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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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noch dazu in der Kirche.» Eine knochige Hand klammerte sich an das Ende einer Kirchenbank. «Ausgerechnet auf dem Turm, wo …»
    Wo niemand außer Gott sie sehen konnte.
    Als zögen sie für Ihn eine Schau ab.
    «Am nächsten Montag», sagte George, «habe ich meinen Abschied als Gemeinderatsvorsitzender eingereicht. Ich habe gesagt, ich könnte die Pflichten nicht so gewissenhaft erfüllen, wie es nötig sei, nachdem ich ja auch noch Bürgermeister wäre. Und heute, muss ich leider sagen, bin ich das erste Mal wieder hier, abgesehen von den Gottesdiensten. Und selbst dabei fühle ich mich schmutzig … beschmutzt. Jeden Sonntag beschmutzt, eine Schande.»
    «Bin ich die Einzige, der Sie das erzählt haben?»
    «Abgesehen von meinen Gebeten.»
    Merrily wusste nicht, was sie sagen sollte. Es war nicht gerade eine riesige Überraschung. Es war klar gewesen, dass da irgendetwas war. Sie fragte sich, ob Susannah es von Bell erfahren oder ob sie es nur vermutet hatte.
    «George», sagte sie. «Bell … na ja, sie ist eine Art Expertin auf diesem Gebiet. Sie weiß, wie …»
    «Es gibt keine Entschuldigung!» Georges Knöchel glänzten wie Murmeln. «Wäre ich nicht schon zum Bürgermeister gewählt gewesen, hätte ich dieses Amt auch noch ausgeschlagen.»
    «Aber Ihnen ist doch klar, dass es …»
    Aber wie sollte ihm das klar sein? Wie viel konnte er überhaupt verstanden haben von Bells Verhalten?
    Es war nicht Merrilys Aufgabe, ihm zu erklären, warum Belladonna ihn vermutlich verführt hatte … und warum hier …
    … Dass der Turm die Spindel in der Mitte des Rades von Ludlow war und er ihr menschliches Äquivalent. Bell hatte ihre ganze Magie, ihr ganzes Charisma versprüht – in blauen Funken, wie Jon Scole es beschrieben hatte. Sie hatte ihre Funken über den armen George Lackland versprüht, den ersten Bürger von Ludlow.
    Teilnahmsvolle Magie
, hatte Huw Owen gesagt.
Magie ist immer teilnahmsvoll.
    «George …» Merrily entfernte sich von dem Büchertisch. «Also … mmh … es ist … nur das eine Mal vorgekommen, oder?»
    George machte einen Satz. «Um Himmels willen, Mrs. Watkins, wofür halten Sie mich denn?»
    «Für einen Mann, George.» Sie lächelte. «Einfach für einen Mann.»
    Für einen, trotz seiner Stadtratsintrigen, ziemlich naiven Mann. Er hatte es nicht kommen sehen: das unschuldige edwardianische Kleid, das kindliche Entzücken darüber, in seiner Stadt zu sein. Und dann war er auf dem höchsten Punkt seiner Welt plötzlich dieser parfümierten Sirene von einem anderen Planeten ausgesetzt gewesen.
    War da noch etwas – abgesehen von seiner Schuld und der Scham darüber, seine Frau betrogen zu haben, seine Kirche, seinen Status und seine Stadt? Hatte er sich – hoffnungslos, schmachvoll, unverzeihlich – ein kleines bisschen in Mrs. Pepper verliebt?
    Oder vielleicht mehr als nur ein kleines bisschen? Oh Gott, ja.
    «Sie können es nicht ertragen, in ihrer Nähe zu sein, oder, George?», sagte sie freundlich.
    George kam aus dem Gang, mit dem Rücken zum Hauptaltar.
    Ein Flüstern: «Ich kann es nicht ertragen, sie zu sehen.» Die Worte schienen spiralförmig nach oben zu ziehen wie Rauch.
    Die Prostituierten in dieser Stadt … die kennen ihren Platz. Und du wirst mir ja wohl zustimmen: Dieser Ort ist nicht der Friedhof St. Leonard.
    Es konnte sein, dass Derartiges auf dem Friedhof St. Leonard nie vorgekommen war. George hatte seine eigenen Gründe, Bells Legende aufzublähen. Und er hatte immer in der Angst gelebt, dass es herauskam.
    «Sie wollen, dass Bell geht.»
    «Sie muss gehen», sagte er. «Sie …»
    Hatte immer noch Macht über ihn, wie ein dunkler Geist.
    Und über seine Stadt auch. Wusste er das?
    George und Bell kämpften darum, wer Ludlows Wesen beherrschte.
    «Gehen wir», sagte er.
    «Ja, das sollten wir.» Vielleicht wartete Lol schon auf sie.
    George trat einen Schritt zurück, um Merrily vorbeizulassen. Sie wollte etwas irgendwie Priesterliches tun, und wenn sie ihm nur die Schulter tätschelte, aber das würde ihn erstarren lassen. Also ging sie einfach hinaus.
    Als er die Stufen hinunterkam, nachdem er die Kirche verschlossen hatte, näherte sich aus der Richtung des alten Colleges ein älterer Mann mit einem Schäferhund an der Leine, die schmale Straße um ihn herum bildete ein Tal der Schatten.
    «Man kann es kaum glauben, oder, George?»
    George fuhr herum. «Oh … Tom.»
    «Die Hälfte von denen spinnt, wenn du mich fragst. Jugendliche.

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