Das Lächeln der toten Augen
Freunde. Meinen Sie, dass ihr Tod vielleicht zusammenhängt?«
Till Schreier warf Tina einen vielsagenden Blick zu.
»Wie kommen Sie darauf, dass der Tod der beiden Jungen zusammenhängen könnte?«, fragte Tina den Direktor.
»Ich selbst unterrichte Latein und Englisch in der Klasse und kenne die Jungs. Die beiden saßen zusammen in einer Bank und waren dicke Freunde. Da liegt der Verdacht doch nahe.«
»Haben Sie in der letzten Zeit eine Veränderung bei den Jungs bemerkt?«, schob Till seine Frage nach.
Der Direktor schaute den schweigenden Klassenlehrer fragend an. Der räusperte sich und stupste mit dem Finger seine Goldrandbrille zurück auf die Nase. »Natürlich hingen die beiden ständig zusammen. Mike ist seit Montag dem Unterricht ferngeblieben. Ihn hat Svens Tod stark mitgenommen. Seine Mutter hatte ihn für den Tag entschuldigt, aber ich dachte, er käme heute wieder zum Unterricht.«
»Gab es denn bei Sven Halbermann eine ungewöhnliche Veränderung?«
»Na, also, wissen Sie«, erwiderte der Klassenlehrer zögernd. »Wenn ich es mir recht überlege, dann war Sven in den letzten Tagen schon anders, aber ich konnte doch nicht ahnen, dass er sich etwas antut. Sven war immer ein recht lustiger und lebensbejahender Mensch. Er nahm rege am Unterricht teil und seine schulischen Leistungen waren herausragend. Mike Landers hat oftmals davon profitiert. Die letzten Wochen erschien der junge Halbermann allerdings recht nervös und unkonzentriert. Er kam mir teilweise auch übernächtigt vor. Was vor gut einem halben Jahr schon einmal der Fall war. Drastischer damals. Ich habe dann mit seinem Vater gesprochen. Danach hatte sich sein Verhalten wieder stabilisiert. Aber bei Gott, ich habe der Sache keine große Bedeutung beigemessen. Es hielt sich im Rahmen. Bei jungen Menschen gibt es oft solche Phasen. Ich hätte nie damit gerechnet, dass sich Sven Halbermann umbringt. Meinen Sie, dass sich Mike Landers ebenfalls selbst getötet hat?«
Till Schreier wunderte sich über den langen Vortrag des anfangs so wortkargen Mannes. Er machte sich ein paar Notizen. Dann blickte er wieder auf. »Gibt es noch andere enge Freunde in der Klasse, die vielleicht etwas über Mike Landers sagen können?«
Der Klassenlehrer überlegte kurz. »Ja, da sind noch Jochen und Luisa. Sie waren sozusagen eine Clique und hingen eigentlich immer irgendwie zusammen. Ich glaube sogar, dass Mike und Luisa eine enge Freundschaft verband. Aber das ist, wie gesagt, meine persönliche Einschätzung.«
Till fragte nach den Nachnamen der beiden und ob er mit ihnen sprechen könne.
»Wenn Sie bis zur Pause warten, wären wir sehr dankbar«, mischte sich der Direktor ein. »Wir bringen die beiden dann hier in das Konferenzzimmer. Dort können Sie ungestört mit ihnen reden.«
Till Schreier stimmte zu. Es war kurz nach neun Uhr.
*
Trevisan hatte mit Monika Sander das Zimmer von Mike Landers noch einmal gründlich unter die Lupe genommen. Sie hatten den Schreibtisch durchsucht, in der Kommode und dem Kleiderschrank nachgeschaut und sogar die leeren CD-Hüllen überprüft, die neben dem Schreibtisch auf dem Computer lagen.
Das Einzige, was sie im Schrank zwischen der Unterwäsche versteckt auffanden, war ein kleiner Schlüssel mit einer Registriernummer. Zweifellos gehörte er zu einem Wertfach.
Einen Hinweis darauf, woher er stammte, gab es nicht.
Trevisan schob ihn in die Jackentasche, während sich Monika Sander mit der Nachbarin unterhielt.
Dann schaltete er den Computer ein. Nachdem sich der Startschirm aufgebaut hatte, erschien ein blauer Hintergrund. Trevisan zog sich den Bürostuhl heran, doch noch bevor er sich setzte, öffnete sich ein Dialogfeld, das nach einem Passwort verlangte.
Trevisan fluchte leise.
13
Kaltes Neonlicht durchflutete den nüchternen Raum und brach sich in den weißen Kacheln der deckenhoch gefliesten Wand. Ein süßlicher Hauch durchzog die Luft, doch es war kein angenehmer Duft. Penetrant wirkte er auf die Geruchsrezeptoren. Dietmar Petermann schluckte, als er über die Schultern des Pathologen Doktor Mühlbauer einen flüchtigen Blick auf den blutigen Körper auf dem Seziertisch warf. Die Kopfhaut des Toten war in der Mitte geteilt und vom Schädel gezogen. Mit einer feingliedrigen Säge machte sich Doktor Mühlbauers Gehilfe am Schädelknochen zu schaffen. Das Geräusch verstärkte das bedrückende Gefühl, das Dietmar empfand. Aus seinem Gesicht war bereits alle Farbe gewichen.
»Es wird sich wohl nicht
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