Das Lächeln der toten Augen
schließlich eine Schwester erschien. Monika war erwacht.
»Nur fünf Minuten«, sagte die Schwester und ließ sie in den kleinen Vorraum des Aufwachzimmers. Dort mussten sie einen grünen Mantel überziehen und ihre Schuhe gegen Krankenhauspantoffeln tauschen.
Schläuche und Kabel führten zu den vielen Apparaturen, die neben und über Monikas Bett aufgebaut waren. Ein grüner Punkt sprang hektisch auf dem Display eines Monitors auf und ab. Jedes Mal, wenn er den höchsten Punkt erreichte, gab es einen melodischen Piepton.
Richard Sander beugte sich zu Monika hinab und ergriff ihre Hand, während sich Trevisan im Hintergrund hielt. Er wollte die beiden nicht stören. Monikas trüber Blick strich über die Wand. Dann sah sie Trevisan. Für einen Augenblick schien es, als wolle sie sich aufrichten.
»Habt ihr den Kerl?«, fragte sie mit brüchiger Stimme.
Trevisan nickte.
Erleichtert ließ sie sich im Bett zurücksinken. »Ich habe Durst.«
Richard Sander griff nach einem Becher, der auf dem Nachttisch stand.
»Wie geht es dir?«, fragte Trevisan leise.
Monika trank einen Schluck. Dann griff sie sich an die rechte Seite. »Da drinnen hämmert und pocht es, aber sonst …«
»Hast du schlimme Schmerzen?«, fragte Richard Sander beunruhigt.
Monika Sander schüttelte den Kopf.
»Meine Herren, das reicht für heute«, meldete sich die Schwester zu Wort. »Sie braucht noch viel Ruhe. Morgen können Sie noch mal nach ihr schauen und nächste Woche, wenn alles ohne Komplikationen verläuft, verlegen wir sie schon auf die Station.«
Eine Stunde später, nachdem er ein längeres Gespräch mit dem behandelnden Arzt geführt hatte, fuhr Trevisan in die Dienststelle. Gespannte Gesichter erwarteten ihn. Dietmar, Alex, Tina, Kriminaloberrat Beck und selbst die Direktorin erkundigten sich nach Monikas Zustand.
Trevisan war froh, als er endlich die Tür seines Büros hinter sich schließen konnte. Mit einem Seufzer ließ er sich auf die Couch in der Ecke fallen. Doch kaum hatte er sich gesetzt, klopfte es erneut. Das entnervte »Herein« ging im Knarren der Tür unter. Kleinschmidt stürzte in das Zimmer. Verblüfft blieb er stehen, als er den verwaisten Schreibtisch sah. Gerade wollte er das Zimmer wieder verlassen, als er Trevisan auf der Couch in der Ecke sitzen sah.
»Es geht ihr gut«, sagte Trevisan. »Sie wird wieder ganz gesund.«
»Häh?«
»Monika«, erklärte Trevisan.
»Weiß ich doch«, erwiderte Kleinschmidt. »Ich habe schon auf dich gewartet. Das BKA hat uns einige interessante Neuigkeiten mitgeteilt. Zuerst einmal zum Russen. Er heißt Fjodor Romanow, stammt aus Omsk und ist ein Überbleibsel der Roten Armee. Eigentlich liegt eine gültige Ausweisung gegen ihn vor. Außerdem gibt es mehrere Haftbefehle aus Rostock, Berlin und Kiel. Er war ein Schläger und trieb sich vorwiegend im Rotlichtmilieu herum.«
Trevisan stand auf und umrundete seinen Schreibtisch. »Und der andere?«
»Der Däne ist da schon ein größeres Kaliber«, antwortete Kleinschmidt. »Er heißt in Wirklichkeit Sigurd Janson und stammt aus Roskilde. Die dänische Polizei sucht ihn wegen zweifachen Mordes. Aber auch bei uns liegen einige Fahndungsnotierungen gegen ihn vor. Er benutzte meist falsche Namen. Er wird gesucht wegen Menschenhandel, Förderung der Prostitution, Vergewaltigung, Raub, und so weiter. Er hatte ein ganz schönes Strafregister beieinander.«
»Wen hat er denn in Dänemark umgebracht?«, fragte Trevisan interessiert.
Kleinschmidt faltete den Bogen Papier auseinander, den er in den Händen hielt. »Die Kriminalpolizei in Kopenhagen sucht ihn wegen Mordes an einer Prostituierten und die Kripo in Hjørring bearbeitet einen Fall, bei dem ein Priester umgebracht wurde.«
Trevisan saß in seinem Büro und studierte die Fahndungsauszüge, die ihm Kleinschmidt mitgebracht hatte. Der Mordfall an dem Priester in Hjørring passte genau ins Bild, möglicherweise gelang es sogar, einen Bezug zu ihrem Fall herzustellen.
Auf dem Weg zu Tina begegnete ihm Dietmar Petermann auf dem Gang. »Die Steuerfahndung hat den ganzen Morgen versucht, dich zu erreichen«, sagte er vorwurfsvoll. »Aber du warst ja nicht da und das Handy war auch abgeschaltet.«
»Ich war bei Monika, wie du weißt«, erwiderte Trevisan verschnupft.
»Elbers und Kranewitt sind ausgeflogen. Die Büros wurden offensichtlich zuvor ausgeräumt. Wir kamen zu spät.«
»Und Behrends?«
»Da reichen die Beweise nicht aus«, erklärte Dietmar.
Trevisan
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