Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery
paar Minuten heraus, um mit Ihnen zu sprechen, wenn Sie einfach hier warten wollen. Dadrin ist wirklich nicht viel Platz, und das Mädchen soll sich ja auch nicht bedroht fühlen.»
«Und, was meint sie mit ‹besessen›? Es war alles etwas eilig. Das Büro des Bischofs hatte keine Zeit, mir am Telefon viel zu erklären.»
«Die sehen zu viel fern, Sir. Zu viele DVDs. Und was heute in der Zeitung stand, das hat sicher auch nicht gerade geholfen. Nach allem, was ich weiß, ist sie heute Morgen im Schloss aufgetaucht, hat sich ein paar Stunden hier herumgetrieben, hat festgestellt, dass nichts los ist, und sich dann in irgendeine fixe Idee reingesteigert. Dann hat sie das Gerüst gesehen und ist rauf. Erst hat sie gesagt, sie will sich umbringen, dann, dass sie auf den Exorzismus wartet. Sie ist verwirrt.»
«Haben sie … schon etwas unternommen?»
«Sie meinen diesen Hokuspokus? Entschuldigung, Sir, ich hatte vergessen, mit wem ich es zu tun hab. Ist ein langer Tag. Nein, Dr. Saltash hat davon abgeraten, und ich glaube, er hat wahrscheinlich recht. Meiner Erfahrung nach muss man solche Leute beruhigen und nicht noch mehr aufregen.»
Am Torhaus erschien die Polizistin, Kelly, und hielt ein Handy in die Luft. «Detective Inspector Bliss aus Hereford. Sie haben die Eltern gefunden. Waren in Worcester, einkaufen.»
«Okay», sagte Steve Britton. «Ich spreche mit ihm. Entschuldigen Sie mich, Mr. Longbeach.»
Also war Lol allein, als Saltash aus dem Schloss kam.
Er hatte ihn noch nie gesehen, aber er musste es sein. Dieser Gang und der prüfende Blick, mit dem er die Polizisten und Sanitäter vor dem gedrungenen Turm streifte.
Manchmal fragte sich Lol, ob es diesen gemeinsamen Zug, diese bestimmte Haltung wirklich gab, die alle Psychiater an sich hatten, oder ob er selbst das auf die Männer projizierte, wenn er erst einmal wusste, was sie beruflich machten. Und
Männer
waren es fast immer. Vielleicht waren die meisten Frauen einfach nicht arrogant genug. Vielleicht könnten sie nicht mehr so gut schlafen.
Saltash trug einen cremefarbenen Baumwollanzug. Er hatte seine Krawatte gelockert. Sein Gesicht war schmal und gleichmäßig gebräunt, er hatte eher Linien als Falten, und sein grauer Bart war auf die Länge seiner grauen Haare gestutzt. Er stand auf dem kurzgeschorenen Rasen, wo die Schatten ineinander übergingen, bewegte sich nicht und sah sich nach dem Mann um, den Merrily als pummelig, freundlich und auffallend tuntig beschrieben hatte. Er wartete, dass der Mann auf ihn zukam.
Lol ging hinüber. «Dr. Saltash?»
Saltash sah durch ihn hindurch. «Ich suche Martin Longbeach. Ist er hier?»
«Ich glaube, Sie suchen mich.»
«Das glaube ich nicht», sagte Saltash. «Denn Sie sind offensichtlich nicht Martin Longbeach.»
«Und Sie sind offensichtlich nicht Lord Shipston», sagte Lol. «Aber ich glaube, Sie kennen ihn.»
43 Niemand außer Gott
Das Pilgerfenster erzählte seine Geschichte in Rot- und Blautönen und in Gold.
Merrily erkannte ein Schiff auf dem Weg ins Heilige Land, ein stilisiertes Schiff, wie ein schwimmendes Horn, mit Menschen, die viel zu groß waren, um hineinzupassen. Sie sah König Edward den Bekenner und den Evangelisten Johannes. Zwischen den beiden reichten die Pilger, alle ganz in Blau gekleidet, den mystischen Ring weiter.
Es handelte sich überwiegend um Legenden und Wunschdenken. Der sächsische König Edward hatte den ersten Pilger, der zurück nach Ludlow kam, ungefähr zwei Jahrhunderte vordatiert.
Die Kapelle des heiligen Johannes, die ursprüngliche Pilgerkapelle, befand sich links des Hauptaltars in St. Laurence. An ihrem Eingang stand George Lackland, mit dem Rücken zu einer schmalen, in Stein gefassten Tür. Merrily sah auf den Boden und stellte dabei fest, dass sie auf einem Grabstein mit Inschrift stand.
«Hier drunter sind die Väter der
Guild
begraben», sagte George.
Er und Merrily waren allein in der Kirche, George hatte vom Küster die Schlüssel bekommen. Wem konnte man die Schlüssel anvertrauen, wenn nicht George, der im Mittelalter sicher selbst ein bekannter Pilger gewesen wäre?
Nicht, dass die Lacklands im Mittelalter in Ludlow gelebt hätten. Sie hatten East Anglia erst im achtzehnten Jahrhundert verlassen. Aber George sah mit seinem kantigen Gesicht aus, als gehörte er zur Geschichte Ludlows, als wäre er Teil der Legende.
«An einem Wochenende – einem Samstag – waren wir alle hier … in der Kirche. Nancy und Susannah und
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