Das Lächeln der toten Augen
sehen gefährlich aus, sind aber absolut harmlos.«
Schließlich öffnete Trevisan vorsichtig die Beifahrertür. Sofort sprang eine der Doggen auf den Wagen zu. Neugierig wartete der Hund, bis Trevisan langsam und bedächtig, einen Fuß nach dem anderen, wie in Zeitlupe ausgestiegen war. Dann kam der schwarze Riese näher und schnüffelte.
»Nur keine Angst«, sagte Simac. »Wenn er Ihren Duft erst einmal eingefangen hat und merkt, dass Sie ein Freund sind, dann trollt er sich wieder.«
»Und wenn nicht?«
»Ich habe Verbandszeug im Haus«, scherzte Simac.
Eine Viertelstunde später ließ sich Trevisan auf dem kleinen, roten Sofa nieder, das mitten in dem geräumigen Zimmer stand. Es war der einzige Raum im Untergeschoss. Eine steile Stiege führte nach oben.
»Sie müssen sich mit Ihrer schönen Begleiterin ein Bett teilen«, sagte Simac.
»Ich nehme die Couch, wenn es recht ist«, antwortete Trevisan.
»Dann werde ich wohl bei Ihrer Kollegin schlafen müssen«, konterte der Däne. »Ich habe nur zwei Zimmer, aber dafür ist es hier draußen schön ruhig und friedlich.«
Simac ging nach draußen, um selbst hergestellten Waldbeerensaft zu holen. Dann verschwand er in der Küche und bereitete einen Eintopf zu. Tina und Trevisan warteten ungeduldig auf ihn. Trevisan flüsterte ihr zu, dass er nicht viel von dem komischen Vogel erwartete. Doch Simac schien zu hören wie ein Luchs.
»Wir reden, wenn unsere Bäuche gefüllt sind«, rief er. »Da fällt es viel leichter. Sie werden sehen, dass sich Ihre Reise lohnt.«
»Sie sind wohl gerne in der Einsamkeit«, antwortete Trevisan. Doch Simac kochte unbeirrt weiter und pfiff ein fröhliches Liedchen vor sich hin.
Nach dem vorzüglichen Essen drehte sich der Däne fingerfertig eine Zigarette, nahm drei, vier tiefe Züge und lehnte sich gemütlich zurück. »Also, dann erzählen Sie mal.«
Trevisan holte ein paar Klarsichthüllen aus seiner Reisetasche und reichte sie Simac. Der Däne musterte jedes Papier mit solch einer Ruhe, dass Trevisan ungeduldig mit seinen Fingern auf dem Oberschenkel trommelte. Die Miene des jungen Mannes verriet nichts. Stoisch fixierte er die Unterlagen, als wolle er jede Einzelheit in sich aufsaugen.
Plötzlich warf Simac die Dokumente auf den Tisch und erhob sich. Aus einer Kommode, über der ein Ölgemälde vier Rosen in einer Vase gefangen hielt, zog er eine Dokumentenmappe hervor. Er reichte sie Trevisan.
Aufmerksam blätterte Trevisan in der Mappe. Sein Atem stockte, als er die Bilder der drei Mädchen fand, von denen Lesch damals gesprochen hatte. Maria Souza da Marques war das Mädchen auf der rechten Bildseite. Sie lag am Boden und starrte mit ihren weit geöffneten Augen in die Kamera. Trevisan erkannte sie sofort. Maria war tot. Trevisan reichte den Ordner an Tina weiter.
»Mats Lundgren aus Hjørring«, sagte Simac in die lastende Stille.
»Wie bitte?«, fragte Trevisan.
»Der Kopf. Es ist der Kopf von Mats Lundgren. Ein ehemaliger Kollege von Ihnen. Das Polizeiamt in Hjørring war seine Dienststelle. Er bearbeitete damals den Suizid der Mädchen – die Ermittlungen erbrachten keine Anhaltspunkte auf eine Fremdbeteiligung. Schließlich stellte der zuständige Ermittlungsrichter das Verfahren ein. Der Tod der drei wurde als ritueller Selbstmord eingestuft. Mats war aber überzeugt, dass jemand dafür verantwortlich war. Ein paar Monate später wurde er pensioniert und versuchte auf eigene Faust an dem Fall weiterzuarbeiten. Er ist damals zu unserer Organisation gekommen. Wir unterhalten eine Beratungsstelle für Sektenopfer in Viborg. Er und ich haben zusammengearbeitet. Im Frühjahr machte er Urlaub. Er war ein begeisterter Segler und machte einen Segeltörn. Seine Frau begleitete ihn. Er ist nie zurückgekommen.«
»Ich habe das Bild des Kopfes nach Esbjerg geschickt«, warf Tina ein. »Es gab offenbar keine Vermisstenmeldung.«
»Doch, es lag eine vor«, erklärte Simac. »Aber im Juli wurde die Yacht vor den Nordfriesischen Inseln geborgen. Sie war leckgeschlagen und wohl Wochen zuvor in schwerer See gesunken. Wer zur See fährt, weiß, was das bedeutet. Die Lundgrens wurden für tot erklärt und der Fall abgeschlossen.«
Trevisan nickte. »Was können Sie mir über die Machenschaften dieser ominösen Sekte berichten?«
Simac griff erneut zu seinem Tabak. »Wir waren ganz dicht an ihnen dran. Damals in Hjørring. Aber sie sind spurlos verschwunden. Sie haben alle Hinweise vernichtet. Wir vermuteten, dass sie
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