Das Lächeln der toten Augen
dachte an die gestrige Nacht, an seinen Besuch bei Behrends. Er hatte einen Fehler gemacht.
*
Der Donnerstag hatte mit einem kräftigen Gewitter am frühen Morgen Einzug gehalten. Trevisan war gegen vier Uhr wach geworden und hatte aus dem Fenster geblickt. Draußen zuckten grelle Blitze am Himmel und der heftige Wind rüttelte an den Bäumen. Ihn befiel ein flaues Gefühl im Magen, als er an seinen Flug und die kleine, anfällige Maschine dachte. Mit Unbehagen legte er sich wieder in sein Bett. Als es hell wurde und er erwachte, hatte sich das Gewitter verzogen und die Sonne schien. Der Himmel war nahezu wolkenlos und ein lauer Wind blies über das Land. Trevisan atmete auf.
Sie fuhren gegen neun Uhr zum Flugfeld hinaus, der Pilot wartete bereits vor dem Abfertigungsgebäude. Trevisan stieg aus dem Wagen und blickte sich zuerst argwöhnisch um. Wiederum waren nicht mehr als drei Autos auf den Parkplätzen abgestellt.
»Das war eine Aufregung vor zwei Tagen«, begrüßte sie der Pilot. »Ich habe mich schon überall umgeschaut. Habt ihr die Kerle erwischt?«
Diesmal stand kein Flugzeug vor dem Hangar. »Wo ist die Maschine?«, fragte Trevisan.
»Ich habe sie hinter dem Gebäude abgestellt«, antwortete der Mann und wies mit dem Finger auf den großen Backsteinbau. »Ist vielleicht sicherer.«
Aber diesmal blieb es ruhig. Als sie auf das Vorfeld hinaustraten, blieb Trevisan überrascht stehen. Eine stromlinienförmige Maschine in Blau und Weiß, mit zwei Propellern und einem komfortablen Einstieg wartete auf sie.
»Was ist denn mit der Cessna?«, fragte Trevisan.
»Wir fliegen heute erste Klasse«, antwortete der Pilot. »Die Beech ist ein bisschen besser ausgestattet.«
»Ich hoffe, das übersteigt nicht unser Budget«, witzelte Tina.
»Es kostet den gleichen Preis«, sagte der Pilot. »Die Cessna ist in Reparatur. Sie hat beim Start ihre Cockpittür verloren.«
Entsetzt starrte Trevisan den Piloten an.
Der lächelte. »Ach das macht gar nichts. Die Tür hängt nur an einem kleinen Sicherungsbolzen. Wenn man den verliert, dann fliegt sie eben weg. Es zieht danach ein bisschen im Inneren, aber mehr auch nicht.«
Trevisan war nur mäßig beruhigt, als die Beech eine Viertelstunde später dem Himmel entgegenschwebte. Er saß in einem komfortablen Sessel im Fond und bekämpfte das flaue Gefühl im Magen. Tina hatte er den Copilotensitz überlassen. Er wollte gar nicht sehen, in welche Höhen sich die Maschine schraubte.
*
Trevisan hatte einen distinguierten Herrn mittleren Alters mit kurzen Haaren und dunklem Anzug erwartet. Doch der Mann, der in der General Aviation auf ihn und seine Begleiterin wartete, trug eine abgerissene Jeans, ein helles T-Shirt mit einer bunten Blume auf der Brust und abgetragene weiße Turnschuhe. Seine langen blonden Haare hatte er zu einem Zopf zusammengebunden. Trevisan schätze ihn nicht älter als dreißig.
»Hi, ihr seid die Polizisten aus Wilhelmshaven?«, sagte er selbstsicher in akzentfreiem Deutsch. »Ich bin Jan Simac.«
Vor der kleinen Ankunftshalle des Viborger Flugplatzes stand ein alter, verbeulter Wagen. Der einstmals schwarz glänzende Lack war stumpf. Ein alter Volvo aus den späten Sechzigern. Trevisan zögerte.
Jan Simac lächelte. »Ich hoffe, Sie sind nicht enttäuscht, wahrscheinlich dachten Sie, ich würde eine Soutane tragen?«, fragte er, den Blick auf Tina gerichtet.
Trevisan räusperte sich. »Ehrlich gesagt, ja …«
»Gut, ich bin bestimmt nicht der Prototyp eines Kirchenmannes«, fiel ihm Simac ins Wort und setzte sich hinter das Steuer, »aber mein Aussehen hat mir schon mehr geholfen als geschadet. Und keine Angst, die Karre ist gut in Schuss.«
Simac steuerte den Wagen auf die schmale Landstraße. Die Fahrt führte durch Wälder, an Wiesen vorbei, immer weiter in die Einsamkeit. In einem Wäldchen bog Simac in einen schmalen Feldweg ein. Borghold stand auf einem hölzernen Schild.
»Wohin fahren wir?«, fragte Trevisan, nachdem der Wagen über den schlechten Weg durch tiefe Löcher geholpert war.
»Zu meinem Haus, da können wir reden«, antwortete Simac. Schließlich kamen sie auf eine breite Lichtung mitten im Tannen und Kiefernforst. Ein Blockhaus stand im grünen Gras. Auf Trevisan wirkte es wie eine Pionierfarm aus den Anfängen des Wilden Westens.
Zwei riesige, schwarze Hunde stürzten auf den Volvo zu. Trevisan blieb regungslos sitzen, während Simac ausstieg und seine vierbeinigen Freunde begrüßte. »Das sind Flic und Flac, sie
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