Das Lächeln der toten Augen
etwas ein.«
»Zuerst verdächtigen Sie mich, an kriminellen Transaktionen beteiligt zu sein, und jetzt wollen Sie meine Hilfe«, sagte Behrends. »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist? Lassen Sie sich einen Termin geben und kommen Sie in mein Büro, dann werde ich sehen, was ich für Sie tun kann.«
Trevisan atmete auf. Das war die Möglichkeit für einen unverdächtigen Rückzug. »Gut, dann werde ich morgen in Ihrem Büro anrufen.«
Er wandte sich ab, um zu gehen, da hielten ihn die Worte des Abgeordneten zurück. »Was ist Ihrer Kollegin passiert?«, fragte Behrends neugierig.
Trevisan drehte sich um. Für einen kurzen Moment verlosch das Licht, doch bei der ersten leichten Bewegung flammten die Scheinwerfer wieder auf. »Sie wurde angeschossen. Ein feiger Anschlag.«
»Haben Sie die Kerle?«
Die Kerle. Nicht den Kerl, sondern die Kerle. Sofort war Trevisan klar, dass Behrends Bescheid wusste. Trevisan war ganz dicht davor, einen Fehler zu begehen, doch er riss sich zusammen und biss sich auf die Lippen. »Wir wissen noch nicht, was dahintersteckt«, antwortete er nach einem Augenblick des Schweigens.
»Rufen Sie gegen zehn Uhr an, da ist bestimmt jemand im Büro«, rief ihm Behrends nach. Trevisan hob die Hand zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Und er hatte besser verstanden, als es Behrends lieb sein konnte.
*
Die Steuerfahnder hatten die Computerdateien durchforstet und ausgewertet. Es war keine leichte Aufgabe gewesen. Jedem Eintrag waren sie nachgegangen, hatten Bankauszüge überprüft und akribisch den Weg des Geldes verfolgt, bis es, endgültig unerreichbar für die deutschen Finanzämter, auf den Holländischen Antillen oder bei der Bank of Honduras verschwand. Über vierzehn Millionen. Das ganze Ausmaß war noch nicht überschaubar, dazu fehlten einige Details, außerdem waren offenbar ein paar Datensätze verloren gegangen. Dennoch würde das Material für eine Verhaftung des Steueranwaltes Elbers und des Industriellen Kranewitt reichen.
Dem Abgeordneten Behrends hingegen war keine direkte Beteiligung nachzuweisen. Vielleicht würde Elbers oder Kranewitt nach ihrer Verhaftung aussagen und damit Behrends mit ins Unglück reißen. Auch der Immobilienmakler aus Leer namens Enno Schleiff war tief in die Sache verstrickt. Der Durchsuchungsbefehl war eine reine Formsache.
Der Steueramtmann hatte nun schon zum zweiten Mal Trevisans Nummer angerufen, doch niemand meldete sich. Auch in der Zentrale wusste niemand, wo sich der Leiter der Wilhelmshavener Mordkommission im Augenblick aufhielt. Der Steuerfahnder blickte auf seine Uhr. Es wurde Zeit. Er nahm den Telefonhörer ab und rief die Nummer des Einsatzleiters an. »Also, legt los.«
Zwei Stunden später wusste er, dass alle Einsatzvorbereitungen vergebens gewesen waren. Weder Kranewitt noch Elbers waren angetroffen worden und in der Firma Schleiff Immo in Leer gab es nur harmlose Akten über Grundstücksverkäufe und Gebäudeverwaltungen. Ein Wandtresor im Büro des Chefs war leergeräumt worden. Und wo sich der Firmeninhaber Enno Schleiff aufhielt, wusste weder die Sekretärin noch die anderen Mitarbeiter. Am gestrigen Abend, als sie die Firma verlassen hatten, war ihr Chef noch im Büro geblieben, weil er noch etwas Wichtiges zu erledigen hatte.
Auch in seiner Wohnung war er nicht.
Der Chef der Steuerfahndung schlug mit der Faust auf seinen Schreibtisch und warf den Telefonhörer zurück auf die Gabel. Sie waren zu spät gekommen.
36
Trotz der späten Stunde war Paula noch wach und hatte auf ihren Vater gewartet. Er erzählte ihr, was sich am Flughafen ereignet hatte. Aus der Schilderung hatte Paula herausgehört, dass sich Trevisan schuldig fühlte. Die Kugel war für ihn bestimmt gewesen und hatte Monika getroffen, deswegen machte er sich Vorwürfe.
Paula hatte ihn umarmt. »Du trägst keine Schuld. Diese gemeinen Verbrecher waren es, die haben geschossen.« Wenngleich es Trevisan auch nur wenig half, so genoss er ihre Umarmung und ihren tröstenden Zuspruch.
Um acht Uhr war er dann wieder ins Krankenhaus gefahren. Die Nacht war gut verlaufen. Monika hatte friedlich geschlafen und ihr Zustand war stabil. Trevisan wartete vor der Intensivstation, als Monikas Ehemann auftauchte.
Richard Sander setzte sich neben Trevisan und streckte ihm die Hand entgegen. »Das gestern tut mir leid«, sagte er leise. »Ich war außer mir.«
Trevisan nickte. Schweigend saßen sie nebeneinander, bis
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