich wie ein Reitkamel hinzuknien oder ein reißendes, unbekanntes Gewässer zu betreten. Und er erzählte ihm die alten Geschichten aus den frühen, ruhmreichen Kriegsjahren, die er aus ihrer Familienbibel kannte und von den langen Winterabenden, an denen sein Vater ihnen manchmal vom Krieg erzählt hatte. Harry bekam nie genug von diesen Geschichten.
    Raymond versuchte, so gut er konnte, Harrys Wildheiten zu zügeln. Mit sehr mäßigem Erfolg. Meistens gelang es dem Jungen, Raymonds wahres Naturell hervorzulocken und ihn zu einem waghalsigen Rennen, einem ungenehmigten Jagdausflug oder irgendeiner anderen Dummheit zu überreden.
    „Und ich Idiot habe mir eingebildet, ich könnte deinen Vater fragen, ob ich am Sonntag frei haben kann. Das hat sich jetzt ja wohl erledigt“, brummte Raymond.
    „Wozu willst du den Sonntag frei haben?“
    „Das kann dir doch völlig gleich sein.“
    „Hm, lass mich nachdenken. Ernestine Holborn, die Zofe meiner Schwestern? Hat sie dich endlich erhört? Oder ist es wieder eine der Mägde?“
    Raymond blieb stehen. „Jetzt hör mal gut zu, du halbe Portion. Erstens: Das geht dich überhaupt nichts an. Zweitens: Ich bringe keine Mägde in Schwierigkeiten, das heißt, ich bringe überhaupt niemanden in Schwierigkeiten, das solltest du dir lieber merken, und drittens: Dafür brauche ich keinen freien Tag.“
    „Sondern wofür?“
    Raymond antwortete nicht. Er hatte Mortimer versprochen, hoch und heilig versprochen , am Sonntag mit ihm zusammen nach Lichfield zu reiten, um dort einen Mann namens Arthur Woodward aufzusuchen, der ein endlos langes Gedicht über diese alte Sache mit König Artus, seiner Guinever und diesem Schwerenöter Lancelot geschrieben hatte. Raymond interessierte sich kein bisschen für Gedichte, aber Mortimer tat es. Genau wie seine Mutter. Er wollte also zu diesem Woodward und herausfinden, was dieser sonst noch geschrieben hatte, aber allein würde er es niemals tun. Also hatte Raymond gesagt, am Sonntag reiten wir zusammen hin. Mortimer war so dankbar gewesen.
    „Ich rede mit meinem Vater“, bot Harry an. „Es war ja nicht deine Schuld, und du hast niemals frei. Er kann nicht ablehnen.“
    Raymond schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein, danke, Kumpel. Ich red schon selbst mit ihm.“
    Harry zuckte die Schultern. Mit seinen Gedanken war er bei einem ganz anderen Thema. „Denkst du, mein Großvater wollte mich nur beruhigen, oder ist mein Vater wirklich in Sicherheit?“
    Raymond war nicht ganz sicher. Er dachte darüber nach. „Ich schätze, dein Großvater hat die Wahrheit gesagt. Warum soll er dir was vormachen? Nicht seine Art, oder? Und du würdest es ja doch rauskriegen.“
    „Hm. Klingt vernünftig.“
    Raymond hörte an der Stimme, dass der Junge immer noch besorgt war. „Harry, der König ist eben manchmal unversöhnlich und grimmig, es kann bestimmt nicht schaden, auf der Hut zu sein. Aber ihr habt Glück, weißt du. Ihr seid das Haus von Lancaster. An euch kann er sich nicht heranwagen.“
    „Und was ist mit euch? Mit dem Haus von Waringham?“
    „Wir nehmen uns in Acht und verstecken uns hinter euch.“
    Harry versuchte, das sorglose Grinsen zu erwidern. Er bewunderte Raymonds sorgloses Grinsen. Er bewunderte alles an Raymond, der sich einfach vor nichts zu fürchten schien. Kein Gaul war ihm zu wild, kein Gegner zu stark, und wenn er sich geirrt hatte und mit dem Gesicht im Dreck landete, dann lachte er. Und Harry mutmaßte, dass es dieses Lachen war, Raymonds Zur-Hölle-damit-Lachen, das die Damen, ganz gleich von welchem Stand, so unwiderstehlich fanden.
    Sie waren im Burghof angekommen. Die Sonne stand schräg, und die Mauer warf lange Schatten auf die zertrampelte Wiese. Edward und die anderen Ritter hatten gute Arbeit geleistet, Henrys Fußsoldaten und Bogenschützen lagerten jetzt in ordentlichen Zelten auf der Westseite des Hofes. Es herrschte Ruhe.
    Raymond steuerte vage in Richtung Pferdestall. Harry hatte manchmal den Eindruck, als gäbe es einen unsichtbaren Strick, an dem Raymond dorthin gezogen wurde. Als sie in das Dämmerlicht und diese seltsame Geruchsmischung von Stroh und Pferd eintauchten, atmeten sie beide tief durch.
    „Raymond?“
    „Hm?“
    „Mal angenommen … nur mal angenommen, mein Großvater und dein Vater irren sich, und der König stellt sich gegen uns. Was wird dann?“
    „Keine Ahnung, Harry. Ich denke, dann haben wir einen

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