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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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rechten Wohnung des Obergeschosses. Noch waren die Rollläden geschlossen.
    Ein mulmiges Gefühl beschlich ihn, als er klingelte. Wie würde Mike Landers’ Mutter reagieren?
    Nichts geschah. Trevisan drückte noch einmal auf den kleinen schwarzen Knopf. Länger diesmal als zuvor.
    »Sie schläft wohl noch«, sagte Monika.
    »Vielleicht arbeitet sie Schicht«, erwiderte Trevisan.
    Die Sprechanlage knackte, und er hörte ein krächzendes »Ja, bitte«.
    Trevisan schluckte. »Frau Landers?«
    »Ja, wer sind Sie?«
    »Ähm, mein Name ist Trevisan. Ich müsste dringend mit Ihnen sprechen«, erwiderte er mit brüchiger Stimme.
    »Weshalb? Ich wüsste nicht, dass wir uns kennen.«
    »Ich bin von der Polizei. Würden Sie bitte öffnen?« Trevisan hasste es, wenn er sich über ein kleines Mikrofon mit jemandem unterhalten musste, dem er nicht ins Gesicht blicken konnte.
    »Einen Augenblick bitte.« Ein erneutes Knacken verriet, dass die Frau den Hörer aufgelegt hatte. Wenige Sekunden später schnarrte der elektrische Türöffner.
     
    Trevisan zählte die Stufen. Fünf bis zu den Wohnungen im Erdgeschoss. Weitere sieben Treppenstufen bis zur Kehre und noch mal sieben bis in den zweiten Stock. Monika Sander folgte ihm. Als Trevisan um die Ecke bog, sah er die Frau, die bleich und mit wirren, langen Haaren am Geländer stand und ihn mit großen Augen musterte. Sie trug einen dunkelblauen Morgenmantel und hatte die Hände auf das Geländer gelegt. Sie war barfuß.
    »Was … was ist passiert?«, fragte sie unsicher.
    Sie mochte wohl Mitte dreißig sein und hatte ein schönes Gesicht. Obwohl ihr die Müdigkeit deutlich anzusehen war, wirkte sie gepflegt.
    Trevisan trat vor sie hin und zeigte seinen Dienstausweis. »Das ist meine Kollegin Monika Sander.«
    Die Frau hatte keinen Blick für Trevisans Begleiterin. Ihre Augen hafteten auf Trevisan.
    »Ist etwas … passiert?«, wiederholte sie schüchtern.
    »Es tut mir leid«, erwiderte Trevisan.
    Plötzlich fuhr die Frau herum und rannte in ihre Wohnung. »Mike … Mike, wo bist du …«
    Trevisan hörte das Knallen von Türen. Dann folgte ein herzzerreißender Schrei. Er war sich einen Augenblick lang nicht sicher, was er tun sollte, dann folgte er der Frau in die Wohnung. Monika Sander ging hinter ihm her.
    Teresa Landers kniete vor dem Jugendzimmer auf dem Boden und hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen. Sie schluchzte laut.
    Trevisan kniete sich daneben und legte den Arm um sie. »Sollen wir einen Arzt rufen?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Ich hab es gewusst. Ich wusste es …«
    Es dauerte eine ganze Weile, bis sich die Frau beruhigte. Als sie sich aufrichtete, strauchelte sie. Geistesgegenwärtig griff Trevisan zu. Schließlich führte er sie in das Wohnzimmer. Sie ließ sich auf die Couch sinken und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
    »Was ist passiert?«, fragte Teresa Landers mit tränenerstickter Stimme.
    »Es tut mir leid, Ihr Sohn ist in der vergangenen Nacht verunglückt.« Trevisan versuchte, seine Stimme fest und sicher wirken zu lassen, doch es gelang ihm nur mäßig.
    Teresa Landers brach von Weinkrämpfen geschüttelt zusammen.
    »Es ist besser, wir rufen einen Arzt«, sagte Monika heiser.
    *
    Es war fünf nach acht, als Till Schreier und Tina Harloff ihren Dienstwagen auf dem Parkplatz des Cäcilien-Gymnasiums parkten. Unzählige Schüler liefen über den großen Platz und strebten auf die dunkle Öffnung im tristen Grau des Gebäudes zu. Einer nach dem anderen tauchte darin ein und wurde von der Finsternis verschlungen. Der Platz leerte sich schnell.
    Sie verschlossen den Wagen und folgten dem Strom der Schüler. Die Neonröhren erleuchteten das Haus nur leidlich und es roch nach abgestandener Luft und Putzmittel.
    »Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich hier zur Schule ging«, sagte Tina gedankenverloren. »Es hat sich nicht viel verändert.«
    »Das ist gut, dann weißt du ja, wo wir hinmüssen.«
    Zielstrebig hielt Tina auf die Treppe zu. »Das Büro des Rektors ist im ersten Stock.«
    Sekretariat stand in weißen Buchstaben auf der geschlossenen Tür. Till klopfte an und öffnete. Eine ältliche blonde Frau saß hinter einen Schreibtisch und blickte verwundert auf. »Ich kann mich nicht erinnern, ›Herein‹ gesagt zu haben«, sagte sie spitz.
    »Oh, Entschuldigung, da habe ich mich wohl verhört«, antwortete Till mit gespielter Freundlichkeit.
    »Nun kommen Sie schon rein«, entgegnete die Sekretärin. Till warf Tina einen

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