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Das Lächeln der Frauen

Das Lächeln der Frauen

Titel: Das Lächeln der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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von
einem jungen Engländer geschrieben worden war und den schönen Titel Das
Lächeln der Frauen trug.
    »Das
wird ihnen gefallen.«
    Ich
hatte genickt und mit hochrotem Kopf nach dem Geld gekramt, und es war mir kaum
gelungen, meine Überraschung zu verbergen, die Monsieur Chagall vielleicht für
einen Anfall übersteigerter Lesevorfreude hielt, als er hinter mir die Ladentür
abschloß.
    Ich
atmete tief durch und blickte die leere Straße hinunter. Mein neuer
Polizistenfreund hatte die Beschattung aufgegeben. Offenbar war die
Wahrscheinlichkeit, daß jemand, der ein Buch kaufte, sich anschließend von
einer Seine-Brücke stürzte, statistisch gesehen sehr gering.
    Doch
das war nicht der Grund meiner Überraschung, aus der bald eine Aufgeregtheit
wurde, die meine Schritte beschleunigte und mich klopfenden Herzens in ein Taxi
einsteigen ließ.
    In
dem Buch, das ich in seiner hübschen orangefarbenen Ummantelung an meine Brust
drückte wie einen kostbaren Schatz, stand gleich auf der ersten Seite ein Satz,
der mich verwirrte, neugierig machte, ja elektrisierte:
    Die
Geschichte, die ich erzählen möchte, beginnt mit einem Lächeln. Sie endet in
einem kleinen Restaurant mit dem verheißungsvollen Namen »Le Temps des
Cerises«, das sich in Saint-Germain-des-Prés befindet, dort, wo das Herz von
Paris schlägt.
     
    Es
sollte die zweite Nacht werden, in der ich kaum schlief. Doch diesmal war es
kein treuloser Geliebter, der mir die Ruhe raubte, sondern - wer hätte das
gedacht von einer Frau, die alles andere war als eine passionierte Leserin -
ein Buch! Ein Buch, das mich von den ersten Sätzen an in seinen Bann zog. Ein
Buch, das manchmal traurig war, und dann wieder so komisch, daß ich laut lachen
mußte. Ein Buch, das wunderschön und rätselhaft zugleich war, denn selbst, wenn
man viele Romane liest, wird man doch selten auf eine Liebesgeschichte stoßen,
in der das eigene kleine Restaurant eine zentrale Rolle spielt und in der die
Heldin in einer Art und Weise beschrieben wird, daß man meint, sich selbst im
Spiegel zu sehen - an einem Tag, wenn man sehr, sehr glücklich ist und alles
gelingt!
    Als
ich nach Hause gekommen war, hatte ich meine feuchten Sachen über die Heizung
gehängt und war in einen frischen weichen Schlafanzug geschlüpft. Ich hatte mir
eine große Kanne Tee gekocht, mir ein paar Sandwiches gemacht und meinen
Anrufbeantworter abgehört. Bernadette hatte dreimal versucht, mich zu
erreichen, und sich dafür entschuldigt, daß sie mit dem »Einfühlungsvermögen
eines Elefanten« auf meinen Gefühlen herumgetrampelt war.
    Ich
mußte lächeln, als ich ihre Ansagen hörte. »Hör mal, Aurelie, wenn du wegen
dieses Idioten traurig sein willst, dann sei traurig, aber bitte sei mir nicht
mehr böse und melde dich, ja? Ich denke so sehr an dich!«
    Mein
Groll war doch schon lange verflogen. Ich stellte das Tablett mit Tee,
Sandwiches und meiner Lieblingstasse auf das Rattan-Tischchen neben das
safrangelbe Sofa, überlegte einen Moment und schickte meiner Freundin dann eine
SMS mit den Worten:
    »Liebe
Bernadette, es ist so schlimm, wenn du recht hast. Willst du am Mittwochmorgen
vorbeikommen? Ich freue mich auf dich und schlafe jetzt. Bises, Aurélie!«
    Das
mit dem Schlafen war natürlich gelogen, sonst aber stimmte alles. Ich holte die
Papiertüte aus der Librairie Capricorne von der Kommode im Flur und
stellte sie vorsichtig neben das Tablett. Ich hatte ein eigenartiges Gefühl, so
als ob ich schon damals gespürt hätte, daß dies meine ganz persönliche
Wundertüte werden sollte.
    Ich
bezähmte meine Neugier noch ein wenig. Erst trank ich den Tee in kleinen
Schlucken, dann aß ich die Sandwiches, schließlich stand ich noch einmal auf
und holte mir meine Wolldecke aus dem Schlafzimmer.
    Es
war so, als wollte ich den Moment, bevor das Eigentliche begann, noch etwas
hinauszögern.
    Und
dann, endlich, wickelte ich das Buch aus dem Papier und schlug es auf.
     
    Würde
ich jetzt behaupten, daß die nächsten Stunden wie im Flug vorübergingen, wäre
das nur die halbe Wahrheit. In Wirklichkeit war ich so in die Geschichte
vertieft, daß ich nicht einmal hätte sagen können, ob eine oder drei oder sechs
Stunden vergangen waren. In dieser Nacht hatte ich jegliches Zeitgefühl
verloren - ich trat in den Roman wie die Helden aus Orphée, diesem alten
Schwarzweiß-Film von Jean Cocteau, den ich als Kind einmal mit meinem Vater
gesehen hatte. Nur daß ich nicht durch einen Spiegel ging, den ich kurz

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