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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Lächeln wie ein goldenes Madaillon. «Glauben Sie, wir kennen uns schon gut genug, um diese Frage auch nur anzureißen? Gehen wir da nicht das Risiko ein, eine vielversprechende Beziehung für immer zu zerstören?»
    Vielversprechend? Inwiefern?
    Sie verließen jetzt Herefordshire, und der Charakter der Landschaft veränderte sich. Merrily sah die Felsen und Klippen von Shropshire: die Landschaft karger, das Grün heller, der Himmel weiter.
    Im Nordwesten sah sie im Morgennebel den Turm der Kirche, die manchmal die Kathedrale der Marschen genannt wurde. St. Laurence, Ludlow. Die historische Stadt lag darunter: eine bernsteingelbe Insel. Eine kleine Stadt mit Patina und mehr Geschichte, als ganz Herefordshire aufzuweisen hatte.
    Es gibt keine Stadt, die so alt ist und in der nicht etwas herumgeistert, dachte Merrily irrationalerweise.
     
    Im ersten Moment hatte Lol gedacht: Er ist zu jung.
    Zu jung, um den Hintergrund zu kennen. Zu jung, um zu verstehen, wie schwierig es gewesen war, in den Achtzigern mit akustischen Gitarren und weicher, gehauchter Musik überhaupt irgendetwas zu erreichen. Als alles andere nur aus perfektionierten Synthesizerklängen bestand, von Nick Drake niemand was gehört hatte und die Beatles schon lange Geschichte waren.
    Jack Fine saß auf der kleinen Trittleiter, das Mikro, das zu einem Mini-Rekorder in seiner Jackentasche führte, zwischen den Knien. Er sah aus wie neunzehn, war aber offensichtlich älter, denn er wusste eine ganze Menge über den Hintergrund. Vielleicht zu viel.
    «Lol, so wie ich es verstanden habe, war dieser andere Typ in der Band – Karl Windling? – scharf auf dieses Groupie-Mädchen, und er hat Sie mit hineingezogen, damit Sie die Freundin von dem Mädchen ablenken, die beide minderjährig waren. Und Sie wurden übers Ohr gehauen?»
    «Ich war achtzehn», sagte Lol geduldig. «Ich war sehr naiv.»
    «Aber Sie waren derjenige, der am Ende verhaftet wurde und eine Anklage wegen Vergewaltigung …»
    «Aber so ist es nicht gewesen.»
    Oh Gott, wie oft würde er diese elende Geschichte noch erzählen müssen? Karl Windling war inzwischen tot – vor zwei Jahren bei einem Unfall gestorben.
    «Und jetzt sind Sie vorbestraft», sagte Jack.
    Lol nickte erschöpft. «Und dann haben mich meine Eltern, die dieser fundamentalistischen Sekte angehörten, enterbt. Und dann ging es bergab für mich. Ich hab die falschen Freunde gehabt, bin durchgedreht, in der Psychiatrie gelandet und … Hören Sie, Jack … Ich will nichts verschleiern oder Ihnen Ihren Job erklären oder so, aber wäre es möglich, dass wir das nicht alles noch mal aufrollen?»
    «Lol …» Jack beugte sich über sein Mikro, und seine blonden Haare fielen ihm in die Stirn. «Okay, Mann, ich kann es ein bisschen beschönigen. Ich kann es in ein paar Absätzen abhandeln. Nur scheinen diese Erfahrungen ja in den neuen Songs eine Rolle zu spielen.»
    Lol seufzte. Es führte kein Weg dran vorbei.
    «In dem Song ‹Heavy Medication Day›», sagte Jack, «da heißt es: ‹Einer von uns ist dran, Dr. Gascoigne macht Visite auf unserem Gang.› Worum geht es da?»
    «Das war nur ein bestimmter Arzt, der – wie soll ich es ausdrücken – ziemlich freizügig mit den Medikamenten umging. Hauptsache, er hatte seine Ruhe.»
    «Und weiter?»
    «Hm-hm.» Lol schüttelte den Kopf. «Er weiß Bescheid, ich weiß Bescheid, der Rest ist … nur ein Song.»
    «Aber aus dem Song spricht doch echte Wut. Das ist ja sehr ungewöhnlich für Sie – normalerweise klingt Ihre Musik resignierter. Man hat den Eindruck, dass dieser Kerl Ihnen etwas wirklich Schlimmes angetan hat.»
    «Mir persönlich nicht.»
    «Aber was –»
    «Könnten wir das Thema lassen, Jack?»
    «Mir scheint, dieses ganze Album handelt von Ihrer Reise durch das System … zurück ins Licht, so was in der Art», sagte Jack. «Wie ein Exorzismus.»
    «Das Wort würde ich nun in dem Zusammenhang nicht benutzen.»
    Jack grinste. Vielleicht wusste er über Merrily Bescheid. Lol konnte es nicht wissen.
    «Und was hat Sie dann hier in die Provinz verschlagen?»
    «Na ja … ursprünglich bin ich mit einer Frau hergekommen. Sie ist dann bald mit jemand anderem zusammengekommen und dann … ähm …» Lol lehnte sich auf dem Sofa zurück und überlegte ein paar Sekunden lang, was er besser nicht sagte – zum Beispiel, dass er das Dorf verlassen hatte und wegen Merrily wiedergekommen war.
    «Dann hab ich Prof Levin getroffen, der auf der anderen Seite

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