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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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recht, wäre Gehlers inzwischen verstorben oder wäre er umgezogen, dann hätte die Post die Pensionsabrechnungen bestimmt an den Absender zurückgesandt.
    Er erhob sich, während Dietmar noch immer mit seinem Kugelschreiber spielte. »Vielen Dank, Sie haben uns sehr geholfen«, sagte Trevisan und gab Dietmar mit einem Wink zu verstehen, dass es hier keine weiteren Neuigkeiten mehr zu erfahren gab.
    Vor dem Büro schaute ihn Dietmar verwirrt an. »Hätten wir nicht noch …«
    »Der Tag ist noch jung. Wir besuchen jetzt die Psychiatrie.
    Vielleicht kommen wir dort weiter.«
    *
    Ein Anruf bei Frau Jonas, der Haushälterin der Halbermanns, hatte genügt, um zu erfahren, bei welchem Zahnarzt Frau Halbermann in Behandlung gewesen war. Die Haushälterin hatte ihn ihr selbst empfohlen, nachdem sie vor ein paar Monaten unter heftigen Zahnschmerzen gelitten hatte.
    Frau Jonas reagierte mit Erschütterung, als Alex von dem Fund der Frauenleiche in dem Flugzeugwrack vor Wangerooge erzählte. »Oh Gott, die arme Frau …«
    Eine arme Frau – genau das war sie wohl gewesen, nach alldem, was Alex seit seinem Gespräch mit Trevisan über Elisabeth Halbermann, ihre Familie und ihr Leben erfahren hatte.
    Der Zahnarzt hatte ihm mit bleicher Miene gegenübergesessen, als Alex eine Stunde später bei ihm vorgesprochen und den Grund seines Besuches erklärt hatte. Die Arzthelferin hatte sich beeilt, die Unterlagen über Frau Halbermann aus dem Archiv zu suchen. Ihr anfängliches Lächeln war erfroren, nachdem auch sie erfahren hatte, weshalb dieser dunkelhaarige, gut aussehende junge Mann in der Praxis aufgetaucht war.
    Es lag immer der gleiche stumpfe Glanz in den Gesichtern der Menschen, wenn der Tod erbarmungslos zugeschlagen hatte. Menschen, mit denen man sich unterhalten hatte, zu denen man eine Beziehung unterhalten hatte, auch wenn es nur eine entfernte Bekanntschaft gewesen war – gleichgültig ließ es niemanden.
    Anschließend fuhren sie in die Gerichtsmedizin, wo Doktor Mühlbauer auf die beiden wartete. »Es bestehen keine Zweifel«, erklärte er. »Exakt das gleiche Schema, hundertprozentige Übereinstimmung.«
    Alex fuhr sich mit der Hand über das Kinn. »Damit ist es nur noch reine Formsache«, sagte er.
    »Formsache ist gut«, erwiderte Doktor Mühlbauer. »Ich denke, eure Arbeit beginnt jetzt erst richtig. Bei der hohen Dosierung und der Zusammensetzung an Gift in der Gewebeprobe hätte man die Frau gleich dreimal umbringen können.«
    Alex griff nach den Unterlagen. »Ein todsicherer Cocktail also. Vielleicht wollte sie einfach nicht mehr. Nach allem, was passiert ist.«
    Doktor Mühlbauer zuckte mit den Schultern. »Mord oder Selbstmord. Das Zeug ist allerdings nicht leicht zu bekommen. Da muss man schon Beziehungen zu irgendwelchen Spezialisten haben.«
    »Und wo findet man die?«, fragte Alex.
    »Ärzte, Apotheker, Chemiker. Vor allem im Ausland. Holland, England, Dänemark und die skandinavischen Länder sind schon sehr weit, was die aktive Sterbehilfe betrifft.« Doktor Mühlbauer wandte sich zum Gehen.
    Noch immer stand Alex regungslos neben dem Schreibtisch. Seine Stirn lag in Falten.
    »Ist noch was?«, fragte Doktor Mühlbauer.
    »Nicht direkt«, antwortete Alex nachdenklich. »Ich frage mich nur, was es für einen Sinn hat, eine Leiche auf dem Copilotensitz im Flugzeug zu transportieren.«
    »Das müssen Sie schon selbst herausfinden«, antwortete Doktor Mühlbauer.
    *
    Die Hitze des Tages wurde schier unerträglich. Kein Luftzug wehte durch die Straßen. Es mochte wohl der heißeste Tag in den letzten Jahren hier oben im Norden werden. Die Menschen saßen zu Hause oder schwitzten in ihren Büros und Fabriken. Die Straße war menschenleer.
    Ein überforderter Ventilator verteilte die warme Luft bis in jeden Winkel des kleinen und stickigen Büros in Bremen. Die Rollos waren geschlossen, um das Sonnenlicht draußen zu halten.
    Oberkommissar Michalek tupfte sich den Schweiß aus dem Gesicht. »Vor Jahren waren es die Thais, dann kamen die Afrikanerinnen, jetzt sind die Russinnen und der Ostblock dran. Die Albaner machen das Geschäft. Es ist brutaler geworden. Schlägereien, Körperverletzung, Raubüberfälle. Die ganze Romantik ist dahin.«
    Monika Sander lächelte. Michalek hatte eine hohe Stirn und den Rest seiner öligen, schwarzen Haare am Hinterkopf zu einem Zopf gebunden. Ein großer Ohrring zierte das linke Ohrläppchen. Mit dem ungepflegten Dreitagesbart und der Zahnlücke in seinen gelben

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