Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
worden.»
    «Das spielt ja gar keine Rolle. Im Internet war trotzdem überall zu lesen, dass die geheimnisvolle Pfarrerin von Ledwardine heilende Kräfte hat. Und in der nächsten Woche wurde berichtet – nicht in der
Church Times
, Gott sei Dank, in einem der anderen Blättchen –, dass sich ihre Gemeinde verdoppelt hat.»
    «Verdreifacht, glaube ich. Aber sie hat die Gerüchte zerstreut, und das Ganze hat wieder nachgelassen. Damit waren dann alle glücklich und zufrieden. Abgesehen davon, dass Sie vermutlich echt wütend waren, weil Merrily nicht als messianische Spinnerin weitergemacht hat.»
    «Immer einen Schritt voraus», sagte Siân.
    «Es klingt bei Ihnen so politisch. So denkt sie gar nicht. Sie hat Sie schon dadurch verärgert, dass sie überhaupt existiert.»
    «Ja», sagte Siân. «Das hat sie wohl.»
    «Und als sich dann der Superintendent an Sie gewandt hat, dessen guter Freund Saltash beschlossen hatte, dass er seine Fähigkeiten der Kirche zur Verfügung stellen sollte –»
    «Nein. Nigel hat sich selbst an mich gewandt.»
    «Was hat er Ihnen denn eben gesagt?»
    «Er musste nichts sagen. Er hat ein verwirrtes Kind im Stich gelassen. Das reicht. Was Merrily auch von mir denken mag, ich bin immer noch Christin. Eine Art Christin.» Sie sah auf ihre Hände hinunter, verschränkte sie über dem Bauch. «Also bin ich zurückgekommen. Und ich weiß nicht genau, was hier zu machen ist, Mr. Robinson.»
    «Fragen Sie mich das? Einen ehemaligen Psychiatriepatienten? Jemanden, der Frauen misshandelt?»
    Siân sagte nichts.
    «Die können Merrily nicht finden», sagte Lol. «Und die denken, ich heiße Longbeach und könnte Geister vertreiben. Und jetzt sagen die dem Mädchen, dass ich es tun werde.»
    «Was genau?»
    «Ich denke, der Raum braucht einen Exorzismus. Das nimmt die Spannung und verbreitet ein Gefühl der Ruhe. Ist eher Psychologie als Aberglaube. Außerdem ist es die einzige Art Exorzismus, die ich schon einmal miterlebt habe.»
    Siân sah in die Dunkelheit. «Würde Merrily das auch tun?»
    Lol zuckte die Achseln.
    «Ich könnte es nicht», sagte Siân.
    Lol sagte nichts.
    «Ich wüsste gar nicht, womit ich anfangen sollte.»
    «Wenn Sie das Ganze reformieren wollten, haben Sie doch bestimmt das
Handbuch für spirituelle Grenzfragen
gelesen.»
    «Das war erschreckend. Es ist komplett mittelalterlich.»
    «Dies ist eine mittelalterliche Stadt. Wir sind in einem mittelalterlichen Schloss.»
    «Ich trage es jedenfalls nicht mit mir herum.»
    «Soweit ich verstanden habe», sagte Lol, «ist das Buch nur eine Art Leitfaden.»
    «Man kann ja wohl kaum einfach etwas erfinden.»
    «Sie müssen ja nicht alles erfinden.»
    «Ja, mir ist klar, dass das Vaterunser ein Hauptbestandteil dieser spirituellen … Rituale ist.»
    «Rituale», sagte Lol. «Gefällt mir, wenn Sie so schmutzige Wörter benutzen.»
    Siân sagte: «Ich … werde keinen von Ihnen mit einer Entschuldigung beleidigen, aber manchmal zieht die eigene Leichtgläubigkeit ganz … unverzeihliches Verhalten nach sich.»
    «Weihwasser können Sie sicher aus der Kirche oder so bekommen», sagte Lol. «Ich war mit Merrily in einer Hopfendarre im Frome-Tal, wo etwas Unerfreuliches passiert war, und musste mich selbst um einiges kümmern. Ich habe ein gutes Gedächtnis für Reime und so. Das entwickelt man in meinem Metier, sonst würde man mitten im Konzert steckenbleiben.»
    «Ja, sicher», sagte Siân. «Wie heißen Sie mit Vornamen? Ich wusste …»
    «Lol. Laurence. Wie der arme Kerl, nach dem sie die Kirche benannt haben. Mir hat mal jemand erzählt, was ihm passiert ist, aber ich hab’s wieder vergessen.»
    «Er ist bei lebendigem Leib gegrillt worden, auf dem Feuerrost.»
    «Ja, jetzt fällt es mir wieder ein», sagte Lol.
    Über dem Rundturm im Innenhof des Schlosses hingen wie eine Sandbank Wolken, die von der nicht mehr sichtbaren Sonne eingefärbt wurden.
    «Du meine Güte», sagte Siân, «wir sollten keine Dummheiten machen, beide nicht. Versuchen wir noch ein letztes Mal, Merrily zu finden.»
     
    Merrily betrat die Kirche durch den Haupteingang und ließ die Tür unverschlossen. Wenn man nachts allein in eine Kirche kam, war es, als störe man einen geheimen alchemistischen Vorgang, und sie dachte mehr und mehr, dass Jane recht hatte: Es musste zumindest zum Teil mit dem Ort selbst zu tun haben.
    Das war teilweise etwas Heidnisches, aber damals war das alles eins.
    Sie kniete sich vor den Altar in der Kapelle von Johannes

Weitere Kostenlose Bücher