Das Lächeln der toten Augen
Interessen.«
»Am letzten Donnerstag hatte Simon Halbermann eine besondere Fracht an Bord«, sagte Dietmar. »Er brachte seinen Sohn zur letzten Ruhestätte. Wissen Sie, wo die Asche des Jungen beerdigt wurde?«
»Davon weiß ich nichts.«
»Aber Sie wissen vom Tod seines Sohnes?«, fragte Trevisan.
Der Mann nickte. »Eine schreckliche Sache, das mit Sven. Ich kannte ihn schon, als er noch in die Windeln machte. Und nun das. Es muss ein schwerer Schlag für Simon Halbermann und vor allem für seine Frau gewesen sein.«
»Ist er eigentlich immer alleine geflogen oder war er auch manchmal in Begleitung?«
Trevisans Frage wurde vom Klingeln des Telefons unterbrochen. Er wartete geduldig, bis der Glatzköpfige das Gespräch beendet hatte und sich wieder seinen Gästen zuwandte. »Wie war Ihre Frage noch?«
»War Halbermann immer alleine …«
»Ach so, ja«, fiel ihm der Kahlköpfige ins Wort. »Meist begleitete ihn seine Frau und manchmal auch sein Sohn.«
»Sonst niemand?«
»Nein, eigentlich nicht. Aber Moment, da fällt mir etwas ein. Ich habe mich noch gewundert. Ende letzten Jahres war ein dunkelhaariges Mädchen bei ihm. Ich sah, wie sie zusammen über das Rollfeld gingen.«
Trevisan wurde hellhörig. »Es ist sehr wichtig für uns. Ich muss dringend wissen, ob es bei seinen Flügen nach Dänemark Passagiere an Bord seiner Maschine gab.«
Der alte Mann runzelte die Stirn. »Das wird nicht einfach. Wir heben die Passagierlisten nur so lange auf, bis die Maschine wieder gelandet ist. Meist werden halbjährlich die Schredder mit dem Papier gefüttert.«
»Und was ist mit dem Zoll, wenn es Flüge ins Ausland sind?«, schob Dietmar ein.
Der Mann lachte. »Es gibt hier zwei Mann. Wenn jemand einen Auslandsflug anmeldet, dann wird der Zoll von uns verständigt. Solche Flüge sind hier Routine. Unser Passagierservice steuert England und Skandinavien an. Wenn der Pilot die Grenze überfliegt, dann meldet er sich einfach beim nächsten Tower des Einreiselandes an, nennt Zielflughafen und Ankunftszeit und schon ist er eingereist. Er wird dann bis zur Landung überwacht und am Zielflughafen warten meistens schon die Zöllner und die Grenzkontrolle auf ihn. Das ist mittlerweile eine ganz normale Routineprozedur.«
»Und wenn er abtaucht, ich meine, wenn er vom Radarschirm verschwindet und im Tiefflug weiterfliegt?«, schob Trevisan ein.
»Ein guter Pilot könnte das«, antwortete der Mann. »Aber er müsste kilometerweit unter Radar fliegen. Wobei es ein Ammenmärchen ist, dass die Radarstrahlen einen Tiefflieger nicht erfassen. Wenn es sein muss, erfasst unsere Landing Control alle Reflektionen bis zum Erdboden. Aber Sie können sich vorstellen, welche Störsignale sich dann auf Ihrem Bildschirm tummeln. Häuser, Türme, Windräder, sogar größere Drachen. Sie würden komplett den Überblick verlieren. Die Normüberwachung liegt oberhalb von 600 Fuß, also bei etwa zweihundert Metern.«
Trevisan tupfte sich den Schweiß von der Stirn. »Was meinen Sie mit gutem Piloten?«
Der Mann überlegte. »Sind Sie schon einmal selbst geflogen?«
Trevisan schüttelte den Kopf.
»Ein Kleinflieger macht etwa an die 200 Stundenkilometer. Er müsste schon deutlich unter Radargrenze fliegen, wenn er sichergehen will, nicht entdeckt zu werden. Etwas unter hundert Meter, bevor noch irgendein Fluglotse die Einstellung seines Filters verändert. Bei einhundert Metern Flughöhe und der normalen Fluggeschwindigkeit braucht er äußerste Konzentration. Der kleinste Fehler und er landet auf dem Bauch oder prallt gegen ein Hindernis. Es wäre genauso, als würden Sie in einem Wagen mit 300 Stundenkilometern über eine Landstraße brettern. Deswegen üben unsere Jetpiloten der Marineflieger ja auch fast jeden Tag den Tiefflug.«
Trevisan verstand. Er dachte an Alex und das abgestürzte Flugzeug vor Wangerooge. Blauäugig war er davon ausgegangen, dass der Tiefflug auch nur zu einer Routineprozedur eines Piloten gehört hatte.
Draußen auf dem Vorfeld startete gerade ein Motordrachen. Der schrille Lärm drang in den Tower.
Dietmar wartete, bis der Flugdrachen an Höhe gewann und nach Westen abdrehte. Der Lärm ebbte ab. »Sie schicken Ihre Fluganmeldungen also an den Zoll weiter«, lenkte er das Gespräch wieder auf das Thema Halbermann. »Bewahrt der Zoll die Ausreiselisten auf?«
»Ich glaube nicht, dass der Zoll unsere Anmeldungslisten sammelt. Denen geht es doch nur darum, dass niemand zu viele Zigaretten mitbringt. Die
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