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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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gesetzt. Zusammen hatten sie eine Weile geschwiegen, bis Paula ihm sagte, dass in der Küche eine Mahlzeit für ihn bereitstand. Sie hatte gekocht, Spaghetti in Napoli-Sauce. Eine Fertiggerichtpackung zwar, aber immerhin eine Portion für zwei Personen. Das Eis schien langsam zu tauen.
    Trevisan hatte Hunger, er hatte den Topf ganz und gar leer gegessen. Anschließend hatte er seinen Bauch betrachtet. Noch sah man nicht, dass er sich bemühte, einige Kilo abzunehmen. In den letzten Tagen hatte der Fall Halbermann seinen ganzen Fitnessplan durcheinander gebracht. Von wegen Jogging, von wegen Squash und Badminton. Ihm fiel ein, dass er am Samstag mit seinem Freund Peter Koch eine Verabredung im Fitness-Center hatte. Aber daraus würde nichts werden. Er rief ihn an und sagte ab.
    Den Rest des Abends hatte er dann weiterhin schweigend neben Paula verbracht. Ein alter Spielfilm war auf dem Kabelkanal gelaufen, ein Film um Herz, Schmerz und Schmalz.
    Eigentlich hasste er diese amerikanische Schinken, aber Paula zuliebe hatte er den Film über sich ergehen lassen. Ein paarmal hatte er daran gedacht, mit ihr zu reden. Ihr zu erzählen, dass er mit dem Jungen gesprochen hatte, dass er ihn zu Unrecht verdächtigt hatte, seine Armbanduhr an sich genommen zu haben, dass eine Sozialarbeiterin bei ihm aufgekreuzt war und mit ihm über Nikolas gesprochen hatte, dass er sich vielleicht geirrt hatte und über das Ziel hinausgeschossen war. Aber er hatte geschwiegen. Dann war Paula zu Bett gegangen. Beiläufig hatte er sie gefragt, was sie am nächsten Tag vorhatte. Sie würden wieder baden gehen. Anja, Nadine, Sandra, die ganze Clique.
    Hatte sie Nikolas Ricken vergessen? Traf sie sich heimlich mit ihm, draußen am Sander See?
    Er fragte nicht danach. Eines nur hatte er ihr noch gesagt, bevor sie zu Bett ging. Er sagte ihr, dass er sie liebte. Eine Antwort war ausgeblieben.
    Er ging zu Bett und schlief unruhig. Halbermann hatte sich in seinen Traum geschlichen, er hielt Paula fest im Arm. Er hatte sie umklammert und drückte sie an sich. Im Hintergrund stand ein alter, grauhaariger Mann mit wehender Mähne und lachte hämisch dazu. Trevisan erwachte. Schweiß rann ihm über die Stirn. Der Traum war erloschen. Doch die Konturen blieben zurück, wie eingemeißelt im Gehirn. Er lag noch wach, als ihn der Wecker um halb sieben aus seiner Qual erlöste.
    Später im Büro hatte er dann mit Dietmar darüber geredet.
    Die Aussage Professor Dahmanns, des ehemaligen Kollegen von Professor Gehlers, hatte zwar einige interessante Neuigkeiten erbracht, aber es waren nur Ansatzpunkte, Fragmente. Sie mit Leben zu füllen, war ihr weiteres Ziel. Wer war dieser komische und senile Professor, von dem Dahmann gesprochen hatte?
    War Halbermann damals in die Fänge neofaschistischer Ideen geraten, hatte er sich darin verirrt, bis ihm das eigene Denkvermögen endgültig abhanden gekommen war? Hatte er von einer längst vergangenen und dunklen Zeit geträumt?
    Alles war von diesem Professor Gehlers ausgegangen.
    Halbermann, Behrends und die anderen hatten ihn umkreist wie Planeten ihre Sonne.
    Trevisan betrachtete die Kopie des Flugblatts. Die Söhne Uthers. Ein Keltenkrieger, der wahre Heldentaten vollbracht hatte. Vor 1500 Jahren, irgendwo im hohen Norden. Sie hatten eine Art Sekte gegründet und verehrten diesen Keltenkrieger wie einen Gott. Konnte ein normal denkender Mensch, dem Geist und Intelligenz in die Wiege gelegt worden waren, auf so einen Schwachsinn hereinfallen? Und intelligent musste Halbermann gewesen sein, schließlich hatte er studiert und einen ausgezeichneten Abschluss gemacht.
    Dietmars Anruf in der Außenstelle der Landesverwaltung hätte Aufschluss bringen sollen, was aus Professor Lars Uwe Gehlers geworden war, doch telefonische Auskünfte waren verweigert worden. Der Verwaltungsbeamte hatte auf das Datenschutzgesetz hingewiesen. Schriftlich oder persönlich, diese beiden Alternativen standen zur Auswahl. Also setzten sich Trevisan und Dietmar in den Wagen und fuhren nach Oldenburg.
     
    Es war die typische Amtsstubenatmosphäre, die Trevisan und Dietmar Petermann empfing. Ein schmuckloses Bürogebäude mitten in der Stadt. Lange Flure in einfallslosen und düsteren Farben. Unzählige Türen, hinter denen die Bürokratie ihre reißfesten Maschen wob, denen niemand entkommen konnte. Im zweiten Stockwerk traf Trevisan unerwartet auf ein anderes Farbspiel: Im Treppenhaus hing ein zu groß geratenes Ölgemälde. Mindestens zwei mal

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