Das Lächeln der toten Augen
Ausreise interessiert die so gut wie nie. Außerdem hängt das auch irgendwie mit dem Datenschutz zusammen.«
Trevisan lächelte. Er hatte sich mehr von seinem Besuch in Mariensiel versprochen. Doch immerhin wusste er nun, welchen Zielflughafen Halbermann in Dänemark ansteuerte.
»Es wäre aber trotzdem nett, wenn Sie uns wenigstens die vorliegenden Listen von Halbermanns Flügen zukommen lassen könnten«, bat Trevisan, ehe er sich erhob. Seine Hose klebte an seinen Beinen. Die Hitze im gläsernen Tower wurde langsam unerträglich.
»Die kann ich Ihnen gleich ausdrucken, wofür haben wir denn modernste EDV«, sagte der Mann und wandte sich um. Flinke Finger flogen über die Tastatur. Dann drückte er die Entertaste. Sekunden später begann der Drucker unter lautem Getöse das linierte Endlospapier einzuziehen.
Insgesamt spuckte der Computer siebzehn Flüge aus. Sechzehn davon hatten als Zielort Esbjerg eingetragen. Ein Flug führte nach Norderney.
Dietmar studierte die Liste. »Das ist ja interessant«, sagte er laut.
Trevisan warf ihm einen fragenden Blick zu.
»Sieh mal!« Dietmar präsentierte Trevisan den Ausdruck. »Als Halbermann im Januar nach Esbjerg flog, wurde er von Gunther Behrends begleitet. Na, wenn das kein Zufall ist.«
Trevisan warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Er wollte nicht vor den beiden Männern im Tower über die Sache reden und bedankte sich bei dem Fluglotsen.
»Ich hoffe, ich konnte helfen«, sagte der Mann grinsend. »Was liegt eigentlich gegen Simon Halbermann vor?«
Trevisan zuckte bedauernd die Schulter. »Darüber kann ich nicht sprechen.«
Der Mann grinste verschwörerisch. »Sie sind bestimmt von der Steuerfahndung, stimmt’s?«
»Wie kommen Sie darauf?«, erwiderte Trevisan.
»Na ja, unsere Reichen und das liebe Geld. Ist doch meistens so, dass die ihr Schäfchen ins Trockene bringen und unser Gemeinwohl in die Röhre schaut.«
»Wir sind von der Mordkommission«, beantwortete Dietmar die Frage des Towerbediensteten. Das Lächeln des Mannes gefror.
Trevisan war froh, der Gluthitze in dem kleinen Glasquadrat entkommen zu sein. Er ging neben Dietmar auf den Wagen zu. »Das war vollkommen überflüssig«, sagte er vorwurfsvoll.
»Was denn?«
»Das mit der Mordkommission«, erwiderte Trevisan.
»Wieso, wenn wir Halbermann zur Fahndung ausschreiben, dann erfährt sowieso jedermann davon«, erklärte Dietmar und schloss den Wagen auf. Bei geöffneten Türen warteten sie, bis sich der Hitzestau im Inneren langsam verlor. Dietmar warf einen weiteren Blick auf die Flugliste. »Behrends scheint ein sehr guter Freund zu sein«, murmelte er.
»Wie meinst du das?«
Dietmar faltete den Ausdruck zusammen. »Behrends ist Präsident des Kulturvereins auf Norderney, er hat Halbermann öfters zu Hause besucht, außerdem hat er ihm bei Steuerermittlungen geholfen und eine Ehrenerklärung für Halbermann abgegeben. Und laut der Liste ist er der Einzige, der mit nach Dänemark mitfliegen durfte. Wenn das nicht zusammenhängt …!«
Trevisan nickte. »Dann finde doch einmal heraus, wo sich die beiden kennengelernt haben. Vielleicht verbindet sie eine alte Freundschaft.«
Dietmar blickte in den wolkenlosen Himmel. »Vielleicht sollten wir mit Behrends einfach mal reden?«
»Das werden wir zu gegebener Zeit auch tun, aber ich möchte nicht unvorbereitet in das Gespräch gehen«, erwiderte Trevisan.
»Gut, dann werde ich mich gleich darum kümmern«, antwortete Dietmar.
Sie setzten sich in den Wagen. Noch immer war es unerträglich heiß im Inneren.
»Ich bin überzeugt, dass es Maria war«, sagte Trevisan, nachdem Dietmar den Wagen startete.
»Was?«
»Das Mädchen, von dem der Mann im Tower gesprochen hat.«
Dietmar nickte. »Schade, dass wir nicht feststellen können, wann genau der Flug stattgefunden hat.«
21
Der erste Versuch war fehlgeschlagen. Zwar war es den Tauchern gelungen, das Stahlseil am Ende des Rumpfes zu befestigen, doch brach beim Anheben eine Verstrebung an den Flügeln, so dass das Flugzeug lediglich aufgerichtet wurde und auf dem Dach wieder zum Liegen kam.
»Wir werden einen zweiten Versuch wagen«, entschied der Einsatzleiter der Marine. Das Militär hatte die technische Führung übernommen und ein Bergeschiff des Trossgeschwaders Wilhelmshaven angefordert. Mittlerweile wusste jedermann, dass sich noch immer die Leiche einer Frau im Cockpit des Fliegers befand. Trotz mehrerer Versuche der Taucher war es bislang nicht gelungen, sie zu
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