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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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der Gasse in die Corve Street, in George Lacklands Stadt. Es waren immer noch viele Menschen unterwegs in der puderigen Abenddämmerung, der
Tesco
hatte noch offen. An der Ampel wartete ein Reisebus voller Touristen.
    Die Kirchenglocken schlugen acht Mal. Instinktiv blickte Merrily zum Turm und sah, dass sich oben etwas bewegte: Jemand im Blau der
Palmers’ Guild
bewegte sich von einer Ecke des Turms zur anderen. Oder es war das gedeckte Blau eines Hirtenmantels.
    Sie hatten das erste schmale Schaufenster von
Lacklands Modernes Mobiliar
erreicht.
    «George», sagte sie, so gelassen es ihr möglich war. «Meinen Sie, dass
Sie
das melden könnten?»
    «Das hatte ich vor.»
    «Ich meine, ohne mich zu erwähnen. Noch nicht. Bitte. Ich brauche etwas Zeit.»
    Er sah sie an. «Sie fühlen sich krank.»
    «Nein, ich –»
    «Was ist los?»
    «Meinen Sie, ich könnte mir die Schlüssel für die Kirche von Ihnen leihen? Ich muss … mir über etwas klarwerden.»
    Das klang, als wollte sie beten. Sie hoffte, das würde er verstehen. Er würde die Wahrheit sowieso bald genug herausfinden.
    Alle würden das.
     
    Lol lehnte sich außen gegen die Mauer und wusste, warum Merrily rauchte.
    Ihm war leicht übel. Er wollte auf der anderen Seite dieser Mauer sein und Merrily suchen. Sie war nicht einfach so gegangen. Normalerweise hätte sie gewartet. Sie konnte gut warten. Er brauchte sie, und das Mädchen brauchte sie, brauchte jemanden, der …
    … legitimerweise intervenieren konnte.
    Der Innenhof, in dem sich die Polizisten und Sanitäter befanden, lag jetzt im Schatten. Der Burgfried, das jetzige Torhaus, war ein kohlenschwarzer Monolith.
    «Ich hoffe, Sie wissen, was Sie getan haben, Mr. Robinson.»
    Er wusste nicht, wie lange die Frau schon neben ihm stand.
    «Wo ist Saltash?»
    «Weg.» Sie sah ihn nicht an. «Ich glaube nicht, dass er heute noch einmal wiederkommt. Er hat mir nahegelegt, dass es klüger wäre, auch zu gehen. Soll doch Mrs. Watkins» – sie spie den Namen aus wie einen Pflaumenkern – «den Fall übernehmen.»
    «Haben Sie sie gesehen?»
    «Nein. Ich dachte, sie wäre schon hier. Oder dass sie vielleicht bei den Leuten vom Fernsehen ist. Und das tut, was sie so gut kann.»
    Lol betrachtete ihr strenges Profil.
    «Was ist mit Ihnen, Mrs. …» Er erinnerte sich nicht an ihren verdammten Namen.
    «Siân reicht. Es ist so, wie Sie, denke ich, bereits wissen: Meine und Merrilys Ansichten über das praktizierte Christentum im säkularen Zeitalter sind … inkompatibel. Daraus habe ich auch nie ein großes Geheimnis gemacht. Um es etwas vereinfacht auszudrücken: Ich glaube nicht, dass bei dem, was wir tun, Raum für Aberglauben ist, den Merrily aber eher noch zu fördern scheint.»
    «Wenn das so ist – entschuldigen Sie meine Naivität –, warum wollten Sie dann überhaupt mit spirituellen Grenzfragen zu tun haben? Worum geht es Ihnen?»
    Siân seufzte.
    «Es sieht langsam so aus», sagte sie, «als ginge es um Mrs. Watkins selbst. Oder? Um die allgegenwärtige, übertrieben bescheidene, fotogene Merrily Watkins.»
    «War ihr Foto zu oft in der Zeitung? Also …» Lol zuckte die Achseln. «Das war schon immer so. Sie hasst das. Aber wenn man tut, was sie nun mal tut und … so aussieht, wie sie aussieht, dann muss man damit leben, das eigene Foto in der Zeitung zu sehen.»
    «Wer war nicht hier, als wir – die Frauen von Hereford – dafür gekämpft haben, Pfarrerinnen werden zu können? Sie war nicht mit ihrem Plakat da draußen. Sie hat nicht zu der Bewegung gehört. Und ausgerechnet sie hat dann diesen altmodischen, aber unglaublich begehrenswerten Posten angeboten bekommen – von einem skrupellosen Bischof, der danach ziemlich in Verruf geraten ist. Und trotzdem hat sie es geschafft, nach seinem unvermeidlichen Abschied weiterhin unschuldsvoll nach Lavendel und Geißblatt zu duften. Und weiterhin mit allem davonzukommen.»
    «Nicht immer. Und nicht unversehrt.»
    «Und das Ganze beruht auf nichts als Aberglauben.» Siân sah Lol schließlich doch noch an. «Wissen Sie, was mich wirklich geärgert hat? Als sie in der Kirche von Ledwardine die Abendandacht wieder eingeführt hat – eine Abendandacht mit einer esoterischen Note, wie es jetzt modern ist –, war das sofort Gesprächsthema, weil offenbar irgendeine Frau von einer lebensbedrohlichen Krankheit geheilt wurde.»
    «Die sie wahrscheinlich überhaupt nie gehabt hat. Fehldiagnose, oder die Krankenakten sind vertauscht

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