Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery
Hüften. «Wie bitte?»
«Heute kommt der Typ vom
Q
-Magazin, um ihn zu interviewen. Junges Mädchen kommt rein, Typ fällt Lols Vergangenheit wieder ein.»
«Das ist doch …» Jane sprang die Treppe herunter. «Das ist doch
total
lächerlich. Das ist zwanzig Jahre her. Er war ja praktisch noch ein Kind. Und er ist reingelegt worden. Und wenn der Typ von
Q
seine Hausaufgaben gemacht hat, dann weiß er das auch.»
«Halt dich einfach so lange fern, bis er wieder weg ist, Schatz, okay?»
«Ha!» Jane blieb stehen. «Jetzt verstehe ich. Wenn der Journalist mich sieht, muss Lol erklären, wessen Tochter ich bin. Und das darf nicht rauskommen, oder?»
Merrily seufzte. «Es ist ein Musikmagazin. Die interessiert das sowieso nicht.»
«Ja, aber bringt nicht derselbe Verlag auch
Heat
heraus?»
«Jane, tu mir doch einfach den Gefallen.»
Auf dem Kies näherten sich Schritte. Merrily öffnete die Tür und sagte sich, dass manche Berater für spirituelle Grenzfragen immer so arbeiteten, mit so einem verdammten Psychiater zusammen.
Das Schaufenster des Gemischtwarenladens hing an einer Seite voller handgeschriebener Zettel.
WELPEN . Border Collie/Labrador-Kreuzung. Zertifizierte Abstammung. Eltern können besichtigt werden. 40 £ … SERIÖSE PUTZFRAU für zwei Tage pro Woche gesucht … MOUNTAIN BIKE , fast neu, achtzehn Gänge.
Selbst zwischen den Familienanzeigen in der Zeitung waren jetzt Anzeigen wie:
Live-Chat – Lebe deine Phantasien. …
Venus – Ruf mich an, rund um die Uhr
. Aber die Aushänge im Dorf änderten sich nie – es sei denn «seriöse Putzfrau» war ein relativ unbekannter ländlicher Euphemismus für
Domina
.
In jedem Fall war dieses Schaufenster Janes letzte Hoffnung. Sie hatte die Tafel mit den Gebeten überprüft. Sie hatte sogar, zum ersten Mal überhaupt, das Pfarramtsregister durchgesehen, um festzustellen, ob zufällig jemand sein Ehegelübde in der Handschrift geschrieben hatte, in der auch der Drohbrief an Lol verfasst war.
Sie hatte den Brief fotokopiert, ehe sie ihn Lol zurückgegeben hatte. Okay, vielleicht war es gar kein Drohbrief, aber schließlich wollten sie alle noch länger hier leben, und Lol und Mom hatten schon genug durchgemacht, und es kotzte Jane einfach an, dass es in diesem Dorf irgendeinen fiesen Idioten gab, der ihnen das bisschen Glück missgönnte.
Und Mom war die Pfarrerin, also zu nett, um etwas zu unternehmen, und Lol war zu schüchtern, also …
Damen-und-Herren-Friseur macht Hausbesuche.
Sie zog die Kopie aus ihrer Hosentasche und hielt sie daneben. Nah dran.
Jim Prosser, dem der Laden gehörte, winkte ihr von drinnen zu. Jane steckte den Zettel wieder weg und winkte zurück. Jim kannte jeden in Ledwardine, und er hatte in seinem Leben schon viele handgeschriebene Einkaufszettel und Listen mit Bestellungen gesehen, die er nach Hause lieferte. Und er wusste über Mom und Lol Bescheid.
Oder besser nicht. Die Schrift war auch gar nicht so ähnlich.
Jane ging die Church Street hinunter. Die Samstagssonne fiel grell auf Ledwardine, auf die Fachwerkhäuschen und die Läden, in denen die Londoner nach Pseudo-Antiquitäten suchten. Und dann würden sie vielleicht auch gleich noch nach einem Wochenendhäuschen suchen, in dem sie ihre Neuerwerbungen zur Schau stellen konnten.
Die Immobilienmakler von Hereford machten im Moment gute Geschäfte. Lol war es irgendwie gelungen, an Lucys Haus zu kommen, aber Jane vermutete, dass die Hypothek für ihn eine extreme Belastung war. Ihr war klar, dass sie selbst hier keine Chance hätte, wenn sie mal nach einer eigenen Wohnung suchte. Aber sie mochte Ledwardine, wollte nicht, dass es wie Beverly Hills wurde, mit Botox-aufgespritzten Einwohnern, die Jim Prosser zwingen würden, widerliche Gänseleberpastete auf Lager zu haben.
Aber wenn man nicht einen Hof erbte oder so, guckte man in die Röhre. Immerhin konnte Mom, falls die Kirche sie rauswarf, zu Lol ziehen. Falls der Drohbriefschreiber nichts dagegen hatte.
Der in diesem Moment hier auf dem Platz sein konnte.
Jane ging ein bisschen herum und hielt nach Eirions Auto Ausschau. Nachdem Mom sie davon abgehalten hatte, zu Lol zu gehen, hatte sie Eirion zu Hause in Abergavenny angerufen, und er hatte gesagt, ja, okay, er würde kommen. Irgendwie war er auch schon mal enthusiastischer gewesen. Kühlte da irgendwas ab? Sie dachte zwar manchmal, ein bisschen mehr Freiheit wäre nicht schlecht, um vielleicht mal mit jemand anderem auszugehen, bloß um, na
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