Das Lächeln der Frauen
Witzchen, und die Zuhörer waren begeistert. Ich muß
zugeben, daß ich es selbst nicht besser hätte machen können.
Am
Ende gab es einen Riesenapplaus, ich blickte zu Adam, der mir komplizenhaft
zunickte und seinen Daumen in die Höhe reckte. Monsieur Monsignac klatschte mit
freudiger Miene und sagte dann etwas zu Mademoiselle Mirabeau, die während der
ganzen Lesung an den Lippen des Autors gehangen hatte. Dann kamen die ersten
Fragen aus dem Publikum, die unser Autor mit Bravour meisterte. Als er von
einer attraktiven Blondine aus der fünften Reihe nach seinem neuen Roman
gefragt wurde, wich er allerdings von unserem Plan ab.
»Oh
ja! Naturlich wird es eine neue Roman geben, er ist schon so gut wie
fertig«, sagte er selbstverliebt und vergaß wohl für einen Moment, daß er gar
kein wirklicher Autor war.
»Wovon
handelt Ihr neuer Roman, Monsieur Miller? Spielt er wieder in Paris?«
Der
Autor nickte. »Ja, selbstverständlich! Ich liebe diese schöne Stadt. Und diese Mal
ist meine Held ein inglischer Zahnarzt, der sich auf eine Kongreß verliebt in
eine französische Tänzerin aus dem Moulin Rouge«, fabulierte er.
Ich
räusperte mich warnend. Wahrscheinlich hatte ihm sein gestriger Ausflug ins
Pariser Nachtleben neue Inspiration gegeben.
Miller
sah zu mir herüber. »Well, ich darf noch nikt alles verraten, sonst schimpft
mein editor mit mir und keiner kauft mehr meine neue Büch«, sagte er
geistesgegenwärtig.
Monsieur
Monsignac lachte laut und mit ihm viele andere. Ich rutschte auf meinem Stuhl herum
und versuchte auch zu lächeln. Bisher war alles gut gelaufen, aber allmählich
war es an der Zeit, daß der Zahnarzt zum Schluß kam. Ich stand auf.
»Wieso
haben Sie sich einen Bart wachsen lassen, Mr. Miller? Haben Sie etwas zu verbergen?«
rief da ein vorwitziges Mädchen mit hochgebundenem Pferdeschwanz von ganz
hinten und kicherte dann zusammen mit ihren Freundinnen.
Miller
strich sich über seinen dichten blonden Vollbart. »Nun, Sie sind noch sehr
jong, Mademoiselle«, entgegnete er. »Sonst wußten Sie, daß kein Mann laßt sich
gerne schauen in die Karten. Aber ...«, er machte eine kleine Kunstpause,
»...wenn Sie meinen, ob ich bin beim Secret Service, muss ich Sie leider
enttäuschen. Die Sache ist viel einfacher ... Ich habe eine wunderbare ...«, er
stockte, und ich hielt den Atem an. Er würde doch jetzt nicht von seiner Frau
sprechen? »... eine wunderbare Rasierapparat«, fuhr er fort, und ich atmete
erleichtert weiter. »Und der war eines Tages kapütt.«
Alles
lachte, und ich ging zu Miller hinüber und schüttelte ihm die Hand.
»Das
war ganz großartig, vielen Dank, Robert Miller«, sagte ich laut und wandte mich
zum Publikum, das frenetisch applaudierte. »Wenn keiner mehr eine Frage hat,
wird der Autor nun gerne signieren.«
Der
Applaus verebbte, und die ersten Gäste erhoben sich von ihren Stühlen, um nach
vorne zu kommen, als sich plötzlich eine helle, etwas atemlose Stimme über die
Stuhlreihen hinweg erhob.
»Ich
habe noch eine Frage, bitte«, sagte die Stimme, und mein Herz hörte einen Moment
auf zu schlagen.
Links
an der Seite, gleich in der Nähe des Eingangs stand Mademoiselle Aurélie
Bredin.
Ich
habe in meinem Leben schon viele Lesungen moderiert - in viel größeren und
bedeutenderen Buchhandlungen und mit viel berühmteren Autoren als Robert Miller.
Aber
bei keiner habe ich am Ende so Blut und Wasser geschwitzt wie an diesem Montagabend
in der kleinen Librairie Capricorne.
Aurélie
Bredin stand da, wie aus dem Boden gewachsen, und das Verhängnis kam in einem
dunkelroten Samtkleid und aufgesteckten Haaren unaufhaltsam näher.
»Mr.
Miller, haben Sie sich wirklich in eine Pariserin verliebt - wie der Held in
Ihrem Roman?« fragte sie und ihr Mund verzog sich zu einem feinen Lächeln.
Robert
Miller sah mich einen Augenblick verunsichert an, und ich schloß ergeben die
Augen und gab mich in Gottes Hand.
»Nun
... äh ...« Ich spürte, wie der Zahnarzt ins Schwimmen geriet, als er jetzt
wieder zu der Frau im roten Samtkleid hinüberblickte. »Wie soll ich sagen ...
die Frauen in Paris sind einfach ... so ... unglaublich reizfull ... und da ist
es sehr schwer zu widerstehen ...« Er hatte sich offenbar wieder gefangen und
setzte sein Ich-bin-ein-kleiner-Junge-ich-kann-nichts-dafür-Lächeln auf, bevor
er seinen Satz beendete: »Aber ich furchte, ich muß daruber schweigen - ich bin
Gentleman, you know?«
Er
deutete eine kleine Verbeugung an, und die
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